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Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast

Titel: Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Duncan
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wenn er mal den Lückenbüßer für eine junge Frau spielen darf, deren Freund mit einer Schussverletzung im Krankenhaus liegt?«, entgegnete er scherzend, aber der Ausdruck in seinen dunklen Augen blieb ernst.
    »Nein, ich …« Helen spürte, wie sie rot wurde, obwohl sie, wenn sie ehrlich war, genau das gedacht hatte. »Ich war nur überrascht, dass du schon jemanden kennengelernt hast. Ich meine, du bist doch erst vor knapp einer Woche hier eingezogen.«
    »Falls es dir noch nicht aufgefallen ist – es gibt auf der Welt noch ein paar andere Mädchen außer denen, die im Four Seasons residieren«, entgegnete Collie. »Und das Mädchen, mit dem ich heute Abend verabredet bin, habe ich sogar noch vor dir kennengelernt.«
    »Ach so«, entgegnete Helen. »Das wusste ich nicht.«
    »Du weißt eine ganze Menge nicht«, sagte Collie leise. »Du weißt zum Beispiel nicht, was ich tue, wenn ich nicht mit dir zusammen bin, woher ich komme, wofür ich mich interessiere, was ich denke oder welche Kurse ich diesen Sommer belegen will. Du weißt nicht, wo ich gearbeitet habe, wie ich lebe, oder wer die Menschen sind, die mir etwas bedeuten. Seit dem Tag, an dem wir uns kennengelernt haben, haben wir uns nur über ein einziges Thema unterhalten: über dich . Und über deinen großartigen Barry natürlich.«
    »Du hast wohl recht«, murmelte Helen beschämt. »Aber deswegen musst du mich doch nicht gleich als … keine Ahnung … als egozentrisches Miststück darstellen.«
    »Das hast du gesagt, nicht ich.«
    In seinem Gesicht lag noch nicht einmal die Andeutung eines Lächelns, und plötzlich wurde Helen klar, dass sie ihn, seit sie ihn kannte, noch fast kein einziges Mal hatte lächeln sehen. Collies Miene war düster und ernst, als hätte er Dinge erlebt und gesehen, die nicht immer angenehm gewesen waren.
    »Du bist zweifellos so ziemlich das bestaussehende Mädchen, das ich je kennengelernt habe«, fuhr er nun fort. »Aber außer dir gibt es noch jede Menge anderer Menschen auf diesem Planeten. Vielleicht versuchst du mal, sie wahrzunehmen. Ein paar von ihnen sind die Mühe wert, sie kennenzulernen«, sagte er beinahe schroff und hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger an. »Ich zum Beispiel. Du müsstest nur ein bisschen genauer hinschauen. Mir Fragen stellen. Aufmerksam zuhören, wenn ich antworte. Vielleicht würdest du dann herausfinden, dass ich ein paar Dinge zu sagen habe, die dich interessieren würden. Ich könnte schon bald einen wichtigeren Platz in deinem Leben einnehmen, als du es im Augenblick für möglich hältst.«
    Ohne auf eine Erwiderung von ihr zu warten, stand er auf.
    »Bis dann«, sagte er so laut, dass seine Stimme mit Sicherheit bis ans andere Ende des Pools zu hören war. »Ich muss mich für mein Date fertig machen – ein sehr intelligentes Mädchen, das noch dazu wirklich unglaublich nett ist. Ich will mich auf keinen Fall verspäten!«
    Helen hielt sich am Poolrand fest und starrte ihm sprachlos hinterher. Hätte ein kleiner süßer Welpe ihr in die Hand gebissen, sie hätte nicht fassungsloser sein können.
    Und ich dachte, Collie wäre so etwas wie ein Freund. Sie blinzelte verwirrt. Wie kann er nur so gemein sein!
    Plötzlich hörte sie spöttisches Gelächter. Als sie sich umdrehte, sah sie die Lehrerin in Gesellschaft ihrer Mitbewohnerin sitzen. Die beiden sahen zu ihr rüber und ergötzten sich an ihrem verdatterten Gesicht.
    In Helen stieg eine unglaubliche Wut auf. Das ist pure Absicht gewesen. Er wollte mich bloßstellen. Dieser … dieser Scheißkerl!
    »Das hast du gesagt, nicht ich.« Sie biss die Zähne aufeinander, als das Echo seiner Worte in ihrem Kopf widerhallte. Am liebsten wäre sie hinter ihm her die Treppe hochgerast und hätte ihn zur Rede gestellt.
    Aber das ging nicht, weil es so aussehen würde, als liefe sie ihm hinterher. Ihr würde nichts anderes übrig bleiben, als das Gesicht zu wahren, ein paar weitere Bahnen zu ziehen und sich danach noch ein bisschen mit den Leuten am Pool zu unterhalten, als würde Collie Wilson ihr nicht das Geringste bedeuten. Was ja auch der Wahrheit entsprach.
    Nur – wer war dieses ach-so-nette Mädchen, das er vor ihr kennengelernt hatte? Und wie gut kannte er sie?

SECHZEHN
    Mrs James räumte nach dem Essen das Geschirr in die Spülmaschine und schenkte sich noch eine Tasse Kaffee ein, bevor sie ins Wohnzimmer ging.
    Es war ein wunderbarer Abend. Durch die geöffneten Fenster wehte eine sanfte Frühlingsbrise in den Raum, die den noch

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