Ich und er und null Verkehr
liebsten aufgehängt.
»Jetzt hör auf, Gottfried. Wenn sich einer in juristischen
Angelegenheiten auskennt, dann bist du das. Wenn dir nichts mehr einfällt, dann gibt es da einfach nichts, kapiert?«
Er zuckt niedergeschlagen mit den Schultern und schafft es nicht,
den Kopf zu heben. Dafür kann ich sehen, wie seine Ohren rot anlaufen.
Es ist eine verzwickte Situation. So wie es momentan aussieht, kann
ich für Ivana Lorenz gerade mal ein paar mickrige Unterhaltszahlungen
herausschlagen, und vom Vermögen ihres Mannes wird sie nichts, aber auch gar
nichts abbekommen.
Ich meine, mir ist schon klar, warum Ivana den Alten geheiratet hat.
Sie hat von einem schönen Luxusleben geträumt, und diese Ehe erschien ihr der
leichteste Weg zu sein. Andererseits, der alte Lorenz hat das auch gewusst, und
er hatte seinen Spaà mit ihr, solange sie schön genug für ihn war. Und jetzt,
da er jüngeren Ersatz gefunden hat, will er sie mit Almosen abspeisen, wo ihm
doch die paar Millionen gar nicht abgehen würden. Das geht mir gehörig gegen
den Strich.
BloÃ, was kann ich dagegen tun, nachdem er diese Isabella
Kiesewetter vorsorglich als seine Marketingassistentin angestellt hat?
Marketingassistentin, dass ich nicht lache! So, wie die aussieht,
hat die doch nicht mal â¦
Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Verdammt, das ist
es. Die ist doch nie und nimmer eine Marketingexpertin, das sieht doch ein
Blinder! Bisher haben wir nur versucht, zu beweisen, dass der alte Lorenz sich mit einer anderen herumtreibt. Nachdem er uns diese andere
aber als seine Angestellte präsentiert hat, stellt sich doch die Frage, wer
diese Frau überhaupt ist. Welche Qualifikationen hat sie denn? Ist es objektiv nachvollziehbar, dass Lorenz sie als Mitarbeiterin
eingestellt hat?
Ich bin wie elektrisiert von dem Gedanken.
»Warte mal, Gottfried, mir ist da gerade etwas eingefallen«, sage
ich und schnappe mir das Telefon.
Er sieht voller Hoffnung auf. »Ja, was denn?«
»Das wirst du gleich sehen.« Ich wähle die Nummer von Blinky.
»Was gibtâs?«, meldet der sich wenig später.
»Blinky, ich brauche noch ein paar Informationen über diese Isabella
Kiesewetter.«
»Hast du doch alles, die Protokolle, die Fotos â¦Â«
»Das meine ich nicht«, unterbreche ich ihn. »Ich will wissen, was
diese Frau gemacht hat, bevor sie von Lorenz
eingestellt wurde. Ausbildung, beruflicher Werdegang, das alles.«
Ein paar Sekunden lang bleibt es ruhig in der Leitung, dann sagt
Blinky: »Das wird aber eine Kleinigkeit kosten. Ich muss da ein paar Quellen
anzapfen â¦Â«
»Egal. Mach es einfach. Und noch was, Blinky â¦Â«
»Ja?«
»Es muss schnell gehen. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum
Verhandlungstermin.«
»Kein Problem.« Dann hat er schon wieder aufgelegt. Blinky ist kein
Mann von vielen Worten, aber er ist effektiv. Immerhin.
Auch Gottfried hat jetzt wieder ein bisschen Mut gefasst. »Du meinst
also �«
Ich nicke. »Genau. Wenn diese Isabella Kiesewetter keine echte
Marketingexpertin ist, dann kann uns Hermann Lorenz den Hintern küssen.«
» Wenn sie keine ist«, gibt Gottfried zu
bedenken und dämpft meine gute Laune gleich wieder ein bisschen. Gottfrieds
Glas ist eben immer halb leer.
»Was sollâs«, wische ich seine Bedenken vom Tisch. »So haben wir
wenigstens eine kleine Hoffnung, sonst hätten wir gar nichts.« Ich reibe mir
die Hände. »Ich denke, jetzt haben wir uns einen Kaffee verdient, was meinst
du?«
»Jetzt schon? Ist doch erst zehn, und ich habe noch eine Menge zu
tun. Und ich ⦠äh ⦠wollte dich auch noch fragen â¦Â« Auf einmal bekommt er rote Flecken auf den Wangen.
»Ja, was denn?«
Er wetzt unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Ich ⦠äh â¦Â«
»Raus damit, was wolltest du?«, frage ich ein bisschen ungeduldig,
woraufhin er gleich zusammenzuckt.
»Ich muss da so einen Fall bearbeiten, bei dem ⦠äh â¦Â«
»Gottfried! Jetzt spuckâs schon aus.« Gottfried ist ein prima
Kollege und ein armer Hund, aber manchmal könnte ich ihm echt in den Hintern
treten.
»Also ⦠äh ⦠es ist eine Pflichtverteidigung ⦠wegen schwerer
Körperverletzung ⦠so ein Schlägertyp â¦Â« Er windet sich unter meinem
Weitere Kostenlose Bücher