Ich war nur kurz bei Paul
soll. In deinem Alter braucht man feste Regeln und Grenzen...«
Ralf schaltete ab. Dieser Quatschkopf, dieser Arsch! Oh Mann! Er stand vom Tisch auf und tat so, als wolle er die leeren Flaschen vom Tisch räumen. »Das willst du wieder nicht hören, dann weichst du aus! Typisch!« Barbara schaltete sich ein. »Nun lass doch den Jungen, Siggi! Wir haben Ferien, und so leicht ist das für ihn ja auch alles nicht.«
»Was ist nicht leicht für ihn? Hab ich es etwa immer leicht? Fragt da mal einer nach? Die Blagen haben einfach zu viele Freiheiten heute! Oder, was meinst du Rainer?« Ralf hörte nicht mehr hin, stellte die leeren Flaschen in die Bierkiste zurück und verdrückte sich aus der Haustür. Er wollte allein sein und ging nachdenklich den Weg hinunter zum Strand.
Nadine hatte noch nichts bemerkt. »Meinst du wirklich? Zuzutrauen wär's unserem Herrn Vater ja schon. Wir müssen das verhindern! Ich will nicht, dass Denise denselben Scheiß erleben muss, wie wir.«
»Sag ich ja, und Barbara scheint auch nichts zu merken. Sie tut mir Leid
»Mir auch! Wir müssen einfach verhindern, dass die beiden sich allein davonstehlen können. Einer von uns muss sie für die nächsten Tage im Auge behalten!«
Das war eine ganz ungewohnte Situation: Mit seiner Schwester diese neue Komplizenschaft zu erleben. Er hatte bisher immer nur wahrgenommen, dass sie sich ausschließlich nur für sich selbst, nie für ihn oder andere interessierte.
Die folgenden beiden Tage blieb Ralf liegen, wenn er seinen Vater sich am Morgen lauffertig machen hörte. Sollte er doch allein rennen! Ihm war die Lust dazu gründlich vergangen. Nach dem Frühstück ging sein Vater duschen und trat eine halbe Stunde später in Tennisklamotten aus dem Schlafzimmer.
Ralfs Alarmglocken schrillten sofort und er warf seiner Schwester bedeutungsvolle Blicke zu. Die nickte unmerklich. »Barbara, geh du doch auch mit zum Tennis, wir räumen ab!«
»Nein, zu dritt kann man schlecht spielen. Rainer kommt ja auch nicht mit.«
»Na gut, dann will ich aber mit! Mal sehen, wie gut mein Vater Tennis spielt.«
»Dafür hast du dich bisher auch nicht interessiert! Nein, nein, ihr bleibt schön hier! Wir sind ja in knapp zwei Stunden wieder zurück!« Schon war Siegfried Jensen mit seiner Tennistasche auch schon aus dem Vordereingang hinaus. Hanna wartete bereits vor dem Haus. Sie sah fesch aus, mit ihrem kurzen Röckchen und den Schweißbändern um Stirn und Handgelenke. Gleich darauf hörte man das Summen des Q7, als sie das Grundstück verließen.
Barbara begann den Tisch abzuräumen. Nadine wollte ihr dabei helfen - Ralf auch. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Nadine begann: »Macht es dir eigentlich gar nichts aus, wenn Papa mit dieser Hanna allein zum Tennis fährt?« Barbara wirkte erstaunt. »Nein, warum sollte es?« Sie hielt in ihrer Tätigkeit inne und warf Nadine einen erstaunten Blick zu. »Naja, diese Hanna sieht doch auch ganz hübsch aus!« Barbara lachte erleichtert auf. »Nadine! Dein Vater steht immer nur auf Jüngere, und Hanna, die ist gute fünf Jahre älter als ich. Keine Gefahr!«
»Ach so! Na ich hab ja auch nur gemeint. Ich wäre eifersüchtig, wenn mein Freund mit einer anderen zum Tennis fahren würde.«
»Nadine, wenn man so jung ist wie du, dann ist man immer auf alle und jede eifersüchtig. Das ist ganz normal. Außerdem lieben wir uns, dein Vater und ich!«
»Das hat unsere Mutter auch immer geglaubt!«
»Nadine! Ich muss doch sehr bitten!«
Das hätte seine Schwester wohl besser nicht gesagt. Es war ihr wahrscheinlich nur so rausgerutscht. Jedenfalls biss sie sich bestürzt auf die Lippen und stürzte aus der Küche.
Barbara schien Ralfs Anwesenheit für eine kleine Weile zu vergessen; sie sank langsam auf den Stuhl am Küchentisch und stützte ihre Stirn schwer in beide Hände. Ralf stand verlegen und mucksmäuschenstill da, wagte nicht, sich zu bewegen. Dann hielt er es nicht mehr aus und wollte sich leise davon stehlen. Nichts wie raus; er musste dringend an die frische Luft! Erst da schien Barbara sich seiner Gegenwart wieder bewusst zu werden. Sie hielt ihn auf. »Ralf, gibt es irgend etwas, das ich wissen sollte?« Ralf wurde augenblicklich verlegen. »Nö, ich weiß nicht was du meinst?« Eine steile senkrechte Falte grub sich in Barbaras Stirn, viele kleine zusätzlich um ihre Augen, die jetzt ganz unglücklich drein sahen -- eingetrübt
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