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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Schweigen. »… aber es beweist, wie hart dieser Mann für sein Geld schuftet.
Beeindruckend, nicht wahr?«
    Meine Gesichtszüge entgleisen. Wir sind tot. Wir haben nichts, gar
nichts – außer dem Beweis, dass sich Hermann Lorenz mal von seiner
Marketingassistentin anlässlich einer Geschäftsreise den Rücken einschmieren
ließ.
    Wow, das wird den Richter aber umhauen.
    Das war’s, der Fall ist gelaufen.
    Rebecca Theesink lächelt jetzt nicht mehr, sie lacht fast schon, und
auch Hermann Lorenz hat ein hämisches Grinsen auf seiner fetten Visage. Diese
Mistbande hat sich da was Feines ausgedacht, einen klug vorbereiteten,
perfekten Plan, wie sie uns ausbooten können.
    Â»Nun, Herr Dr. Becker, was sagen Sie?«, fragt Dr. Theesink langsam,
und sie fühlt sich sichtlich wohl in ihrer Rolle als gewitzte Anwältin.
»Glauben Sie tatsächlich noch, dass Sie diesen Fall gewinnen können?«
    Eine gute Frage. Eine unnötige Frage, deren Antwort sie ebenso kennt
wie ich.
    Â»Nun, Frau Dr. Theesink, nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände«,
höre ich mich sagen und registriere die lauernden Augen meiner Gegner, »… bin
ich zu dem Schluss gekommen, dass …«
Rebecca Theesink und Hermann Lorenz beugen sich gespannt vor. »… unsere
Chancen, diesen Prozess zu gewinnen, ganz ausgezeichnet stehen.«
    Sie können ihre Verblüffung nicht verbergen. Rebecca Theesinks
Kinnlade klappt für einen Moment herunter, und Hermann Lorenz gibt ein
ungläubiges Schnaufen von sich.
    Und Ivana lacht erleichtert auf.
    Â»Sie glauben doch selbst nicht …«,
stößt Rebecca Theesink hervor.
    Ich unterbreche sie mit einer einzigen Handbewegung. »Ich denke, für
heute haben wir genug geredet, Frau Dr. Theesink. Wir sehen uns in zwei Wochen
vor Gericht wieder. Dann werden wir die ganzen Fakten auf den Tisch legen.«
    Ehe sie noch etwas sagen kann, erhebe ich mich, und Ivana tut es mir
gleich. Ich verabschiede mich mit professioneller Höflichkeit und lasse sie mit
offenen Mündern stehen. Ivana trippelt wie ein ergebenes Hündchen hinter mir
her.
    Als wir an den Aufzügen stehen, fragt sie: »Das lief doch super,
nicht wahr? Kriege ich jetzt alles? Das Penthouse, den Wagen und die Lady Ivana?«
    Super? Ein kurzer Blick in ihr Gesicht sagt mir, dass sie das
tatsächlich glaubt. Die einzig ehrliche Antwort auf ihre Frage wäre: »Schätzchen,
vergiss die Kohle von deinem Alten, und den Namen Lady Ivana wirst du nur noch
hören, wenn du dich irgendwo als Domina bewirbst.«
    Aber ich bringe es nicht fertig. Ich kann ihr die kindliche Freude
nicht rauben. Daher sage ich: »Läuft alles wie geschmiert, Frau Lorenz. Wie
geschmiert.«
    Das ist eine glatte Lüge. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht,
werden wir in diesem Prozess schneller untergehen als die Titanic, so viel ist
sicher.
    Â»Super!«, wiederholt Ivana begeistert. Dann schenkt sie mir einen
Blick voll Bewunderung. »Sie sind echt der Größte, Herr Dr. Becker.«
    Â»Mmm«, brumme ich geistesabwesend. Mehr fällt mir dazu im Moment
nicht ein. Während ich auf die Anzeigetafel des Aufzugs starre, rasen die
Gedanken durch meinen Schädel.
    Wie zum Teufel sind die nur darauf gekommen? Das war doch kein
Zufall, dass Rebecca Theesink ausgerechnet in dem Moment, als ich die Fotos
vorlegen wollte, mit ihren verdammten Aufzeichnungen daherkam? Und dazu noch
dieser Arbeitsvertrag. Wenn der gültig ist – und davon muss ich wohl ausgehen –, dann ist der Zug für uns abgefahren. Isabella Kiesewetter,
Marketingassistentin. Dass ich nicht lache. Aber woher wussten die, dass dieses
blonde Gift unser Ass im Ärmel war? Ich habe nur mit meinen Kollegen in der
Kanzlei darüber geredet, und die sind professionell genug, um nichts
auszuplaudern.
    Von Blinky vielleicht? Nein, ausgeschlossen. Von dem etwas über
einen aktuellen Fall zu erfahren, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. Da
könnte man ebenso gut bei Coca Cola anrufen und mal eben nach der geheimen
Formel für ihr braunes Sprudelwasser fragen.
    Dann drängt sich langsam eine Szene in mein Bewusstsein. Es ist
schon länger her – vielleicht zwei Monate –, da diskutierten Sandra und ich
über Beziehungen. Ganz allgemein. Irgendwann kamen wir auch auf den Sinn der
Ehe zu sprechen und darauf, wie viele davon nach

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