Ich weiss, dass du luegst
schließlich enden lässt.
Manche Menschen sind eindeutig empfänglicher für emotionale Lauffeuer als andere. Jemand, der von diesen starken Emotionen ergriffen ist, richtet ungerecht über andere Menschen, denn er glaubt nur an das, was ihm zu schlechteren Gefühlen verhilft.
Der Fehler, die Wahrheit zu bezweifeln - eine Täuschung zu sehen, wo es keine gibt - erfordert kein emotionales Lauffeuer, eine eifersüchtige Person oder einen Jago. Man vermutet eine Täuschung, weil sie eine ansonsten widersprüchliche Welt einleuchtend und sinnvoll erklärt. Ein Mann, der 28 Jahre bei der CIA angestellt war, schrieb: «Als kausale Erklärung ist Betrug im Wesentlichen befriedigend, weil er so ordentlich und rational ist. Wenn keine anderen überzeugenden Erklärungen zur Verfügung stehen (weil vielleicht die Phänomene, die wir zu erklären versuchen, in Wirklichkeit durch Fehler, durch das Versäumnis, Befehle zu befolgen, und durch andere unbekannte Faktoren verursacht wurden), bietet der Betrug eine bequeme und angenehme Erklärung. Sie ist bequem, weil Nachrichtendienstler im Allgemeinen für Betrug sensibilisiert sind. Die Aufdeckung lässt häufig auf eine anspruchsvolle, tiefgreifende Analyse schließen. Es ist leicht, ihr zu glauben, weil fast jeder Beweis so hingebogen werden kann, dass er die Betrugshypothese bestätigt. Man könnte in der Tat folgendermaßen argumentieren: Sobald Betrug als ernsthafte Möglichkeit ins Spiel gebracht wurde, wird diese Hypothese gegen eine Überprüfung nahezu immun.»| 4
Diese Beobachtungen lassen sich auf einen viel größeren Bereich anwenden als nur auf Geheimdienst und Polizeiarbeit. Selbst wenn es bedeutet, das eigene Kind, ein Elternteil, Freund oder Liebhaber habe das Vertrauen des Lügenermittlers missbraucht, kann er den Bezweifeln-der-Wahrheit- Fehler begehen und fälschlicherweise Betrug vermuten, weil diese Annahme das Unerklärliche erklärt. Hat man einmal damit angefangen, filtert die vorgefasste Meinung, der geliebte Mensch lüge, Informationen heraus, die eine Überprüfung der Hypothese verhindern.
Lügenermittler sollten sich bemühen, sich ihrer eigenen vorgefassten Meinungen über den Verdächtigen bewusstzuwerden. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: die Persönlichkeit des Lügenermittlers, emotionales Lauffeuer, Informationen von anderen, gemachte Erfahrungen, Stress am Arbeitsplatz, ein Bedürfnis, die Unsicherheit zu verringern. Wenn der Lügenermittler seine bestehenden Meinungen über den Verdächtigen ausdrücklich erkennt, hat er die Chance, Dinge nicht nur so zu interpretieren, dass sie seine Meinung bestätigen. Zumindest erkennt der Lügenermittler, dass er viel zu sehr das Opfer seiner Vorurteile ist, um seinen Einschätzungen zu vertrauen, ob ein Verdächtiger lügt oder nicht.
Der Lügenermittler muss sich bemühen, die Möglichkeit zu berücksichtigen, dass das Anzeichen einer Emotion kein Täuschungshinweis ist, sondern ein Hinweis darauf, wie sich eine ehrliche Person fühlt, wenn sie der Lüge bezichtigt wird. Ist das Anzeichen für eine Emotion ein Gefühl, das zum Akt des Lügens gehört, oder eine Reaktion auf die falsche Anklage oder das falsche Urteil? Der Lügenermittler muss einschätzen können, welche Emotionen bei einem speziellen Verdächtigen wahrscheinlich ins Spiel kommen. Das gilt sowohl für die Empfindungen bei einer Lüge als auch, was genauso wichtig ist, für die Emotionen einer ehrlichen Person. So wie nicht alle Lügner jedes denkbare Gefühl beim Akt des Lügens haben, werden auch nicht alle ehrlichen Personen jede Regung zeigen, die aufkommen kann, wenn man verdächtigt wird. Im dritten Kapitel wurde erklärt, wie man die Wahrscheinlichkeit einschätzt, ob ein Lügner Furcht vor Entlarvung, Schuldbewusstsein für den Betrug oder Freude am Überlisten empfindet. Im Folgenden wird dargestellt, wie der Lügenermittler einschätzen kann, welche Emotionen in einer ehrlichen Person erregt werden, die der Lüge bezichtigt wird.
Weiß der Lügenermittler etwas über die Persönlichkeit des Verdächtigen, kann er einschätzen, welche Gefühle dieser hat. In diesem Kapitel wurde bereits beschrieben, dass der Lügenermittler den Verdächtigen kennen sollte, um die Irrtümer zu vermeiden, die auf ersten Eindrücken beruhen. Bei einer ersten Begegnung kann man nicht die individuellen Unterschiede im Verhalten berücksichtigen, die Täuschungshinweise sein können. Jetzt werden weitere Kenntnisse über den
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