Ich war nur kurz bei Paul
Adonis, aber sie wirkte eleganter, war schneller und fuhr sehr souverän. Der Wasserstart, zum Beispiel: Im Nullkommanix stand ihr Kite wieder am Himmel und sie sauste davon, dass man glauben konnte, es hätte keine Wasserung zwischendurch gegeben. Die Anfeuerungsrufe des Lehrers durch das Megafon hallten durch die brausende Gischt. Das Zeitfahren klappte ebenfalls wie am Schnürchen. Nach kurzer Auswertung der Ergebnisse wurden Adonis und Barbara zu gemeinsamen Siegern erklärt.
Das Publikum war zufrieden und begann sich allmählich wieder zu zerstreuen. Die einen setzten ihre unterbrochene Strandwanderung fort, andere legten sich wieder hinter ihren Strandmuscheln in die Sonne. Eine ganze Traube jüngerer Leute scharte sich um das Team der Kite-Schule. Sie wollten sich entweder informieren oder schon zum nächsten Kursus anmelden.
Als Barbara zurück zu ihren Leuten kam, war sie glücklich und erschöpft. Ralf reichte ihr ein Badetuch zum Abtrocknen. »Na, wie war ich?«
»Sensationell!« Sein Vater ließ Frau Koschka stehen und trat auf Barbara zu, die sich die Haare trocken rubbelte. »Gratuliere! Du warst einfach fantastisch! Darauf müssen wir einen trinken! Er balancierte ein Tablett mit einer vollen Karaffe Sangria und den dazugehörigen Gläsern. Sie wurden verteilt und aufgefüllt. Auch Ralf bekam etwas ab. »Und zur Feier des Tages machen wir heute eine Grill-Sause bei uns auf der Veranda! Wie ist es? Hanna, Rainer, Denise, geht das klar? Und gute Laune mitgebracht, das ist die einzige Bedingung!« Koschkas stimmten sofort zu. Barbara schlang das Badetuch um ihre Hüften. Ralf trat näher zu ihr und sagte bewundernd: »Das sah echt Klasse aus. Ist das schwierig?«
»Ich kann ja Windsurfing; da hat man es dann schon etwas leichter. Ich glaube, jeder Kite-Surfer sollte erst einmal mit normalen Surfbrettern anfangen, sonst dauert es bestimmt lange.« Ralf war schwer beeindruckt.
Abends, beim Grillen, waren die Erwachsenen vom reichlichen Sangria-Genuss des Nachmittages schon merklich angesäuselt - die Wogen schlugen hoch. Nadine und Denise hockten beieinander und nahmen wenig an der allgemeinen Unterhaltung teil. Es war ihnen ohnehin schon peinlich genug, dass ihre Väter sich gegenseitig darin zu überbieten schienen, die Schönheit und Vorzüge ihrer Töchter zu preisen. Unerträglich.
Wiederholt versuchte Barbara, wenn Siegfried Jensen mal wieder zu dick auftrug, ihn unter dem Tisch mit den Füßen anzustoßen und ihn zu bremsen. Leider vergeblich. Ralf registrierte irritiert, wie daraufhin die Hand seines Vaters, mehrfach, wie zufällig, auf dem Knie von Hanna Koschka ruhen blieb. Barbara und Rainer Koschka saßen ihnen gegenüber, konnten das nicht mitbekommen. Hatte sein Vater etwa...? Möglich wär's schon; sie waren ja beide oft allein angeblich zum Tennis gefahren, während Barbara beim Kiten war.
Plötzlich tat ihm Barbara leid. Sie war mittlerweile in seiner Achtung deutlich gestiegen, doch nun schien sich bereits die nächste Katastrophe anzubahnen. Er entschloss sich, morgen Nadine einzuweihen. Es galt, ihren Erzeuger von weiteren Dummheiten abzubringen; dafür brauchte er Nadines Unterstützung.
Lucie quengelte, weil sie aufgegessen hatte und die Gespräche der Erwachsenen sie langweilten. Barbara entließ sie zum Spielen. Wie der Wind sprang sie auf und verschwand Richtung Spielplatz, wo sich noch eine Gruppe Kinder kreischend herumtrieb.
Gerade lobte Herr Koschka das gute Abschlusszeugnis seiner Tochter, die nur deshalb den so begehrten Ausbildungsplatz erhalten hatte. Das war natürlich ein wunder Punkt, da Nadine den Abschluss wie angekündigt nicht geschafft hatte. Sein Vater schien sich erst jetzt zu erinnern, dass es zu Ferienbeginn Zeugnisse gegeben haben musste und versuchte, das Thema auf Ralf zu lenken. »Davon hast du ja noch gar nichts erzählt, Ralf! Wie ist denn dein Zeugnis ausgefallen?«
Jetzt konnte er sich die Nachfrage schenken! Ralf hatte keine Lust dazu, jetzt mit seinem guten Zeugnis ins Rampenlicht zu rücken, nur um vor Koschkas anzugeben. »Naja, ist nicht so sehr dolle gelaufen. Ich bin aber in die achte Klasse versetzt worden.«
»Hm, Junge, du musst dich mehr anstrengen, denk an unser Laufgespräch. Nicht immer nur Fußball und solche Sachen zählen, sondern Leistung, Leistung, Leistung! Ich werde mit deiner Mutter mal darüber reden müssen, dass sie dir nicht immer so viele Freiheiten einräumen
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