Ich weiss, dass du luegst
Haus zum Verkauf anbietet.
Schuldbewusstsein für Betrug ist dann am wahrscheinlichsten, wenn das Lügen nicht als legitim erachtet wird. Am stärksten ausgeprägt sollte das Schuldbewusstsein sein, wenn die Zielperson dem Lügner vertraut und nicht damit rechnet, in die Irre geführt zu werden, weil sie davon ausgeht, im Verhältnis zueinander herrsche Ehrlichkeit. Bei solchen opportunistischen Täuschungen werden die Schuldgefühle wegen der Lüge größer sein, wenn die Zielperson mindestens so viel leidet, wie der Lügner gewinnt. Selbst dann wäre nicht viel (oder gar kein) Schuldbewusstsein für den Betrug im Spiel, es sei denn, es gäbe wenigstens ein paar gemeinsame Werte zwischen der Zielperson und dem Lügner. Die Heranwachsende, die vor den Eltern ihren Marihuanakonsum verheimlicht, hat vielleicht kein Schuldbewusstsein, falls sie glaubt, ihre Eltern seien so blöd, Dope für schädlich zu halten -sie also aus Erfahrung weiß, dass deren Urteil falsch ist. Falls sie obendrein glauben sollte, dass ihre Eltern Heuchler sind, weil sie selbst saufen, aber ihr nicht gestatten, die Freizeitdroge ihrer Wahl zu nehmen, wird die Chance noch geringer sein, dass sie ein Schuldbewusstsein für den Betrug entwickelt. Obwohl sie nicht die gleiche Meinung wie ihre Eltern über Marihuana und andere Dinge hat, fühlt sie sich ihnen womöglich dennoch eng verbunden und mag sie. Dann würde sie sich wahrscheinlich schämen, wenn die Eltern ihre Lügen entdecken. Um Scham zu fühlen, muss man Respekt vor denen haben, die die Tat missbilligen. Sonst bringt Missbilligung Wut und Verachtung hervor und nicht etwa Scham.
Lügner fühlen sich weniger schuldig, wenn sie keinen persönlichen Bezug zu ihren Zielpersonen haben oder diese völlig anonym sind. Eine Kundin, die dem Kassierer verheimlicht, dass ihr für eine teure Ware in ihrem Einkaufswagen zu wenig berechnet wurde, wird sich weniger schuldig fühlen, wenn sie den Kassierer nicht kennt. Ist der Kassierer der Besitzer oder gehört zu dessen Familie oder ist der Laden ein kleiner Familienbetrieb, wird sich die Kundin schuldiger fühlen, als wenn das Ganze in der Filiale einer riesigen Supermarktkette passiert. Es fällt leichter, sich in entlastenden Phantasien zu ergehen, wenn die Zielperson anonym ist. Denn dann ist sie nicht wirklich geschädigt, dann ist es ihr ziemlich egal, dann bemerkt sie den Betrug nicht einmal, ja dann verdient sie es oder wünscht sich sogar, in die Irre geführt zu werden.| 13
Häufig verhalten sich Schuldbewusstsein für den Betrug und Furcht vor Entlarvung umgekehrt proportional zueinander. Was die Schuld wegen der Lüge verringert, erhöht die Angst, erwischt zu werden. Werden Täuschungen legitimiert, sollte es weniger Schuldbewusstsein für Betrug geben, dennoch erhöht die gesellschaftliche Billigung normalerweise den Einsatz, was wiederum die Furcht vor Entlarvung erhöht. Weil das Verheimlichen bedeutsam für ihren beruflichen Werdegang -und somit legitimiert - war, strengten sich die Krankenpflegeschülerinnen genügend an, um in meinem Experiment nicht zu versagen. Ihre Furcht vor Entlarvung war groß und ihr Schuldbewusstsein für den Betrug gering. Der Arbeitgeber, der seinen Angestellten verheimlicht, dass er ihn der Unterschlagung verdächtigt, weil er ihn auf frischer Tat ertappen will, empfindet wahrscheinlich große Furcht vor Entlarvung, hat aber nur wenig Schuldbewusstsein für die Täuschung.
Dieselben Faktoren, die das Schuldbewusstsein für den Betrug erhöhen, können auch die Furcht vor Entlarvung verringern. Ein Lügner fühlt sich vielleicht schuldig, eine vertrauensvolle Zielperson irrezuführen, könnte aber weniger Angst haben, von ihr erwischt zu werden, da sie nicht damit rechnet, dass er sie ausnutzt. Natürlich kann es vorkommen, dass eine Person sich einerseits besonders schuldig fühlt, gelogen zu haben, und andererseits große Angst hat, erwischt zu werden. Andere wiederum empfinden beide Regungen nur sehr schwach. Das hängt von den Besonderheiten der Situation, des Lügners und des Lügenermittlers ab.
Manche Leute schwelgen regelrecht in Schuldgefühlen für den Betrug. Ein Teil ihrer Motivation zum Lügen könnte sogar in dem Wunsch bestehen, einen Anlass zu haben, sich für das eigene Tun schuldig zu fühlen. Die meisten Menschen jedoch empfinden ihre Schuld als so belastend, dass sie Mittel und Wege suchen, sie abzuschwächen. Es gibt viele Möglichkeiten, Betrug zu rechtfertigen. So lässt er sich
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