Ich weiss, dass du luegst
es um die vorsätzlichen und falschen Gesichtszüge, die unter anderem dazu genutzt werden, andere Menschen irrezuführen. Außerdem werden die unwillkürlichen, spontanen und emotionalen Ausdrucksweisen untersucht, die trotz der Bemühung des Lügners gelegentlich Gefühle durchsickern lassen.
Studien über Patienten mit unterschiedlichen Gehirnschäden zeigen auf dramatische Weise, dass willkürliche und unwillkürliche Gesichtszüge mit unterschiedlichen Hirnregionen verknüpft sind. Ist der Teil des Gehirns betroffen, der «pyramidales System» genannt wird, sind Patienten nicht in der Lage zu lächeln, wenn man sie darum bittet, lächeln jedoch, wenn sie einen Witz hören oder sich auf andere Art und Weise amüsieren. Das umgekehrte Muster gilt für Patienten, bei denen eine andere, nichtpyramidale Hirnregion geschädigt ist. Sie können zwar willkürlich lächeln, aber zeigen eine starre Miene, wenn sie fröhlich sind. Patienten mit einer Schädigung des pyramidalen Systems - die vorsätzlich keine Gesichtszüge zeigen können - sollten eigentlich nicht in der Lage sein, mit dem Gesicht zu lügen, denn weder können sie einen Gesichtsausdruck unterdrücken noch eine Mimik vortäuschen. Patienten mit geschädigtem nichtpyramidalem System - die keinen Ausdruck zeigen, obwohl sie tatsächlich Emotionen empfinden - sollten eigentlich sehr gute Lügner sein, da sie keinen wahren, empfundenen emotionalen Ausdruck unterdrücken müssen.| 1
Die unwillkürlichen emotionalen Ausdrucksformen im Gesicht sind ein Produkt der Evolution. Viele menschliche Gesichtsausdrücke ähneln denen von Primaten. Einige der Ausdrücke von Emotionen, darunter zumindest Glück, Angst, Wut, Ekel, Traurigkeit und Verzweiflung, sind universell. Sie gelten unabhängig von Alter, Geschlecht, Rasse oder Kultur für alle Menschen.| 2 Diese Gesichtsausdrücke sind die ergiebigste Informationsquelle für Emotionen, da sie auch die feinen Nuancen der aktuellen Gefühlslage preisgeben. Das Gesicht offenbart die individuelle emotionale Erfahrung, wie sie nur der Dichter in Worte fassen kann. Das Gesicht kann zeigen,
welche Emotion empfunden wird: Wut, Angst, Traurigkeit, Ekel, Verzweiflung, Glück, Zufriedenheit, Aufregung, Überraschung und Verachtung: All diese Emotionen lassen sich durch unverwechselbare Ausdrücke vermitteln;
ob zwei Emotionen miteinander vermischt werden - häufig ist das der Fall, und das Gesicht zeigt Elemente von beiden;
die Stärke der empfundenen Emotion: Jede Emotion variiert in ihrer Intensität: von Verärgerung bis zur Tobsucht, von Furcht bis zum Terror.
Wie bereits erwähnt, ist das Gesicht nicht nur ein unwillkürliches emotionales Signalsystem. In den ersten Lebensjahren lernt ein Kind einige dieser Gesichtsausdrücke zu kontrollieren, wahre Gefühle zu verbergen und emotionale Ausdrucksweisen vorzutäuschen, die nicht wirklich empfunden werden. Eltern bringen ihren Kindern indirekt bei, ihre Gesichtsausdrücke zu kontrollieren, oder indem sie ihnen explizit sagen: «Schau mich nicht so böse an», «Nun freu dich aber, wenn dir deine Tante etwas schenkt», «Schau nicht so gelangweilt drein.» Durch ihre Erziehung lernen Menschen die Darstellungsregeln so gut, dass sie zu eingefleischten Gewohnheiten werden. Nach gewisser Zeit funktionieren die Darstellungsregeln für den emotionalen Ausdruck ganz automatisch und modulieren die Mimik ohne bewusste Entscheidung. Und selbst wenn sich Menschen ihrer Darstellungsregeln bewusstwerden, ist es nicht immer möglich und mit Sicherheit nie leicht, sie zu ignorieren. Sobald eine Gewohnheit erst einmal etabliert ist und automatisch, also unbewusst, funktioniert, ist es schwer, sie rückgängig zu machen. Ich glaube, dass es das Schwierigste überhaupt ist, diese Gewohnheiten, Emotionen mit ihren Darstellungsregeln auszudrücken, aufzugeben.
Es sind die kulturell unterschiedlichen Darstellungsregeln, die für den Eindruck des Reisenden verantwortlich sind, Gesichtsausdrücke seien nicht universell. So stellte ich fest, dass Japaner beim Betrachten gefühlsbetonter Filme sich nicht anders verhielten als Amerikaner, die dieselben Filme sahen -allerdings nur, wenn die Japaner allein waren. War eine andere Person anwesend, womöglich noch eine Autoritätsperson, folgten die Japaner im Vergleich zu den meisten Amerikanern viel eher den Darstellungsregeln, die sie dazu veranlassten, jeden Ausdruck negativer Emotionen mit einem höflichen Lächeln zu kaschieren.| 3
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