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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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an und behauptete, die Staatsanwälte seien nur willige Opfer. Er gab nicht zu, dass sie sich im Geheimen ausdrücklich darauf verständigt hatten, das Ausmaß seiner kriminellen Taten zu verheimlichen, damit sein Part in der Abmachung aufrechterhalten blieb - und dieses Abkommen schützte sie, solange sie ihn schützten. Da Leuci der Ganovenehre nicht traute, hatte er angeblich sein Geständnis gegenüber den Staatsanwälten auf Band aufgezeichnet. So konnten diese nie behaupten, unschuldig zu sein. Und weil Leuci sie jederzeit wegen Meineides bezüglich seiner Zeugenaussage bloßstellen konnte, war er sich der Loyalität der Strafverfolger stets sicher und genoss deren Schutz vor einer Anklage.
    Was auch immer die Wahrheit im Fall Leuci sein mag, sein Gespräch mit Alan Dershowitz liefert ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie eine bereitwillige Zielperson, die von einer Lüge profitiert, es dem Lügner erleichtert, den Betrug durchzuziehen. Manche Leute sind auch aus weniger boshaften Gründen damit einverstanden, irregeführt zu werden. Wenn es etwa um Höflichkeit geht, erweist sich die Zielperson des Betrugs häufig als entgegenkommend. Die Gastgeberin akzeptiert den frühen Aufbruch des Gastes, ohne allzu genau nach den Gründen zu fragen. Der springende Punkt dabei ist, sich nicht grob zu verhalten, sondern einen Vorwand zu präsentieren, der die Gefühle der Gastgeberin schont. Dabei ist die Zielperson nicht nur willig, sondern in gewisser Hinsicht sogar damit einverstanden, getäuscht zu werden. Deshalb passen die von den Höflichkeitsregeln verlangten Unwahrheiten auch nicht zu meiner Definition des Lügens.
    Eine Romanze ist ein weiteres Beispiel für einen wohlmeinenden Betrug, bei dem die Zielperson an ihrer Irreführung mitwirkt. Beide Parteien tragen dazu bei, die Lügen des jeweils anderen aufrechtzuerhalten. Shakespeare hat geschrieben:

Schwört mir die Liebste, sie sei ganz aus Tugend,
    Weiß ich, sie lügt, und trau ihr doch zum Schein,
    Damit sie glaube, meine keusche Jugend
    Sei fremd in dieser Welt der Heuchelein.
    So eitel, hoffend, dass sie jung mich wähne,
    Die weiß, dass meine beste Zeit entflohn,
    Glaub töricht ich an Liebesschwur und Träne,
    Und beide sprechen wir der Wahrheit Hohn.
    Doch was gesteht sie nicht die Sünden ein?
    Was berg mein Alter ich in Schweigsamkeit?
    Ach, erste Liebespflicht heißt: trau dem Schein,
    Und wer da alt verliebt, spricht nicht von Zeit.
So lüg ich denn, lass mich vom Trug umstricken,
Denn Lug und Trug sind's ja, die uns beglücken.| 15

    Natürlich sind weder alle romantischen Betrügereien so wohlmeinend, noch lassen sich die Zielpersonen immer so widerstandslos aufs Glatteis führen. Man kann von Betrügern keine ehrliche Antwort erwarten, wenn es darum geht, ob ihre Zielpersonen willig sind. Sie neigen schneller dazu, eine Bereitwilligkeit zu erkennen, weil sie sich dann weniger schuldig fühlen. Wenn sie ihrem Opfer das Bekenntnis entlocken können, misstrauisch zu sein, haben sie zumindest teilweise ihren Kopf aus der Schlinge gezogen.
    Ein unfreiwilliges Opfer kann mit der Zeit zu einem willigen Opfer werden, um nicht den Preis für die Entdeckung des Betrugs zahlen zu müssen. Stellen Sie sich die verzweifelte Lage eines Regierungsbeamten vor, in dem der Verdacht zu reifen beginnt, seine Geliebte, der er geheime Informationen über seine Arbeit anvertraut hat, könnte eine Spionin sein. Ein Personalchef kann auf ganz ähnliche Weise zum willfährigen Opfer eines betrügerischen Bewerbers werden, sobald der neue Mann eingestellt ist, statt sein eigenes Fehlurteil einzugestehen. Roberta Wohlstetter beschreibt zahlreiche Beispiele, in denen Staatschefs zu willfährigen Opfern ihrer Gegenspieler wurden - Chamberlain war kein Einzelfall. «In all diesen Fällen, wo ein Irrtum trotz zunehmender und manchmal ziemlich offensichtlicher Beweise lange Zeit anhielt, spielen liebgewonnene Ansichten und tröstliche Annahmen über die Ehrlichkeit des potenziellen Gegenspielers und die vermeintlich mit ihm geteilten Interessen eine bedeutsame Rolle. Ein Widersacher muss dem Opfer vielleicht nur ein wenig nachhelfen, denn es wird dazu neigen, eine plausible Erklärung für einen eher bedrohlich erscheinenden Schachzug zu finden.»| 16
    Zusammengefasst ist das Schuldbewusstsein für Betrug am größten, wenn

die Zielperson unfreiwillig hineingezogen wird,
der Betrug vollkommen selbstsüchtig ist und das Opfer nicht von der Irreführung profitiert und genauso

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