Ich und er und null Verkehr
sobald
ich hier fertig bin mit ⦠Nichtstun.
Hoppla, das ist ja jetzt eine Erkenntnis. Sandra jammert mir ständig
die Ohren voll, wie hart und stressig ihr Job sei. Dabei tut man hier doch echt nichts . Sicher, vielleicht liegt das auch daran, dass
Sandra nicht so ein autoritäres Auftreten hat wie ich. Mit einer sanften Frau
wie ihr haben die Kinder natürlich leichtes Spiel, da lassen sie sich allerhand
Blödsinn einfallen. Jetzt aber haben sie gleich gemerkt, dass mit dem Onkel
nicht gut Kirschen essen ist, Kinder haben ja bekanntlich eine natürliche
Antenne für so was und â¦
Was war das denn? Hat mich da was an der
rechten Schulter getroffen? War das etwa ein Stein? Diese Lausebengel werden
doch wohl nicht wagen â¦
Dann trifft mich auch an der linken Schulter etwas, und jetzt sehe
ich, was es ist: ein Regentropfen. Dick und rund kullert er an meinem Jackett
hinunter. Und dann noch einer. Und noch einer.
Okay. Alles klar. Wir müssen rein. Macht ja nichts, da gibt es
sicher auch gemütliche Sitzgelegenheiten. Ich stehe auf und klatsche laut in
die Hände: »Alles mal herhören!«, brülle ich wie ein Feldwebel bei der
Bundeswehr. »Es beginnt zu regnen. Stellt euch in einer Zweierreihe auf, wir
gehen hinein!«
Das mit der Zweierreihe klappt nicht ganz, aber es gibt ja auch
einen ungeordneten Rückzug. Als ich mich im Aufenthaltsraum vorsichtig auf
einen Sessel platziere, geschieht etwas Seltsames: Ohne dass ich etwas sage,
schnappen sich die Kinder ihre Sessel und setzen sich direkt vor mich hin. Dann
betrachten sie mich in neugieriger Erwartung.
Was soll das denn? Wollten die nicht spielen oder so?
»Ãh ⦠und jetzt?«, frage ich zögernd.
»Wenn wir drinnen sind, machen wir immer was mit den Tanten«, klärt
mich der Rothaarige auf.
»Ach ja? Und was zum Beispiel?«
»Wir singen Lieder!«
»Wir basteln lustige Sachen.«
»Die Tante erzählt uns Geschichten.«
»Wir sagen gemeinsam Gedichte auf!«
Die Vorschläge prasseln nur so auf mich nieder. Ach, so ist das.
Muss man sich also doch beschäftigen mit den Kleinen. Okay, so schwer kann das
ja auch nicht sein. Singen wir eben was.
»Kann jemand von euch ein Instrument?«, frage ich.
»Nee, das machen immer die Tanten«, sagt ein Mädchen und drückt mir
eine Gitarre in die Hand.
Aber ich kann doch gar nicht ⦠Andererseits, ich habe das schon oft
gesehen. Eigentlich braucht man da nur im richtigen Rhythmus über die Saiten zu
schrammen. Als Begleitmusik für ein Kinderlied reicht das doch allemal. Ich
schnappe mir also das Ding, lege es auf mein Knie und ratsche mit der rechten
Hand schwungvoll über die Saiten. Plunck. Klingt gar nicht mal so schlecht.
Gleich noch einmal, aber diesmal mit Rhythmus: Plunck plunck plunck â plunck
plunck plunck â plunck plunck plunck plunck plunck plunck plunck â¦
»Okay, wer hat das Lied erkannt?« Ich blicke erwartungsvoll in die
Runde und sehe offene Münder und wackelnde Köpfe. Die GröÃeren stoÃen sich
gegenseitig an und kichern. Scheinen nicht besonders musikalisch zu sein, die
Kleinen.
»Das war Hänschen klein «,kläre ich sie auf. »Und das singen wir jetzt gleich mal!
Eins, zwei â eins, zwei, drei, vier!«, gebe ich den Takt vor, dann haue ich in
die Saiten und beginne zu singen: »Hänschen klein ging allein in die weite Welt
hinein, Stock und Hut stehn ihm gut, ist gar wohlgemut â¦Â« Verdammt, wie ging
der Text schnell noch weiter? »â¦Â la la la la la la laah, la la la la la la laah â¦Â«
Als ich merke, dass die Kinder mich nur wortlos anstarren, halte ich
inne. »Was ist, wollt ihr nicht mitsingen?«, frage ich frustriert und ernte
bloà Schweigen.
Hm, vielleicht brauchen die was Rockigeres.
»Okay, dann lasst uns was anderes probieren!« Ich lege die Gitarre
zur Seite. »Nehmt mal eure Hände hoch!«
Die Kinder folgen zögernd meiner Aufforderung.
»Und jetzt macht das!« Ich schlage zweimal auf meine Oberschenkel
und klatsche dann in die Hände. »Kommt schon, macht mit!«
Beim zweiten Mal probieren es ein paar, und beim dritten Mal sind
schon fast alle dabei. Beim zehnten Mal haben wir bereits einen richtigen Beat
drauf. Volltreffer. Das scheint ihnen zu gefallen. Ich hole tief Luft, dann
lege ich los:
»Buddy, youâre a boy make a big noise
Weitere Kostenlose Bücher