Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
Vom Netzwerk:
musste ich akzeptieren.
    Greg verstand es meisterhaft, Menschen zu manipulieren. Er konnte weinen, flüstern und den Zustand seines Sohnes, seinen Geldmangel oder die Beschlagnahme seines schönen Hauses in Scarsdale beklagen – je nachdem, was bei seinem Gesprächspartner wirkte. Doch sobald er sie unter seinem Schirm hatte, war das Spiel vorbei. Er saugte sein Opfer aus. Wenn er mit einem Unternehmer sprach, mit dem er Geschäfte machen wollte, glich er einem Fußballspieler, der mit einem weiblichen Fan ausgehen will. Er war verführerisch, herzlich und charmant. Er war ein Mann, mit dem Männer gerne herumhängen. Ich beobachtete immer wieder, dass er allen Leuten alles aufschwatzen konnte.
    Andererseits habe ich nie einen Menschen getroffen, der ein so hitziges Temperament hatte wie Greg. Er brauchte nur einen Herzschlag, um vom Schmeichler zum Finsterling zu werden. Wenn er süß wie Honig war und jemand den Namen einer Person erwähnte, die ihn geärgert oder nicht schnell genug gezahlt hatte, änderte sich seine Laune sofort. Dann ließ er eine wahre Schimpfkanonade vom Stapel: »Verflucht soll er sein! Den knöpfe ich mir bald vor!«
    Allmählich lernte ich, wie ich Greg beeinflussen konnte. Ich wusste, wann er Streicheleinheiten brauchte und wann ich den Mund halten musste. Dieses Gespür verdankte ich den Rollen, die ich als verdeckter Ermittler gespielt hatte. Greg merkte, dass ich mich seinen Stimmungen anpasste, und das festigte unsere Beziehung noch mehr.
    Das andere häufige Thema bei Gregs Besprechungen mit den Bossen war die mangelnde Eignung der neuen Mafiamitglieder. Greg zog jedes Mal gegen sie vom Leder – ihm gefielen weder die neuen Mitglieder noch die Kandidaten. »Ich habe eine Liste der Bewerber gesehen«, knurrte er. »Das sind doch alles Versager, Mülltonnen.« Er fand, die Männer hätten keine Erfahrung, sie seien nicht lange genug an der Front gewesen, um Vollmitglieder zu werden. Sie hätten nicht hinreichend bewiesen, dass sie tüchtige Kerle seien, die Geld herbeischaffen können. Vielleicht waren sie kurze Zeit im Knast gewesen oder hatten ein paar krumme Dinger gedreht. Wie dem auch sei, für Greg waren sie unwürdige Nachfolger der Ehrenmänner, denen er jahrzehntelang in der Mafia gedient hatte. Sie waren nur Kinder.
    Im Grunde verstand ich ihn sehr gut – ich hatte das gleiche Problem mit einigen meiner unerfahrenen Vorgesetzten beim FBI! Meine Case Agents Nat Parisi und Chris Munger waren großartig; aber ich hatte andauernd Streit mit den höheren Rängen, die echte, lebendige Kriminelle kaum zu Gesicht bekamen. Im Büro wurde sogar darüber gesprochen, die gesamten Ermittlungen abzubrechen. Das trieb mich zum Wahnsinn.
    Greg konnte fast jede Situation zu seinen Gunsten wenden. Er hatte bei­spielsweise gehört, dass Louis Filippelli ein Restaurant in der Nähe des Rao eröffnen wollte. Das Rao liegt an der Ecke Pleasant Avenue und 114. Straße in East Harlem, einem traditionell italienischen Viertel. Da dieses Lokal immer das Lieblingsrestaurant der Mafiosi gewesen war, ist es fast unmöglich, dort einen Tisch zu bekommen. Frankie »No« Pellegrino, der Eigentümer, erhielt seinen Spitznamen, weil er immer Nein sagte, wenn ihn ­jemand fragte, ob ein Tisch frei sei oder ob er einen reservieren könne.
    Der Gedanke, nicht weit vom Rao ein weiteres italienisches Restaurant zu eröffnen, war für einen Geschäftsmann durchaus vernünftig. Greg entwickelte einen brillanten Plan. Er sprach mit einem Mann, den wir Tommy nennen wollen, einem ehemaligen Angestellten bei Scores. Greg hatte ihn kennengelernt, als er diesen Club erpresst hatte. Tommy war damals ebenfalls verhaftet worden und arbeitete jetzt bei einem Rundfunksender in New York. Greg sagte ihm, er wolle eine Menge kostenlose Werbung für das neue Restaurant haben. Das ermöglichte es ihm, zu Louis, dem Initiator des Restaurants, zu gehen und zu sagen: »Schau mal, was ich für dich getan habe! Ich habe dir all diese kostenlosen Werbeminuten besorgt!« Das war typisch Greg DePalma – sein Einsatz kostete ihn nichts, ein anderer zahlte die Rechnung, er wurde wegen seiner Großzügigkeit gelobt und obendrein fühlte er sich berechtigt, kostenlos im Restaurant zu essen, wann immer es ihm beliebte. Natürlich stieg dadurch auch sein Ansehen bei den Gambinos.
    Das einzige Problem war, dass Tommy nichts mit Greg, dem Restaurant oder geschenkter Werbezeit zu tun haben wollte. Das machte Greg wütend; denn er fürchtete,

Weitere Kostenlose Bücher