Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast
solche Enthüllungen musste sie sich inzwischen keine Sorgen mehr machen. Helen gestattete sich ein zufriedenes Lächeln. Sollten sich ihre Nachbarinnen doch die Mäuler über sie zerreißen – solange purer Neid auf ihr Aussehen, ihren Erfolg und ihr Glück dahintersteckte, hatte sie nichts dagegen. Insgeheim waren sie doch alle stolz darauf, mit dem Future Star von Channel Five unter einem Dach zu leben, sodass etwas von dem Glamour, der sie umgab, auf ihre eigenen langweiligen Leben abfärbte. Und heute konnte keine mehr mit dem Finger auf sie zeigen und behaupten, sie müsste sich ihre Klamotten im Secondhandladen kaufen.
Ihr Umzug in die Apartmentanlage war die bisher einschneidendste Veränderung ihres Lebens gewesen. Selbst Elsa war tief beeindruckt gewesen.
»Hey, wir könnten doch zusammenziehen, was meinst du?«, hatte sie vorgeschlagen. »Ich würde einen Teil der Miete übernehmen und wir könnten uns mit dem Kochen und der Hausarbeit abwechseln.«
Der Vorschlag war so lächerlich gewesen, dass Helen einen Augenblick lang die Worte gefehlt hatten.
Schließlich hatte sie entschieden den Kopf geschüttelt und »Vergiss es!« gesagt. Als sie den besorgten Blick ihrer Mutter bemerkte, hatte sie hastig hinzugefügt: »Es ist ja auch nur eine Ein-Zimmer-Wohnung, und ich habe durch meinen Job einen ziemlich chaotischen Tagesablauf, der ganz anders ist als deiner. Ich komme abends spät nach Hause und muss morgens länger schlafen. Und wenn wir beide gleichzeitig von zu Hause wegziehen, wer hilft Mom dann mit den Kleinen?«
»Mach dir keine Sorgen, Elsa.« Ihre Mutter hatte ihrer älteren Tochter den Arm um die enttäuscht nach unten hängenden Schultern gelegt. »Helen bleibt ja in der Stadt, sie kann uns also jederzeit besuchen. Deine Zeit wird auch kommen. Früher oder später verlassen alle Vögelchen ihr Nest.«
Der glühende Neid, der in den Augen ihrer Schwester aufgeglommen war, hatte Helen mit schuldbewusster Genugtuung erfüllt.
»Du könntest es dir sowieso nicht leisten, Elsa«, hatte sie gesagt. »Die Mieten im Four Seasons sind ganz schön hoch.«
Und jetzt bin ich hier, dachte sie und schwamm langsam in Rückenlage weiter. Genau da, wo ich immer hinwollte.
Das Four Seasons war die erste Apartmentanlage gewesen, die sie besichtigt hatte, und in dem Moment, in dem sie sie gesehen hatte – verheißungsvoll wie ein Märchenschloss mit großzügig geschnittenen, luxuriösen Wohnungen, dem riesigen Pool, der gepflegten Grünanlage und den gut aussehenden, reichen jungen Menschen, die ihre Nachbarn werden würden –, hatte sie gewusst, dass dies die Erfüllung ihrer Träume war.
»Barry wird hin und weg sein«, hatte sie sich gesagt und recht behalten. Der ungläubige Ausdruck auf seinem Gesicht, als sie ihm das erste Mal ihr lavendelfarben gestrichenes Apartment zeigte, hatte jede von Elsas gemeinen Bemerkungen wettgemacht.
»So wohnt man also als Future Star!«, hatte er scherzhaft, aber sichtlich beeindruckt gerufen und sie plötzlich mit einem ganz neu erwachten Interesse angesehen. Helen Rivers kam vielleicht im Unterschied zu ihm nicht aus einer »guten« Familie, aber sie war definitiv kein Niemand mehr.
Helen glitt langsam bis ans Ende des Pools, wo Collie auf sie wartete. Er saß am Beckenrand, hatte die Beine angezogen und die Arme auf den Knien abgelegt, von denen immer noch Wasser perlte.
»Du bist mit Abstand die lahmste Ente, mit der ich je um die Wette geschwommen bin«, zog er sie auf.
»Wenn ich darauf aufmerksam machen darf: Dies ist ein ziemlich langer Pool.«
Wohlwissend, wie vorteilhaft ihr nasses Haar ihr Gesicht einrahmte und wie gut sie in dem knappen blauen Bikini aussah – besser als jede andere Frau hier –, lächelte sie zu ihm auf. Natürlich war sie Barrys Freundin, aber es konnte nicht schaden, auch noch von anderen Männern bewundert zu werden.
»Siehst du dir später die Nachrichten auf Channel Five an? Die ›lahme Ente‹ ist nämlich heute wieder mit dem Wetter dran …«, sagte sie mit gekonntem Augenaufschlag.
»Heute Abend nicht, nein.« Collie verzog keine Miene und machte auch keine Anstalten, ihr aus dem Wasser zu helfen. »Ich habe schon etwas anderes vor.«
»Was denn?«
»Ein Date.«
»Echt?« Gegen ihren Willen klang sie überrascht und setzte dann verlegen hinzu: »Ich meine … also ich wollte damit nicht andeuten, dass ich das irgendwie verwunderlich finde. Ich dachte nur …«
»Was? Dass ich ein einsamer Wolf bin, der froh ist,
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