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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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durch die Schatten des aufkommenden Zweifels.
     
    Das war ja soeben gründlich daneben gegangen! Um sich abzulenken, entschloss sich Ralf, ein wenig mit dem Fußball zu trainieren. In seinem Zimmer zog er sich die Fußballschuhe und das Vereinstrikot an und ging mit dem Ball zum Bolzplatz. Vielleicht waren noch Andere dort, mit denen er gemeinsam ein wenig spielen könnte?
       Als er auf dem Platz ankam, war noch niemand da. Ralf machte sich ein wenig warm und drippelte mit dem Ball, ließ ihn zwischen seinen Oberschenkeln und seinem Kopf hin und her springen. Bei dieser Übung lag sein bestes Ergebnis bisher bei vierunddreißig Körper-Kontakten, die der Ball ohne Bodenberührung von ihm in der Luft gehalten wurde. Automatisch zählte er jedes Mal im Geiste mit, aber es war wie verhext; er kam heute nicht über zehn Mal hinaus.
       Es war jedoch eine gute Konzentrations- und Geschicklichkeitsübung. Sie machten das auch beim Fußballtraining häufig, zusammen mit einem zweiten Partner. Versunken in seine Ballübungen bemerkte er zunächst nicht, dass er beobachtet wurde.
       Erst als der fremde Junge in seinem Blickfeld auftauchte, nahm Ralf ihn wahr. Er mochte etwas älter sein als er selbst. Der Junge trug einen blauen Trainings-Anzug und ein weißes Handtuch lässig um seinen Hals. Die dunkelblonden Haare hingen ihm quer über das Gesicht, so dass Ralf sich fragte, wie man mit der Matte richtig gucken konnte.
        Ralf fand ihn auf Anhieb unsympathisch. »Hey, gib mal ab!« Widerwillig ließ Ralf den Ball zu ihm hinüber springen. Der andere nahm ihn geschickt an und lief wie ein Wirbelwind mit dem Ball auf dem Fußrücken einen großen Kreis um ihn herum. Donnerwetter, war der geschickt! »Nun du!« Der Ball flog wieder auf Ralf zu; er nahm ihn mit dem seitlichen Fuß aus der Luft auf und ließ ihn erneut zwischen seinen Oberschenkeln und seinem Kopf hin- und her hüpfen. ...Fünfzehn, sechzehn, siebzehn... die Übung lief gut, es ging wie geschmiert. Ralf hatte nur Augen für den Ball, war ganz Konzentration, neunundzwanzig, dreißig... Ralf geriet in ein Hochgefühl, soeben überschritt er seine eigene Bestmarke ...neununddreißig, vierzig... er hörte den anderen ihn auffordern: »Mensch, das wird ja langweilig, gib mal wieder ab!« Nix da! Jetzt wollte Ralf es wissen; ...achtundvierzig, neunundvierzig... Der andere rempelte ihn, nahm ihm mit dem Kopf den Ball ab, Ralf hinterher - stocksauer; gerade war es so schön gelaufen . Der andere lief flink - geradezu spielerisch parierte er durch geschicktes Fummeln alle Angriffsversuche Ralfs, ihm den Ball wieder abzunehmen.
       Ralf wurde böse. »Hey, das ist mein Ball. Gib wieder rüber!«
       »Hol ihn dir doch, wenn du kannst!« Neckte ihn der Unbekannte nun. Ralf kochte die Galle über. Was bildete der sich ein? Er unternahm einen erneuen Versuch; rempelte seinen Gegner nun derber an, so dass sich der andere beim flinken Drippeln mit seinen Füßen verhedderte, strauchelte und hinfiel. »Das wirst du mir büßen!« Ralf triumphierte innerlich darüber, dass er den anderen gelegt hatte. Selber Schuld! Warum mischte der sich denn auch ein? Er hatte ihn nicht gebeten. Nun drohte ihm der Fiesling auch noch. Auch gut! Wenn er Ärger haben wollte, den konnte er haben! Mit einem Ruck blieb Ralf stehen, ließ den Ball unkontrolliert davon hüpfen.
       Er drehte sich betont langsam um, der andere klopfte sich gerade den Staub von der Trainingshose. »Ach ja? Was ist, du tote Hose? Ich hab ja solche Angst vor dir!«
       Ralf stierte seinem Kontrahenten mit starrem Blick in dessen zusammengekniffene Augen. Nun standen sie sich gegenüber. Der andere stieß ihn mit beiden Händen, ohne Vorwarnung, vor die Brust, so dass Ralf zurück taumelte.
       Es war, als brachen plötzlich alle Dämme in Ralf. Wie Dreschflegel ließ er jetzt seine Fäuste gegen den Gegner prasseln. Auf Brust, Oberarme, Magen. Der Überraschte versuchte, seine Arme als Deckung hochzureißen, fing die Hiebe nun mit seiner Körperseite ab. Ralfs Schläge trafen nun dessen Nieren. Die Attacke erschöpfte ihn und er hüpfte nun zwei, drei Sprünge zurück, rang keuchend nach frischem Atem.
       Sein Gegner drang nun seinerseits auf Ralf ein, und ein fürchterlicher Schlag landete in Ralfs Gesicht. Sofort schossen ihm die Tränen in die Augen, der Schmerz durchzuckte ihn hell und stechend. Der meinte es ernst, kannte keine Rücksicht! Nun gut, dann brauchte er ebenfalls keine mehr zu

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