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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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Gesicht!«
       »Töchterchen? Wo hast du denn die Weisheiten her?«
       »Ich bin schließlich auch eine Frau und weiß, was abgeht.« Nadine stierte kauend vor sich hin, wischte sich einen Krümel vom Mundwinkel.
       »Ihr gönnt einem aber auch keine Freude; könnt einem nur alles mies machen!«
       »Ich hab nichts gesagt.«
       »Dein Schweigen, mein Sohn, spricht ebenfalls Bände.«
       »Nein, ich find's prima, wenn du mit diesem Frank einen schönen Abend hattest. Habt ihr euch verabredet?«
       »Jaaa!« Wieder dieser glockenklare Sopran. »Und das schon heute Nachmittag!«
       »Der verliert ja keine Zeit, Hallelujah!« Nadine wurde nun doch etwas wacher. »Und? Holt er dich wieder ab?«
       »Nein, wir treffen uns im Marktcafe und gehen danach ein wenig bummeln.«
       »Hat er schon etwas von sich erzählt? Männer in dem Alter laufen doch normalerweise nicht mehr frei und ungebunden durch die Gegend; es sei denn, er wohnt noch bei Muttern Zuhause.«
       »Nadine...!« Yvonne Jensen musste nun doch herzhaft lachen. »Ich bin ganz erstaunt über deine Lebens-Weisheiten. Mir scheint, dein Jahr allein bei deinem Vater hat dich mehr gelehrt, als ich bisher vermutet habe. Ja, du neugierige Triene, er hat ein wenig von sich erzählt: Nach seinem Medizinstudium war er einige Jahre in Entwicklungshilfeprogrammen tätig: In Afrika, Südamerika und sogar zwei Jahre lang in China! Dort hat er sich zusätzlich in Akupunkturtechniken fortgebildet. Für einen Arzt schon ungewöhnlich. Aber so ist er, der Frank - keineswegs ein klassischer Schulmediziner. Und was dich interessieren wird, Ralf, er ist begeisterter Kanufahrer. Wildwasser fahren ist sein Hobby!«
       »Wow!« Das hatte er schon im Fernsehen immer bewundert. »Scheint ja ein toller Kerl zu sein.«
       »Das kann man wohl sagen. Er mag auch gerne wandern, am liebsten in den Bergen. Hotels braucht er keine; denn er hat ein Wohnmobil.«
       »Klasse! Und hat er Kinder?«
       »Na, dann hätte er ja auch eine Frau...«
       »Kann ja geschieden sein«
    Yvonne Jensen lauschte hingerissen dem Disput ihrer Kinder. »Ja, er hatte tatsächlich eine Frau. Sie ist ihm weggelaufen - sie konnte seine Naturverbundenheit nicht teilen und ist mit einem Manager über alle Berge. Zum Glück hatten sie keine Kinder!«
       »Naja, ich weiß nicht, ob mir so ein Rucksack-Mann gefallen würde. Da würde ich auf Reisen doch lieber in einem Hotel wohnen, statt auf einem Campingplatz.«
       »Nein, Nadine, auf Campingplätzen steht der Frank nie, die sind ihm ein Graus. Er sucht sich einsame Stellen, wo er ganz ungestört inmitten grandioser Natur sein kann. Der Frank ist nämlich ein Romantiker.«
       »Ach, das hast du schon am ersten Abend gemerkt?«
       »Ja, das merkt man als Frau sofort, Nadine. Kann sein, dass die Jungs in deinem Alter die Romantik noch nicht für sich entdeckt haben, aber glaub mir, es gibt nichts Schöneres.«
       »Pah, Romantik! Kerzenlicht und Händchenhalten, das ist doch etwas für Kinder!« Ralf wurde es unbehaglich - er fühlte sich ertappt. Seine Schwester war schon ganz schön cool mit ihren Sprüchen. Er hatte das Händchenhalten schön gefunden. Irgendwie nahmen Nadines Worte gerade den Zauber von seinem Erlebten des gestrigen Tages, von dem er bis eben noch so schön gezehrt hatte.
       »Nadine, ich weiß ja nicht, was du bisher für Erfahrungen mit Jungs gemacht hast. Es wäre schade für dich, wenn du deine erste Liebe so nüchtern und illusionslos erlebt hättest.« Nadine wurde bei den Worten ihrer Mutter ärgerlich, das sah man ihr an, gerade schickte sie sich an, frustriert den Tisch zu verlassen.
       »Nadine, was ist? Hab ich dich verletzt? Das wollte ich nicht. Komm bleib hier!« Ihre Mutter versuchte, sie am Ärmel festzuhalten, doch sie riss sich los. 
       »Pah, Blümchensex, wenn ich das schon höre! So etwas gibt es doch nur im Märchen, nicht im wirklichen Leben! Wach auf, Mutti! Der will mit dir auch nur ins Bett, und dann war es das!«
       »Nadine! Wie kannst du nur so etwas sagen?« Nadine verschwand im Bad, gleich darauf ertönte das laute Prasseln der kräftig aufgedrehten Dusche.
     
    Einen Moment herrschte Schweigen. Dann fasste ihn seine Mutter bei der Hand. »Hör nicht auf sie, Ralf! Liebe ist wunderschön, vor allem die erste, die du gerade erlebst. Und Romantik ist bei der Liebe das Kostbarste. Versprich mir, dass du das deinen Mädchen gegenüber nie vergisst,

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