Ich war nur kurz bei Paul
Tanzenden ließen sich den Spaß aber dadurch nicht verderben und Ralf schien es, als sammle er durch seinen tänzerischen Mut bei Lea weitere Plus-Punkte.
Sie tanzten eine ganze Weile, in der zwischen ihm und Lea eine geheimnisvolle, zarte Befangenheit entstand. Sie lächelten sich immer öfter an. Schon bald sahen sie nicht mehr verlegen beiseite, wenn sich ihre Blicke trafen, sondern hielten es immer länger aus, den Blick sekundenlang ineinander verschränkt ruhen zu lassen.
Ralf schien es, als würde er von ihren tiefblauen Augen in einen magischen Bann gezogen. Er konnte sich das nicht erklären, er genoss diesen letzten tollen Tag in Dresden, an dem er zum ersten Mal, von Lea wirklich beachtet wurde. Als die CD zu Ende war und eine unangenehme Stille sich der unentschlossen stehenden Tänzer bemächtigte, sagte Lea zu ihm: »Wollen wir etwas trinken? Ich hab Durst.«
»Ich hole etwas, was möchtest du denn?«
»Cola«
Er verschwand, um das Gewünschte zu holen. Als er zurückkam, wies Lea auf den Platz neben sich, den vorher noch Berit mit Beschlag belegt hatte. Die war nun einen Platz weiter gerutscht. Auch Julius hatte es sich bei den Mädchen bequem gemacht. Bis zum Ende dieses Abends saßen sie beisammen und die Gesprächsthemen gingen ihnen nicht aus.
Diese Nacht fiel Ralf erst sehr spät in den Schlaf. Immer und immer wieder ging er in Gedanken die Szenen des heutigen Tages mit Lea Büchner durch. Sie hatte ihn den einzigen Jungen genannt, mit dem man wirklich reden könne und das Tanzen mit ihm hatte ihr augenscheinlich ebenfalls Spaß gemacht. Ob es ihm gelänge, auf der Heimreise im Bus einen Platz neben ihr zu ergattern?
Kapitel 18
Anfang Mai musste Paul erneut nach London. Nun fielen Ralf die Erklärungsversuche schwer. So fragte er nur lapidar, ob Karlchen sie noch einmal für ein paar Tage besuchen kommen dürfe? Er hatte Glück; seine Mutter nickte nur, denn auch sie hatte den drolligen Kerl ins Herz geschlossen. Sie fragte diesmal nicht nach dem Grund seiner Ausquartierung.
Endlich wurde es auch wieder warm genug, um Unternehmungen mit dem Kanu zu machen. Lea zeigte sich sehr daran interessiert, das einmal auszuprobieren. So brach Ralf mit ihr an einem Sommermorgen auf, um in Richtung Rothenhusen zu paddeln. Karlchen schien ebenfalls begeistert zu sein; während der gesamten Tour ließ er kein Auge von den vielen Wasservögeln.
Lea stellte sich beim Paddeln geschickt an, war völlig unkompliziert, ganz anders, als Ralf sich sonst Mädchen vorstellte. Sie hatte auch keinerlei Scheu, sich die Hände schmutzig zu machen oder sich mit ihrer Jeans auf eine nicht ganz saubere, feuchte Holzbank zu setzen. Sie sagte, dass sie dies aus ihrer täglichen Beschäftigung mit den Pferden kenne, da würde man ja auch immer mit Nässe, Schmutz und Dreck in Kontakt kommen.
Das gefiel ihm. Überhaupt, geriet er jedes Mal, wenn sie sich trafen, in eine eigentümliche Aufregung. Bei ihren Mitschülern hieß es bereits, dass sie miteinander gingen, obwohl das nicht wirklich stimmte. Sie hatten sich in der Tat ein wenig angefreundet, aber darüber hinaus war da nichts: Keine Umarmung, kein Händchen-Halten, kein Geknutsche, geschweige denn, noch mehr. Dazu war er viel zu schüchtern, obwohl er sich immer häufiger ausmalte, mit ihr Hand in Hand spazieren zu gehen. Er nahm sich vor - vielleicht schon heute - einen Vorstoß zu wagen.
Die Paddelstrecke kannte er nun schon sehr gut. Unterwegs malte er sich aus, wie er in Rothenhusen, wenn sie das Kanu an die Uferböschung legten und ein wenig m See entlang bummeln würden, sie einfach bei der Hand nähme. Ob sie das zuließe ? Je mehr er daran dachte, desto aufgeregter wurde er, versuchte sich deshalb abzulenken, was misslang; denn Lea saß vor ihm auf der schmalen Sitzbank. Bewundernd fiel sein Blick immer wieder auf ihre langen Haare, ihre Taille, ihren wohlgeformten Po. Meine Güte!
Sie hatte ganz schön Kraft in den Armen und gab sich beim Paddeln keinerlei Blöße. Endlich war es soweit: Als sie in Rothenhusen Karlchen an die Leine nahmen, fragte Lea ihn, ob sie die Leine halten dürfe. »Klar, hier! Aber lass ihn an der vom See abgewandten Seite laufen, sonst springt er womöglich rein und fängt ein Entenküken!«
So marschierten sie los und Ralf, der nun an der Wasserseite ging, machte einen schüchternen Versuch ihre Hand beim Gehen zu berühren. Ein erstes, wie zufälliges Streifen
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