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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Schneyder
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ansehen, dass er weiß, wovon ich rede.
    Â»Nun, da gibt es ein paar Namen, die ich nicht richtig zuordnen
kann.«
    Â»Ach, das meinen Sie.« Er wirft einen unsicheren Blick auf die
Mädchen. »Wir setzen uns lieber an den Tisch da hinten. Ich muss Ihnen ein paar
Dinge erklären.« Damit ergreift er meinen Arm und führt mich auffallend hastig
von den anderen weg.
    Sobald wir uns gesetzt haben, schieße ich los: »Also gut, wer ist
Erika Bender?«
    Erich Bender zuckt zusammen, als dieser Name fällt. »Also, Herr Dr.
Becker …«, druckst er herum. »In dieser Angelegenheit muss ich mich auf Ihre
Diskretion verlassen können.«
    Â»Natürlich. Ich bin Ihr Rechtsanwalt, ich unterliege schon von
Berufs wegen der Schweigepflicht.« Ivana Lorenz zwängt sich in mein
Bewusstsein, doch ich verdränge das Bild schnell wieder.
    Er atmet tief durch. »Gut, sehr gut. Wissen Sie, es wäre ungünstig,
wenn die Konkurrenz von der Sache Wind bekommen würde. Es würde meinem … Ansehen schaden, wenn Sie verstehen, was ich meine?« Er lächelt verlegen.
    Â»Im Moment verstehe ich kein Wort«, stelle ich klar. »Jetzt sagen
Sie schon, wer ist Erika Bender? Ihre Frau? Oder Ihre Mutter?«
    Er schüttelt den Kopf und sieht mich nur schweigend an.
    Â»Ihre Schwester?«, rate ich.
    Er schüttelt wieder den Kopf.
    Â»Herrgott noch mal, machen Sie es nicht so spannend«, fahre ich ihn
an.
    Auf einmal setzt er ein gequältes Lächeln auf. Dann greift er in
seine Jacketttasche und holt etwas hervor. Es ist ein älterer Ausweis, und als
ich ihn aufklappe, sehe ich das vergilbte Foto einer hübschen jungen Frau mit
dunklem, lockigem Haar. Der Name darunter: Erika Bender.
    Â»Das ist … das war Erika Bender«, erklärt
er.
    Â»Wieso war?Ist sie gestorben?«, frage
ich.
    Er schüttelt wieder den Kopf. »So kann man das nicht sagen«, meint
er, nimmt den Ausweis vom Tisch hoch und hält ihn so neben sein Gesicht, dass
ich das Foto darauf sehen kann.
    Â»Fällt Ihnen nichts auf?«, fragt er und sieht mich direkt an. »Das
auf dem Foto war Erika Bender, was aber nicht
bedeutet, dass sie gestorben ist.«
    Jetzt sehe ich es. Das zierliche Gesicht, das dunkle Haar, der feine
Schwung der Lippen.
    Â»Sie meinen … Sie sind …?«
    Er nickt langsam. »Genau. Aus Erika wurde Erich.«
    Nachdem ich einen kräftigen Schluck genommen habe,
klammere ich mich regelrecht an meinem Bierglas fest.
    Â»Du siehst gar nicht gut aus.« Henning betrachtet mich von der
Seite. »Stress?«
    Ich nicke. »Ja, kann man wohl sagen.«
    Â»Beruflich oder privat?«
    Gute Frage. »Beides«, antworte ich nach kurzem Nachdenken.
    Â»Willst du darüber reden?«
    Â»Ich weiß nicht«, antworte ich unschlüssig. »Was das Berufliche
angeht, kann ich ja gar nicht darüber reden. Die Sache mit Ivana Lorenz war mir
eine Lehre.«
    Â»Verstehe«, brummt Henning. »Wann ist der Prozesstermin?«
    Â»Ãœbermorgen.« Allein bei dem Gedanken daran wird mir schlecht.
    Â»Und wie stehen deine Chancen?«
    Ich schüttle nur den Kopf und schweige.
    Â»Aber das allein ist es nicht, habe ich recht?«, bohrt Henning
weiter nach. Mann, der beherrscht seinen Job, das muss ich ihm lassen.
    Ich nehme noch einen Schluck Bier. »Nein, es gibt da noch ein paar
andere Probleme – über die ich aber auch nicht reden kann.«
    So ist es auch. Dieser Bender. Oder diese Bender. Vormals Erika und jetzt Erich. Wieso hat der Blödmann mir nicht gleich
gesagt, dass er sich hat umoperieren lassen? Ich meine, da ist doch nichts
dabei heutzutage, und ihm muss doch klargewesen sein, dass ich irgendwann drauf
stoße. Okay, sein Argument, dass das in seiner Branche nicht bekannt werden
darf, kann ich nachvollziehen. Das ist eine Männerdomäne, keine Frage, und wenn
ein paar ehemalige Prostituierte den protzigsten Erotiktempel der ganzen Stadt
aufziehen, kann das den eingesessenen Nachtclubbesitzern schon sauer aufstoßen.
    Und Bender hat das auch geschickt eingefädelt. Er hat ursprünglich
in Österreich und in der Schweiz gearbeitet und sich vor einem Jahr eine
vollkommen neue Identität zugelegt. Er ist hier ein unbeschriebenes Blatt, und
zur Sicherheit hat er ein bisschen auf Macho gemacht, indem er zum Beispiel den
SL mit diesem Zuhälterspruch verziert hat. Nur auf dem Kaufvertrag von

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