Ich und er und null Verkehr
in die Tasse geplumpst. Ich
fische ihn mit dem Löffel heraus und schiebe ihn mir in den Mund. »Mmm«, gebe
ich von mir. »Sieht eklig aus, schmeckt aber super. Also, Susi, hör mal zu: Wir
können nicht einfach bestehende Geschichten nehmen und nur das Geschlecht der
Hauptakteure ändern. Wenn, dann müsste es schon was Neues sein. Eine Figur, die
es bisher noch nicht gegeben hat. Verstehst du?«
»Okay.« Susi taucht auch ihren Donut in den Kakao. »Das wird dann
aber viel schwieriger.« Sie legt nachdenklich die Stirn in Falten.
»AuÃerdem sollte es etwas Lustiges sein. Frau Wenzel ging es ja
gerade um meinen witzigen Schreibstil.«
»Okay, mal überlegen.« Sie zieht ihren Donut vorsichtig wieder aus
dem Kakao und will sich den aufgeweichten Teil in den Mund schieben, als dieser
abbricht und platschend in der Tasse landet.
»Nimm den Löffel«, rate ich ihr.
»Hast recht, schmeckt wirklich gut«, sagt sie, nachdem sie den
durchgeweichten Donut aus der Tasse gelöffelt hat. »Ha!«, ruft sie dann
plötzlich.
»Was?«
»Das ist die Idee! Am besten schreibst du
gleich mit, damit nichts verloren geht«, sagt sie und strahlt vor Stolz.
»Schieà los!«
»Also, wir nehmen eine Frau, die ⦠sagen wir mal ⦠Anfang dreiÃig
ist ⦠und Single. Die ist auf der Suche nach ihrem Traummann, und so ganz
nebenbei muss sie sich mit Figurproblemen herumschlagen und mit ihrem echt
miesen Job ⦠Was passt denn jetzt
schon wieder nicht?«, ruft sie verärgert aus, als sie meinen Gesichtsausdruck
sieht. »Gibtâs das etwa auch schon?«
»Ungefähr eine Million mal«, sage ich. »Neunzig Prozent aller
Frauenromane handeln davon.«
»Ach, Mist.« Susi schaut enttäuscht und nimmt dann wieder eine Position
ein wieRodins Denker.
Langsam habe ich den Eindruck, dass wir so nicht weiterkommen. »Lass
gut sein, Susi«, sage ich. »Wir müssen nicht gleich heute eine Idee haben. Frau
Wenzel hat gesagt, ich könne mir Zeit lassen.«
»Ja?« Susi nimmt wieder eine entspannte Haltung ein. »Schade
eigentlich, wo ich gerade so in Fahrt bin.«
»AuÃerdem habe ich irgendwo gelesen, dass man gerade dann die besten
Ideen hat, wenn man nicht krampfhaft über etwas
nachdenkt«, erkläre ich. »Das kann dann ganz zufällig passieren, beim Duschen
oder beim Sex, und auf einmal macht es klick.«
»Du glaubst, Joanne Rowling hatte Sex, als ihr Harry Potter
einfiel?«, fragt Susi mit funkelnden Augen.
»Nein, ich meine, was weià ich ⦠Das war ja nur so ein Beispiel«,
sage ich.
»Oh, mein Gott!« Susi sitzt auf einmal kerzengerade und bekommt
einen starren Blick.
»Was hast du?«, frage ich bestürzt.
»Ich habe die Idee. Jetzt aber echt. Und
das nur, weil ich gerade eben nicht an einen Roman
gedacht habe«, haucht sie ganz fassungslos.
»Ehrlich? Dann lass mal hören!«
»Also, ich hatte ⦠eine Vision.« Sie schlieÃt die Augen wie eine
Wahrsagerin, die einem die Zukunft voraussagt. »Von einer wunderschönen jungen
Frau mit blonden Haaren. Sie hat keine feste Beziehung und sucht auch keine,
weil ihr die Männer ohnehin zu FüÃen liegen â¦Â«
Susi breitet ihre Arme aus und hält die Handflächen nach oben wie eine indische
Statue. »Und sie ist erfolgreich, eine Karrierefrau, eine ⦠Innenraumdesignerin â¦Â«
»Susi!«
Sie blinzelt ein paar Mal und guckt sich verwundert im Raum um, als
hätte ich sie gerade aus einer anderen Welt zurückgeholt. »Ja, was ist?«
»Das bist du!«
»Was bin ich?«
»Deine Romanfigur, deine ⦠Vision. Das bist du«, sage ich ihr auf
den Kopf zu.
»Echt?«, sagt sie, und ein freudiges Lächeln huscht über ihr Gesicht.
»Du findest mich schön?«
»Nein, ich meine, du hast doch gesagt â¦Â« Sie verdreht einem glatt das Wort im
Mund. »Was weià ich ⦠aber diese Figur bist doch du.«
»Ja, und wenn schon. Was wäre denn so schlecht daran? Ich habe
immerhin schon viele interessante Sachen erlebt â¦Â«
»Was zum Beispiel?«
»Ich â¦Â« Sie denkt
angestrengt nach. »Ich war mal Miss BummBumm â¦Â«
»Du warst was ?«
»Miss BummBumm«, sagt sie nicht ohne Stolz. »Das war in einer Disco
auf Ibiza, da war ich gerade mal sechzehn.
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