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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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politische Fragen auf. Wie schicklich ist es, wenn ein Amtsträger lügt? Im nächsten Kapitel wird auf dieses Problem und andere historische Ereignisse eingegangen.

    Fußnoten: | [nächstes Kapitel]

    a. Vielleicht hätten die getesteten Berufsgruppen viel besser abgeschnitten, wenn sie eine Lüge hätten beurteilen sollen, die ihrer Alltagspraxis entsprochen hätte. Möglicherweise wurden die guten Lügenermittler ungeachtet ihrer Vertrautheit mit der Situation bestimmt, während die erfolgreichen Lügenermittler auf ihrem ureigenen Terrain unberücksichtigt blieben. Das ist zwar unwahrscheinlich, lässt sich aber nur durch weitere Forschung ausschließen.| weiter lesen

Zehn
    Lügen in der Öffentlichkeit

    Im letzten Kapitel wurden die Ergebnisse der aktuellen Forschung, gestützt auf die Erfahrungen als Lehrer professioneller Lügenermittler, dargestellt. Dieses Kapitel beruht nicht auf wissenschaftlichen Beweisen, sondern auf persönlichen Einschätzungen. Sie beruhen auf Reflexionen über das Wesen der Lüge und dem Versuch, die wissenschaftlichen Erkenntnisse in einen größeren Zusammenhang zu bringen.

    Oliver Norths Rechtfertigung seiner Lügen

    An einer Stelle seiner Aussage gab Oberstleutnant North zu, er habe ein paar Jahre zuvor den Kongress über die Umleitung des iranischen Fonds an die proamerikanischen Contras in Nicaragua belogen. «Das Lügen fällt mir nicht leicht», sagte er. «Aber wir mussten den Unterschied zwischen Lügen und Leben in die Waagschale werfen.» North zitierte die klassische Rechtfertigung für Lügen, mit der seit Jahrhunderten in der Philosophie argumentiert wird. Was sollte man einem Mann sagen, der eine Waffe in der Hand schwenkt und fragt: «Wo ist dein Bruder? Ich will ihn umbringen.» Dieses Szenario stellt für die meisten von uns kein Dilemma dar. Wir lügen und geben einen falschen Ort an. Oliver North sagte, falls das Leben selbst auf dem Spiel steht, müsse man lügen. Ein etwas prosaischeres Beispiel lässt sich in den Anweisungen erkennen, die Eltern ihren Schlüsselkindern geben, falls ein Fremder an die Tür klopft. Sie sollten nicht sagen, sie seien allein zu Haus, sondern sie sollten lügen und behaupten, Mutter oder Vater würden gerade schlafen.
    In seinem vier Jahre nach der Anhörung vor dem Kongress veröffentlichten Buch beschrieb North seine Gefühle gegenüber dem Kongress. Dabei rechtfertigte er seine Einstellung. «In meinen Augen waren viele Senatoren, Kongressabgeordnete und sogar ihre Mitarbeiter privilegiert, die schamlos den Widerstand in Nicaragua im Stich gelassen hatten, sodass die Contras einem mächtigen und gut ausgerüsteten Feind schutzlos preisgegeben waren. Und jetzt wollten sie mich wegen etwas demütigen, was sie eigentlich selbst getan haben müssten. Ich habe mir nie angemaßt, über dem Gesetz zu stehen, und habe auch nie beabsichtigt, etwas Illegales zu tun. Ich habe immer geglaubt und stehe auch heute noch dazu, dass die Boland-Gesetzesnovellen dem Nationalen Sicherheitsrat nicht untersagten, die Contras zu unterstützen. Selbst die sehr streng formulierten Zusätze enthielten Lücken, die wir nutzten, um sicherzustellen, dass der Widerstand in Nicaragua nicht aufgegeben wurde.»| 1 North gab in seinem Buch zu, im Jahr 1986 Kongressmitglieder irregeführt zu haben, als sie versuchten zu ermitteln, ob er den Contras direkte Hilfe zukommen ließ.
    Norths rationale Erklärung, zum Schutz des Lebens anderer gelogen zu haben, ist nicht gerechtfertigt, weil es erstens nicht sicher ist, dass seine Entscheidung eindeutig gewesen ist. Er behauptete, die Contras würden aufgrund der Boland-Gesetzesnovellen sterben, in denen der Kongress es untersagt hatte, ihnen weitere «tödliche» Hilfe zukommen zu lassen. Doch gab es keinen Konsens unter den Experten, ob die Verweigerung solcher Hilfe wirklich den Tod der Contras bedeutet hätte. Es war ein politisches Urteil, über das die meisten Demokraten und Republikaner heftig stritten. Dies ist nicht zu vergleichen mit der Gewissheit, dass ein Mörder, der seine Tat ankündigt, sie auch tatsächlich vollstreckt.
    Ein zweiter Einwand gegen Norths Behauptung, er habe gelogen, um Leben zu retten, ergibt sich aus der Frage, wen er eigentlich belogen hat. Er hat nicht die Person belogen, die die Absicht kundtat, einen Mord zu begehen. Sollte es zur Tötung von Menschen gekommen sein, wären die Soldaten der nicaraguanischen Armee die Täter und nicht die Kongressabgeordneten. Während die Gegner

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