Ich und Karl der Große: Das Leben des Höflings Einhard (German Edition)
Petrus zu Rom. In deren Schatzkammer häufte er eine große Menge Reichtümer auf – in Gold wie auch in Silber und Edelsteinen. Viele, ja unzählige Geschenke wurden den Päpsten geschickt. Und er hielt in seiner gesamten Regierungszeit nichts für vordringlicher, als dass die Stadt Rom durch seine Mühe und Anstrengung in ihrer alten Autorität zu Ansehen gelange und die Kirche des heiligen Petrus nicht allein durch ihn sicher und geschützt, sondern auch durch seinen Reichtum vor allen Kirchen ausgeschmückt und ausgestattet sei. Obwohl er sie aber so hochschätzte, legte er in den 47 Jahren, die er regierte, die Strecke dorthin doch nur viermal zurück, um Gelübde einzulösen und zu beten. Die Gründe für seinen letzten Besuch waren nicht nur diese. Hinzu kam noch: Die Römer zwangen den Papst Leo (indem sie ihm mit vielem Unrecht zusetzen, nachdem sie ihm schon – man höre! – die Augen ausgerissen und die Zunge abgeschnitten hatten) dazu, die getreue Hilfe des Königs anzuflehen. Deshalb kam er nach Rom und brachte dort einen ganzen Winter damit zu, die Verfassung der Kirche wieder herzustellen, die allzu sehr in Unordnung geraten war. Zu jener Zeit empfing er den Titel »Kaiser und Augustus«. Den verschmähte er zuerst so heftig, dass er versicherte: Er hätte an diesem Tag – obgleich es ein besonderer Festtag war – die Kirche nicht betreten, wenn er den Entschluss des Papstes hätte vorherwissen können. Als sich die römischen Kaiser darüber entrüsteten, ertrug er mit großer Geduld den Neid auf den Titel, den er gleichwohl angenommen hatte. Und er besiegte ihren Trotz mit jener Großherzigkeit, durch die er ohne Zweifel weit effektiver war als sie: indem er häufig Gesandtschaften zu ihnen schickte und sie in seinen Briefen als »Brüder« anredete.
Einhard, Vita Karoli, c. 27 – 28
P ippin aber, vordem Befehlshaber über den Hof, wurde auf Geheiß des römischen Bischofs zum König erhoben; und nachdem er allein 15 Jahre (oder noch länger) über die Franken geherrscht und den Krieg in Aquitanien beendet hatte, den er gegen den Herzog Waifar von Aquitanien eröffnet und neun Jahre hindurch geführt hatte, starb Pippin bei Paris an der Wassersucht. Er hinterließ seine Söhne Karl und Karlmann, die mit Gottes Willen die Nachfolge in der Herrschaft antraten. Die Franken hielten nämlich auf feierliche Weise eine allgemeine Versammlung und erhoben die beiden zu ihren Königen – und zwar zu der Bedingung, dass sie den gesamten Körper des Reiches gerecht aufteilten und Karl denjenigen Teil zur Regierung empfing, den ihr Vater Pippin innegehabt, Karlmann aber denjenigen, dem ihr Onkel Karlmann vorgestanden hatte. Die Bedingungen wurden von beiden Seiten akzeptiert, und jeder empfing seinen Teil des Reiches, das nach dem ihnen vorgeschlagenen Modus geteilt worden war. Und diese Eintracht blieb auch bestehen, wenngleich mit größter Schwierigkeit; denn auf Seiten Karlmanns trachteten viele, das Bündnis zu brechen – bis dahin, dass manche sogar darauf sannen, die Brüder gegeneinander in den Krieg zu hetzen. Dass aber hier mehr Argwohn herrschte als tatsächliche Gefahr, erwies der Ausgang der Dinge selbst: als dann nämlich nach dem Tode Karlmanns dessen Gemahlin mit ihren Kindern, zusammen mit einigen der vornehmsten unter seinen Magnaten, nach Italien floh und sich mitsamt ihren Kindern – ganz grundlos und den Bruder ihres Gemahls verachtend – dem Schutz des Langobardenkönigs Desiderius unterstellte. (Karlmann erlag ja, nachdem man gemeinsam zwei Jahre lang das Reich geleitet hatte, einer Krankheit; Karl aber wurde, nach dem Tod seines Bruders, mit Zustimmung aller Franken zum König erhoben.)
Ich würde an dieser Stelle schildern, wie schwierig der Alpenübergang für denjenigen war, der nach Italien zog, und mit welcher Mühe die Franken die unwegsamen Gebirgskämme, auch die in den Himmel aufragenden Bergspitzen und die rauhen, spitzen Felsen überwanden – wenn ich mir nicht vorgenommen hätte, im vorliegenden Werk eher seine Lebensweise zu überliefern als die Begebenheiten der Kriege, die er geführt hat.
Einhard, Vita Karoli, c. 3 und c. 6
B ei der Ausbildung seiner Söhne und Töchter wandte er eine so große Sorgfalt auf, dass er zuhause niemals ohne sie aß, auch niemals ohne sie auf Reisen ging. Seine Söhne ritten neben ihm her, seine Töchter aber folgten weiter hinten; ihre Nachhut schützten diejenigen, die aus der Zahl der Gefolgsleute dazu abgestellt waren. Da sie
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