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Ich war nur kurz bei Paul

Ich war nur kurz bei Paul

Titel: Ich war nur kurz bei Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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ihrer Handrücken aneinander, dann setzte er nach und fasste zaghaft ihre Fingerspitzen - sie zog nicht weg, sondern drehte ihre kleine Hand jetzt in seine und fasste beherzt zu. Donnerbrausend rauschte das Blut in seinen Ohren: Fantastisch - sie zog nicht weg!
    Noch ganz benommen von dieser neuen Erfahrung mochte er Lea zunächst nicht ansehen. Er war noch viel zu aufgeregt.
       Ihre Hand fühlte sich herrlich warm an. Lea schwieg ebenfalls. Endlich fasste er sich ein Herz. »Es ist schön, dass du heute mitgekommen bist.« Ganz rau und fremd erschien ihm seine Stimme.
       »Ja, es hat Spaß gemacht.«
       »Es macht noch immer Spaß!«
       »Ja!« Er drückte dabei ihre Hand zweimal - sie drückte zurück. Er hätte diese Hand am liebsten niemals mehr loslassen mögen, aber an einem schmalen Durchgang half es nichts: Sie musste ihn loslassen, um hindurch zu kommen, fasste ihn daraufhin jedoch gleich wieder bei der Hand. Ihr gefiel es also auch! Ralf jubilierte innerlich; er konnte sich nicht erinnern, sich in seinem   Leben schon einmal so glücklich gefühlt zu haben. Beschwingten Herzens blinzelte er in die Sonne. Dann kam das Gelände des örtlichen Segelvereins mit den lustigen, bunten Holzhäuschen in Sicht. Sie bewunderten die Segelboote an den Stegen und kehrten dann um. Auf der Terrasse des alten Fährhauses Rothenhusen bestellten sie sich einen Eisbecher. Die jungen Leute genossen den herrlichen Frühlingstag, diesen ersten Tag ihrer erblühenden Zuneigung.
     
    Am Abend trennten sie sich nur ungern und zögerlich voneinander. Ralf traute sich nicht, einen Versuch zu unternehmen, Lea zu küssen. Er wusste ehrlich gesagt auch nicht, wie man das anstellte, ohne dass sich ihre beiden Nasen dabei störend ins Gehege kommen mussten. Aber immerhin: Sie versicherten sich gegenseitig mehrfach, wie schön dieser gemeinsame Tag doch gewesen sei. Dann, als ihnen nichts weiter einfiel, was man noch hätte sagen können, stieg Lea schließlich auf ihr Fahrrad und fuhr mit wehenden Haaren winkend nach Hause.
       Beschwingten Herzens eilte Ralf mit Karlchen ebenfalls heim, wo er seine Mutter in Unterwäsche ratlos vor ihrem Kleiderschrank stehen sah. Sie schaute auf, als er in den Flur trat, erkannte sofort das innere Leuchten im Gesicht ihres Sohnes. »Na du freust dich ja wie ein Schneekönig. Was ist passiert?« Er wurde sofort verlegen, wich ihrem Blick aus und nuschelte:
       »Nichts, wir waren paddeln.«
       »Wer ist wir?«
       »Ein Mädchen aus meiner Klasse und ich.«
    Erstaunt sah ihn seine Mutter an. »Jungchen, was ist los? Du mit einem Mädchen aus deiner Klasse? Oho, werden wir langsam erwachsen?«
       »Was du immer gleich denkst.«
       »Ich denke gar nichts, aber wenn du erlaubst; du hast mir noch niemals davon berichtet, dass du mit einem Mädchen etwas zusammen unternimmst. Wie heißt denn die Auserwählte?«
       »Lea«
       »Lea - und wie weiter?« 
       »Lea Büchner«
       »Lea Büchner...« Gedankenverloren ließ seine Mutter den Namen über ihre Zunge rollen, wie um ihn auf seinen Klang hin zu überprüfen. »Glückwunsch! Ich freu mich für dich. Wenn ich dich so anschaue, muss es ein fantastischer Tag für euch gewesen sein.« Sie lachte glucksend. Ralf schwieg verlegen. Warum nur konnte er seiner Mutter gegenüber nichts verheimlichen? Es war wie verhext, sie schien in seinen Gedanken lesen zu können wie in einem offenen Buch.
       »Stell dir vor...«, wechselte sie nun zu seiner Erleichterung das Thema. »Ich bin für heute Abend von einem meiner Kollegen zu einem Konzertbesuch eingeladen worden. Die Hamburger Symphoniker spielen in der Musik- und Kongresshalle. Frank holt mich nachher ab. Was sagst du dazu?«
       »Frank... Frank... und wie weiter?«, imitierte er nun die Worte seiner Mutter von vorhin.
       »Doktor Frank Heise, unser neuer Oberarzt.«
       »Doktor Frank Heise..., so so«, echote Ralf im selben Tonfall seiner Mutter. Da mussten sie beide lachen und umarmten sich innig. Nadine öffnete ihre Zimmertür.
       »Was habt ihr denn? Gibt es etwas zu feiern?«
       »Ja, mein Herz - komm auch zu Mutti!« Sie winkte sie mit ausgestrecktem Arm heran. »Wir beide, dein Bruder und ich, wir sind verliebt!«
       »Mama, das hab ich doch überhaupt nicht gesagt!«
       »Nein, das brauchst du auch nicht; das lässt sich nämlich nicht übersehen!«
       »Wie, mein Bruder ist verliebt? Und du auch?« Nun zeigte sich Nadine überrascht. Sie

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