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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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Blick süß. Süß und unbeholfen,
wie das eben so ist bei Neulingen, wenn sie sich zum ersten Mal mit dem Thema
Fitness auseinandersetzen. Ich war damals schon ein halber Profi, und natürlich
bemerkte ich ihre verstohlenen Blicke, wenn ich beim Bankdrücken so richtig Gas
gab.
    Unser erstes direktes Aufeinandertreffen fand dann bei den
Bauchgeräten statt. Sandra saß gerade voller Ehrgeiz auf dem Belly-Master (eines
von diesen Geräten, die nur Frauen verwenden, weil sie nicht sonderlich
anstrengend sind) und bewegte wie ein Specht in Zeitlupe ihren Oberkörper gegen
den Widerstand der Schaumstoffwalze vor und zurück. Bei mir stand gerade
Bein-Stretching an, weil ich mich zuvor auf dem Ergometer ausgepowert hatte. Zu
diesem Zweck machte ich einen weiten Ausfallschritt neben der einzig freien
Situp-Bank. Die befand sich zufälligerweise genau vor Sandras Belly-Master, und
da fiel mir schon auf, dass sie ein bisschen nervös wurde.
    Dann kam es, wie es kommen musste. Da wir keine zwei Meter
voneinander entfernt waren und unsere Blicke sich irgendwann trafen, musste ich
etwas sagen, um die Peinlichkeit der Situation zu entschärfen.
    Â»Hi. Neu hier?«, meinte ich und grinste sie an.
    Und sie lächelte ganz bezaubernd zurück. Ȁh, ja, so ziemlich. Das
dritte Mal, um genau zu sein.« Dabei wurde sie ganz rot im Gesicht, was aber
auch daran gelegen haben kann, dass sie unentwegt ihre völlig sinnlosen Übungen
machte.
    Â»Und, anstrengend?«, fragte ich, während ich mein Becken tief zum
Boden runterdrückte.
    Â»Ach, geht so«, schnaufte sie und lächelte tapfer.
    Ich wechselte das Standbein, und dabei dürften meine frisch
aufgeheizten Muskeln unter dem engen T-Shirt wohl ein bisschen gespielt haben,
denn ich registrierte, wie ihre Blicke mich immer öfter streiften.
    Dann sagte sie: »Dürfte ich dich fragen, was du da machst?«
    Ich ging mit dem Becken demonstrativ noch ein wenig tiefer.
»Stretching«, erklärte ich und kam mir dabei vor wie ein Fitnesstrainer. »Für
die Adduktoren. Das ist enorm wichtig nach dem Training, sonst bekommt man
irgendwann mal Probleme.«
    Und das war der Moment, in dem es um sie geschehen war, das konnte
ich deutlich erkennen. Meine Professionalität beeindruckte sie dermaßen, dass sie
auf einmal ganz große Augen bekam. Sie wurde noch eine Spur röter, und dann …
    Â»Da muss ich Claudia zustimmen«, reißt Henning mich aus meinen
Gedanken. »Du und Sandra, ihr passt perfekt zusammen. Und mit einer guten
Beziehung sollte man nicht leichtfertig umgehen. Man muss immer wieder daran
arbeiten.«
    Â»Das sagt sich so leicht«, entgegne ich stur. »Wenn man so bekloppt
dasteht wie ich heute, dann wird’s ein bisschen schwierig mit der
Freundlichkeit, das kannst du mir glauben. Bringst du mir bitte noch eins?« Ich
schwenke mein leeres Glas in Claudias Richtung.
    Auf einmal schlägt Michael mit der flachen Hand auf den Tresen.
»Also, ich weiß gar nicht, was ihr immer für ein Theater macht von wegen
Beziehung und so. Braucht doch kein Mensch. Ich bin jedenfalls nicht angewiesen
auf so was, erst heute wieder hatte ich einen Beratungstermin mit einer
rattenscharfen Braut …« Und dann
erzählt er uns ausführlich, wie er es mit der Frau eines
Oberarztes quer durchs ganze Haus getrieben hat.
    Mit solchen Geschichten kommt er uns immer wieder, und da es keinen
Sinn hat, mit ihm über die Glaubwürdigkeit seiner Phantasien zu diskutieren,
lassen wir es über uns ergehen.
    Claudia wirft uns einen bedeutungsvollen Blick zu und nutzt die
Gelegenheit, um ein paar Getränke für andere Gäste herzurichten. Dazu muss sie
sich ein paarmal tief bücken, und Henning und ich schweigen in stummer
Ehrfurcht, bis Michael mit seiner Geschichte fertig ist.
    Â»â€¦Â dreimal in einer Stunde,
ich kann euch sagen, das hat sogar mich fast umgehauen.« Er sieht uns Beifall
heischend an.
    Henning verzieht sein Gesicht zu einem Gähnen und steckt mich damit
an. Dann bestellt er eine Runde Bier.
    Â»Und du glaubst wirklich, bei deinem Fall ist nichts mehr zu
retten?«, kommt er dann wieder auf meine Probleme zurück.
    Â»Außer es geschieht ein Wunder.« Gleich morgen muss ich mit Blinky
und mit meinem Freund und Kollegen Gottfried Bernau reden. Irgendwas muss uns
noch einfallen, das wäre doch gelacht. Es ist noch nicht aller Tage

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