Ich und er und null Verkehr
Augen auf
und glotzt dann wieder mürrisch auf ihren Bildschirm.
Dr. Baumann schlieÃt die Tür hinter mir. »Sie sind früh dran«,
stellt er fest.
»Oh ja, ich komme gern schnell zur Sache, wissen Sie«, wiederhole
ich den Spruch von vorhin. Ein dynamisches Image kann meiner Karriere nicht
schaden.
Dr. Baumann lächelt und zwinkert mir zu. Dabei entdecke ich kleine
Lachfältchen um seine Augen, die ich auf Anhieb sympathisch finde. »Davon bin
ich überzeugt, Frau ⦠äh ⦠Wilding.«
Wieso haben die denn alle so ein Problem mit meinem Namen? Ohne
Kunstpause samt einem dämlichen äh bringt den
anscheinend keiner raus.
Egal. Ein Superbüro hat er, das muss ich schon sagen. Helles Holz
und ein riesiges Panoramafenster mit Ausblick auf die halbe Stadt.
»Wo möchten Sie sitzen? Hier vielleicht?« Dr. Baumann deutet auf
eine trendige, cremefarbene Wildledergarnitur zu meiner Rechten.
Während ich in der Couch versinke, fragt er: »Darf ich Ihnen etwas
anbieten? Kaffee oder Kekse?«
Ich lächle betont entspannt zurück. »Nein, danke, ich hatte gerade
ein Glas Wasser.«
Und dazu keine Ahnung, wo hier die Toiletten sind. Ich will meine
Blase nicht überstrapazieren, meine Nervosität ist schon Belastung genug.
Dr. Baumann nimmt mir gegenüber Platz. »Also, ich nehme an, da
drinnen befindet sich Ihr vollständiges Manuskript«, kommt er gleich zur Sache
und deutet auf meinen Aktenkoffer.
»Genau. Das ist der ganze Schatz, gewissermaÃen.« Nervös klopfe ich
auf den Koffer und komme mir dabei vor wie eine Erstklässlerin vor ihrem
strengen Lehrer.
»Fein, ich bin schon sehr gespannt.« Er leckt sich nervös über die
Lippen. »Ich meine natürlich, wir sind schon sehr
gespannt, die zuständige Lektorin und auch die anderen Mitarbeiter.«
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Das klingt jetzt wirklich gut. Sie
sind gespannt auf das Buch.
Gespannt auf mein Buch.
Womöglich führen sie es schon als nächsten Bestseller in ihrer
Programmplanung. Trotz dieser guten Aussichten setze ich ein bescheidenes
Lächeln auf.
»Das freut mich sehr, Herr Dr. Baumann«, antworte ich. »Und für mich
ist es eine Ehre, mit einem renommierten Verlag wie dem Ihren
zusammenzuarbeiten.«
Volltreffer. Er ist sichtlich geschmeichelt. »Schön, dass wir uns grundsätzlich
einig sind«, sagt er. »Ich hätte da nur noch ein paar Fragen«, fügt er dann
beiläufig an.
Fragen?
Oh, oh.
Ich spüre, wie sich mein Magen schlagartig zusammenzieht. Das könnte
jetzt ein kleines bisschen peinlich werden.
Die Sache ist nämlich die: Das mit der Verlagssuche ist gar nicht so
einfach, wie man sich das als Laie so vorstellt. Die einzige Hilfe, die man
dabei hat, sind verschiedene kluge Ratgeber für angehende Autoren. In denen
steht zum Beispiel, wie so ein Angebotsschreiben auszusehen hätte, mit Exposé,
genauer Beschreibung des Buches und Lebenslauf des Autors natürlich. Und man
soll sich vorher unbedingt erkundigen, ob die überhaupt Bedarf an neuen Werken
haben.
Das ist natürlich alles Quatsch. Denn gleichzeitig schreiben die
auch, dass groÃe Verlage regelrecht überschwemmt werden mit unverlangten
Einsendungen. Mir war daher schnell klar: Will man aus dieser Menge
herausragen, muss man denen schon etwas Auffälliges schicken. Und das habe ich
dann auch getan.
Statt eines langweiligen Angebotsschreibens habe ich lustig-launige
Briefe verfasst, zugeschnitten auf das Profil des jeweiligen Verlages
natürlich, meine Geschichten habe ich mit frechen Grafiken garniert, und in
Sachen Schriftbild und Formatierung habe ich so ziemlich alle Regeln gebrochen,
die es in der Branche gibt.
Und ich habe ein klein wenig geschummelt bei meinem Lebenslauf. Kein
wirklich groÃer Betrug, aber doch ein wenig ⦠hm ⦠geschönt.
Also muss ich jetzt vorsichtig sein. Nur ja nichts Falsches sagen.
Höchste Konzentration!
»Fragen?« Ich muss mich plötzlich räuspern. Auch in diesem Raum
herrscht unglaublich trockene Luft. Gesund kann das nicht sein auf Dauer. »Aber
natürlich. Nur zu, schieÃen Sie los«, krächze ich.
»Es ist eigentlich nichts Besonderes«, beginnt er mit einer
entschuldigenden Geste, »aber wie wir aus Ihren bisherigen Ausführungen wissen,
verfügen Sie ja über eine breite ⦠wie soll ich
Weitere Kostenlose Bücher