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Ich weiss, dass du luegst

Ich weiss, dass du luegst

Titel: Ich weiss, dass du luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ekman
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viel oder mehr verliert, als der Lügner gewinnt,
der Betrug legitimiert wird, und die Situation so beschaffen ist, dass Ehrlichkeit gefordert ist,
der Lügner schon lange keinen Betrug mehr inszeniert hat,
der Lügner und die Zielperson die gleichen sozialen Werte gemeinsam haben,
der Lügner das Opfer persönlich kennt,
das Opfer nicht einfach als gemein oder allzu gutgläubig abgetan werden kann,
die Zielperson allen Grund hat, mit einer Irreführung zu rechnen; wenn im Gegenteil der Lügner etwas getan hat, um seine Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

    Die Freude an der Überlistung

    Bis jetzt habe ich nur negative Gefühle besprochen, die erregt werden, wenn jemand lügt: die Angst, erwischt zu werden und sich schuldig zu fühlen, weil man das Opfer irregeführt hat. Aber beim Lügen können auch positive Gefühle ins Spiel kommen. So wird die Lüge vielleicht als ein Erfolg betrachtet -was sich gut anfühlt. Der Lügner findet womöglich die damit verbundene Herausforderung oder den Akt des Lügens selbst spannend, da er sich seines Erfolgs noch nicht sicher sein kann. Anschließend genießt er das Vergnügen, das mit der Erleichterung, dem Stolz auf das Erreichte oder mit der selbstgefälligen Verachtung für die Zielperson einhergeht. Freude an der Überlistung meint all diese Gefühle, und jedes von ihnen kann, sofern es nicht verheimlicht wird, den Betrug offenbaren. Ein harmloses Beispiel dafür lässt sich beobachten, wenn man einem gutgläubigen Freund scherzhaft einen Bären aufbindet. Der Spaßvogel muss seine Freude verheimlichen, obwohl sein Auftritt zum großen Teil denen gilt, die sich daran ergötzen, wie wunderbar sich die gutgläubige Person aufs Glatteis führen lässt.
    Die Freude an der Überlistung kann in ihrer Stärke variieren. Es kommt vor, dass sie überhaupt nicht vorhanden oder eher unbedeutend ist im Vergleich zur empfundenen Furcht vor Entlarvung. Oder der Spaß an der Überlistung kann so groß sein, dass die eine oder andere Verhaltensweise durchsickert, die als Anhaltspunkt für das Vergnügen dienen kann. Bisweilen gestehen Betrüger ihre Tat, um ihre Freude, jemanden hinters Licht geführt zu haben, mit anderen zu teilen. Es gibt Fälle, wo Kriminelle ihr Verbrechen Freunden, Fremden und sogar der Polizei enthüllt haben, damit man sie respektierte und dafür bewunderte, dass sie so schlau gewesen waren, einen bestimmten Betrug bewerkstelligen zu können.
    Wie Bergsteiger oder Schachspieler haben manche Lügner nur Spaß an der Sache, wenn sie dabei riskieren, etwas zu verlieren. Als ich in den frühen 1950er Jahren an der University of Chicago studierte, war es Mode, Bücher aus der Universitätsbuchhandlung zu stehlen. Für jeden neuen Studenten war das fast so etwas wie ein Aufnahmeritual. Normalerweise ging es nur um ein paar Bücher, und wer es geschafft hatte, wurde überall herumgereicht und erntete Anerkennung. Das Schuldbewusstsein für den Betrug hielt sich in Grenzen. Innerhalb der Studentenkultur war man der Ansicht, dass ein Universitätsbuchladen als Kooperative geleitet werden sollte, da aber das Geschäft auf Profit ausgerichtet war, habe es diese Art von Missbrauch verdient. Die privaten Bücherläden in der Umgebung blieben unangetastet. Angst davor, erwischt zu werden, hatte man kaum, weil es keine Sicherheitsmaßnahmen im Buchladen gab.
    Nur ein einziger Student wurde während meiner Zeit dort ertappt - sein Spaß an der Überlistung hatte ihn verraten. Bernard genügte die Herausforderung nicht, die mit den üblichen Diebstählen verbunden war. Sein Stolz verlangte eine Erhöhung des Risikos. Er wollte seine Verachtung gegenüber dem Buchladen deutlich machen und sich die Bewunderung seiner Mitstudenten verdienen. Deshalb stahl er nur die großen Kunstbände, die sehr schwer zu verbergen waren. Nach einer Weile wurde ihm diese Masche langweilig, sodass er den Einsatz erhöhte, indem er drei oder vier Kunstbücher auf einmal mitgehen ließ. Aber auch das war ihm noch zu einfach.
    Er fing an, die Verkäufer zu verspotten, indem er mit seiner Beute unterm Arm an der Kasse stehen blieb und keine Anstalten machte, die Bücher zu verbergen. Er stachelte die Verkäufer an, ihn darauf anzusprechen. Das reine Vergnügen an der Überlistung motivierte ihn zusehends, sein Schicksal herauszufordern. Die in seinem Verhalten erkennbaren Anzeichen für seine Freude an der Irreführung waren zum Teil dafür verantwortlich, dass man auf ihn aufmerksam wurde. Als man ihn

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