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Ich war Jack Falcone

Ich war Jack Falcone

Titel: Ich war Jack Falcone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquinn Garcia
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für die Gang blieb nichts übrig. So war es eben – die Leute am Ende der Nahrungskette bekamen nichts.
    Bevor Greg wegen Erpressung ins Gefängnis kam, lebte er in seinem schönen Haus in Scarsdale wie ein König. Als er entlassen wurde, mietete er ein Apartment mit zwei Schlafzimmern und Standardgarten in Tuckahoe, New York. Er musste Rechenschaft über seine Ausgaben ablegen, wenn er sich mit seinem Bewährungshelfer traf – Miete, Telefon, Strom. Das war eine Bewährungsauflage. Er konnte sich bei diesen Treffen nicht einmal gut anziehen, weil man ihn sofort gefragt hätte: »Woher kommt das Geld für diese Klamotten?« Insofern lebte auch er undercover – gegenüber den Cops. Manchmal nahm er diese Einstellung mit in die Welt der Mafia und klagte, er sei bankrott – sogar vor mir.
    Damit zog ich ihn gerne auf. Ich neckte ihn wegen des Mineralwassers aus Norwegen, das er bevorzugte, und dafür, dass jeder Quadratzentimeter seines Hauses mit (gefälschten) Fanartikeln und (gestohlenen) Kunstwerken bepflastert war. In seiner Küche standen etliche Kisten, gefüllt mit Wasser, Limonade und Nahrungsmitteln aller Art, mit vielen Dingen, die von irgendwelchen LKW gefallen waren. Besonders gerne trank er Voss-Wasser, ein sehr teures norwegisches Wasser aus einem artesischen Brunnen. Eine Kiste mit 24 Flaschen kostete über 43 Dollar. 7 ­Warum wollte ein Kerl, der rauchte wie ein Schlot und fraß wie ein Schwein, unbedingt so reines Wasser trinken? Weil es ihn nichts kostete.
    Mit den vielen Kisten sah Gregs Haus wie ein Lager aus. Einmal rief sein Bewährungshelfer seine Frau an, die ihm Gregs Handynummer gab. Greg ärgerte sich sehr darüber – offiziell konnte er sich kein Handy leisten, nicht mit dem Geld, das er angeblich verdiente. Er lebte sehr einfach für einen Mann, der als Capo des Gambino-Clans neue Energie getankt hatte und riesige Geldbeträge scheffelte.
    Wie viel Geld er verdiente? Wenn ich an die vielen Umschläge denke, die ich sah, an alle seine Gaunereien – Erpressung, Glücksspiel, Kreditwucher, Gewerkschaftsaktivitäten und vieles andere –, dann schätze ich ganz vorsichtig, dass er innerhalb von sechs bis neun Monaten nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis jeden Monat 25 000 Dollar steuerfrei einnahm. Das summiert sich auf über eine Viertelmillion Dollar im Jahr und beweist, wie verbissen Greg kämpfte, um seinen Status in der Gambino-Hierarchie zurückzuerobern und Geld zu verdienen.
    Als Capo fiel ihm alles zu. Jeder Bauunternehmer, der unter seinem »Schutz« stand, zahlte ihm zwei Prozent, und zwei Prozent von zahlreichen Bauprojekten in New York summieren sich schnell. Justizbehörden schätzten, dass die zwei Prozent Mafiasteuer auf Bauvorhaben in New York mehr als zehn Millionen Dollar in die Kasse des Gambino-Clans spülten.
    Je mehr Zeit ich mit DePalma verbrachte, desto selbstsicherer spielte ich meine Rolle. Ich war dabei, das Unvorstellbare zu erreichen; denn ich verkehrte als Verbündeter, als Mafioso-Praktikant unter echten Mafiosi. Die Folge war, dass meine wahre Persönlichkeit erst recht zum Ausdruck kam. Ich bin von Natur aus ein geselliger Mensch, der sich gerne amüsiert. Vermutlich akzeptierte mich der Alte deshalb so schnell. Ich weiß nicht, ob ich mich je vor ihm fürchtete. Auf jeden Fall respektierte ich ihn, weil er seine Pflichten als Gambino-Capo sehr ernst nahm. Doch als unsere Freundschaft enger wurde, konnte ich manches tun, was meiner Persönlichkeit wirklich entsprach. Ich umarmte ihn, alberte mit ihm herum und zog ihn ein klein wenig auf. Und ich weiß, dass er das liebte. Ich weiß, dass er mich liebte.
    Ich befand mich unter seinem Schirm, in seinem Kreis; doch selbst innerhalb unserer Gruppe gab es eine Hackordnung. Wenn Greg sich mit einem Initiierten unterhielt, flüsterte der ihm direkt ins Ohr, sodass wir nicht zuhören konnten. Manchmal konnte man den Eindruck haben, als knabbere der Typ an ihm und flüstere ihm süße Worte ins Ohr! Oder sie gingen an einen anderen Tisch oder sogar hinaus. Dann fühlten wir anderen uns wie die zweite Wahl. Wir wollten so gerne dabei sein! Es war verführerisch. Wenn wir von einem Gespräch auf diese Weise ausgeschlossen wurden, dachten wir: Ich bin auch nicht anders als diese Penner! Warum sind sie Greg so nahe, und warum bin ich es nicht? Ich dachte, ich hätte einen besonderen Draht zu ihm! Aber das war nicht so wichtig. Solange ich nicht initiiert war, waren bestimmte Gespräche für mich tabu, und das

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