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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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zwischen uns. Und richtigen Streit
haben wir auch nie, es ist nur … in den letzten Monaten ist er anders als
früher. Weißt du, früher ging er öfters mit mir aus, er brachte ab und zu
Blumen mit, und er machte mir Komplimente …«
    Kerstin wirkt gar nicht überrascht. »Ja, ja, die erste Verliebtheit,
die geht irgendwann vorbei. Und je schneller man sich ineinander verliebt hat,
desto schmerzlicher empfindet man das. Bei mir und Ludger war das deswegen kein
Problem, weil ich ihn schon einige Jahre gekannt habe, bevor wir ein Paar
wurden. Das wuchs erst langsam, da hat es nicht sofort gefunkt wie zwischen dir
und Martin.«
    Â»So schnell hat es bei uns eigentlich auch nicht gefunkt«,
widerspreche ich.
    Auf einmal muss ich daran denken, wie Martin und ich uns
kennengelernt haben. Eine Freundin hatte mir damals zum Geburtstag eine
dreimonatige Mitgliedschaft für einen Fitnessclub geschenkt (übrigens ein
Geschenk, das mir zu denken gab, vor allem, weil sie dort selbst nicht Mitglied war), und am Anfang war ich natürlich schwer
beeindruckt von all den wundersamen Maschinen und den unglaublich fitten
Menschen, die es da gab.
    Bis dahin hatte ich noch nie einen ausgewachsenen Bodybuilder aus
der Nähe gesehen, und bei so einem Anblick schießen einem unwillkürlich ein
paar Fragen durch den Kopf: Ist an dem alles so hart?
Bekommt man von hartem Training Haarausfall? Machen Anabolika braun? Platzt
der, wenn ich ihn mit einer Nadel piekse?
    Und nicht nur die Männer waren da so, auch die Frauen. Zwar nicht so
muskulös, aber doch überwiegend schlank und straff, und ich rang einige
fassungslose Minuten mit der Erkenntnis, dass ich das einzig Weiche in dem ganzen Raum war.
    Doch dann sah ich Martin, und das Erste, was ich bei seinem Anblick
empfand, war nicht Liebe, sondern Erleichterung.
    Er hatte nicht so viele Muskeln wie die anderen. Er sah ganz normal
aus. Er sah aus wie ich.
    Das war es, was mir sofort an ihm auffiel. Ich dachte, er sei auch
Anfänger, vielleicht hat er auch einen Gutschein geschenkt bekommen, vielleicht
fühlt er sich auch so deplatziert unter all diesen Fitnessfreaks. Vielleicht
sind wir seelenverwandt .
    Irgendwann wurde er dann auf mich aufmerksam, das sah ich an seinen
verstohlenen Blicken. Ich ließ mich jedoch nicht davon beirren, sondern
befolgte eifrig die Anleitungen der Instruktorin, und als ich auf einem
Trainingsgerät saß und meine Bauchmuskeln malträtierte, kam er auf einmal auf
mich zu und kniete sich direkt vor mich hin.
    Das brachte mich völlig aus dem Konzept, und ich fühlte, wie ich rot
anlief. In meiner Verlegenheit machte ich einfach meine Übungen weiter, obwohl
meine Bauchmuskeln bereits höllisch wehtaten, und auch er tat so, als
konzentriere er sich nur auf einen Fleck am Boden.
    Dann geschah es: Unsere Blicke trafen sich. Einen Moment lang war
das superpeinlich, und ich war froh, als er mich dann ansprach. Wir wechselten
ein paar belanglose Sätze, wobei ich kaum noch Luft bekam und insgeheim schon
meine Trainerin verfluchte, weil die mich nicht von diesem Foltergerät erlöste.
Dann wurde ich aber neugierig. »Was genau machst du da eigentlich?«, fragte ich
schnaufend.
    Er antwortete: »Stretching, für die Adduktoren.«
    Ich hatte keine Ahnung, was Adduktoren sind, und dachte entsetzt:
Dehnt der etwa seine …?!
    Dann kam endlich meine Trainerin. »So, Sandra, aufgewärmt bis du
inzwischen. Und jetzt machen wir das Ganze mit ein bisschen Gewicht.« Sie
verstellte etwas hinter meinem Rücken, und als ich die Schaumstoffrolle wieder
nach vorne pressen wollte, rührte sich auf einmal überhaupt nichts mehr. Na fein,
dachte ich, jetzt hat die doofe Nuss das Gerät blockiert.
    Â»Ich dachte immer, das ging ruck, zuck bei euch«, holt Kerstin mich
wieder in die Gegenwart zurück.
    Ich schüttle den Kopf. »Nein, ich meine … ich fand ihn gleich
sympathisch, das schon, aber es war nicht Liebe auf den ersten Blick, falls du
das meinst. Das kam erst nach ein paar Verabredungen.«
    Â»Aber dann dafür richtig, stimmt’s?«
    Â»Stimmt«, sage ich leise. Ich lächle, und mir wird ganz warm ums
Herz, als ich an unseren ersten Kuss denke. Es war unten an der Isar in einer
lauen Sommernacht, und es war der schönste Moment meines Lebens. Martin war so
zärtlich und behutsam, und damals dachte ich, das würde für immer so

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