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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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übernimm du doch ebenso konsequent deine Frauenrolle! Du wirst
Nesthüterin, das heißt, du musst dann keine Beute mehr nach Hause bringen.«
    Â»Keine Beute?«
    Â»Na, Geld. Du musst nicht mehr arbeiten, und für ein richtiges Nest
brauchst du außerdem … na … na …?« Sie nickt mir aufmunternd zu.
    Â»Ã„h, Stroh?«
    Â»Unsinn, kein Stroh!« Sie fuchtelt ungeduldig mit den Händen herum.
»Du brauchst Nachwuchs! Du brauchst ein Kind!«

Er
    Das hat man nun von seiner Ehrlichkeit! Das ist doch wohl
ein schlechter Witz, dass nicht irgendeine von Sandras Freundinnen die zwei
Stunden Zeit gehabt hätte! Wo der Großteil von denen doch nicht mal arbeitet,
soviel ich weiß.
    Hätte ich mir nur eine Ausrede einfallen lassen, einen
Gerichtstermin, ein Meeting, irgendwas. Aber als Sandra gleich losheulte, befürchtete
ich natürlich eine mittlere Katastrophe, und auf ihre Frage, ob ich zwei
Stunden Zeit für sie opfern könne, antwortete ich dann reflexartig mit Ja.
    Gut, so, wie sie klang, ging es für sie ja wirklich um Leben und
Tod. Da konnte ich gar nicht anders, und so schlimm scheint das hier auch gar
nicht zu sein.
    Sandra hat die Gruppe vorhin zusammengetrommelt und mich den Kindern
vorgestellt: »Kinder, ich muss dringend weg. Das ist mein Mann. Er wird kurz
auf euch aufpassen, bis euch eure Mamis abholen. Seid schön artig und macht
keinen Unsinn – vor allem Thomas, Sebastian und Norman!« Ich schätze, damit
meinte sie die drei größeren Jungs, die mich herausfordernd anstarrten. Dann
sagte sie zu mir: »Gut, Martin, hier unten im Hof brauchst du nicht viel zu tun.
Du musst nur darauf achten, dass sie sich nicht gegenseitig die Köpfe
einschlagen. Schaffst du das?«
    Â»Ist sicher leichter als ein Mordprozess«, gab ich lässig zurück.
    Â»Super!« Sandra schien total erleichtert. »Dafür hast du was gut bei
mir.« Sie gab mir einen Kuss auf die Wange, und weg war sie.
    Zwanzig Augenpaare betrachteten mich mit einer Mischung aus
Neugierde und Misstrauen.
    Â»Ã„hm«, räusperte ich mich. »Also, Kinder, ihr könnt Martin zu mir
sagen … oder auch Onkel Martin, wenn ihr wollt.«
    Â»Bist du ein Kindergartenonkel?«, erkundigte sich ein kleiner
Rothaariger.
    Â»Normalerweise nicht. Ich bin Jurist. Rechtsanwalt, genauer gesagt.«
    Â»Was ist ein Rechtsanwalt?«, wollte ein blondes Mädchen wissen.
    Wie erklärt man einem kleinen Kind das komplexe System eines
mitteleuropäischen Rechtsstaates?
    Â»Das ist jemand, der … äh … den Menschen hilft, wenn sie mit dem
Gesetz in Konflikt kommen oder … sich scheiden lassen, zum Beispiel.«
    Â»Mein Papa hat gesagt, Rechtsanwälte sind Arschlöcher. So einer hat
ihm nämlich sein Haus weggenommen«, maulte plötzlich einer der größeren Jungs,
der ziemlich abstehende Ohren hatte.
    Das blonde Mädchen riss die Augen auf. »Du nimmst den Leuten ihre
Häuser weg?«
    Â»Unsinn!«, protestierte ich schnell. »Also, das ist eine sehr
subjektive Meinung von deinem Vater«, belehrte ich den Segelohrenjungen.
»Hauptsächlich helfen wir den Menschen, so wie … Polizisten.«
    Â»Polizisten sind auch Arschlöcher, sagt mein Papa«, behauptete der
Junge aufsässig. »Die haben ihm den Führerschein weggenommen.«
    Â»Tja, dann ist vielleicht dein Papa das Ar … ähm … derjenige, der die
Probleme macht«, entgegnete ich. Als er erneut den Mund aufmachen wollte, um
etwas zu sagen, setzte ich ein freundliches Lächeln auf und klatschte in die
Hände. »Gut, nachdem das geklärt wäre, geht spielen … husch, husch!«
    Das taten sie dann auch. Mit ausgelassenem Gejohle stoben sie
auseinander und begannen zu spielen. Die Mädchen bauten Sandkuchen, kletterten
auf die Rutsche oder schaukelten, und die Jungs bewarfen sich mit Dreck. Wie
sich das gehört.
    So, und ich mache es mir jetzt auf der Bank gemütlich. Autsch! Es
hilft nichts, ich werde nachher wohl oder übel einen Arzt aufsuchen müssen. Der
Span in meinem Hintern macht absolut keine Anstalten, sein neues Zuhause
freiwillig aufgeben zu wollen, und diverse Salben und Pflaster haben keinerlei
Wirkung gezeigt. Im Gegenteil, sobald ich mich setze, durchläuft meine ganze
rechte Seite ein höllischer Schmerz. Darum muss ich mich gleich kümmern,

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