Ich will doch nur küssen
Festnetztelefon. Ich sollte also eine Weile meine Ruhe haben.«
Kate nickte. »Das freut mich zu hören.«
»Übrigens: Es gibt Neuigkeiten«, verkündete Faith, um einen neuerlichen Themenwechsel einzuleiten, und rückte ihren Stuhl etwas näher an den ihrer Freundin heran.
Kate liebte Klatsch so sehr wie Faith ihren Latte macchiato. Sie rutschte ebenfalls näher. »Erzähl.«
Faith spielte mit ihrem leeren Becher. »Die Gerüchte stimmen. Ich war vorhin oben bei unserem alten Haus, und rate mal, wen ich dort getroffen habe!«
»Wen?« Kate starrte sie neugierig an. »Die Mädels von Babs’ Schönheitssalon rätseln schon seit Wochen, wer es sein könnte. Sie haben sogar Wetten laufen. Aber der für den Verkauf zuständige Makler hat sich vertraglich zum Schweigen verpflichtet. Man weiß nur, dass der Käufer eine große Firma vorgeschoben hat.«
»Es ist Ethan«, flüsterte Faith und zerdrückte vor Aufregung den Becher in ihrer Hand.
»Is nich wahr!«
Faith grinste. »Du klingst genau wie deine Schüler.« Kate unterrichtete an einer Mittelschule.
»Ernsthaft? Er ist zurück? Wie sieht er aus? Hat er sich an dich erinnert?«
»Er sieht toll aus, er hat noch immer diese leicht melancholische und geheimnisvolle Ausstrahlung, und ja, er hat sich an mich erinnert.« Faiths Körper kribbelte allein bei dem Gedanken daran.
»Oh mein Gott!«, quietschte Kate.
»Pssst, nicht so laut!«
»Okay. Tut mir leid.« Kate wickelte sich den langen Pferdeschwanz um den Zeigefinger und betrachtete Faith, als wüsste sie, woran diese gerade dachte.
Was natürlich auch der Fall war.
Die Motorradfahrt.
Der Kuss.
Ethans Versuch, weiterzugehen.
Wie sehr wünschte Faith, sie hätte ihn gewähren lassen! Sie schauderte.
Schon mit sechzehn hatte Faith ihrer besten Freundin jedes Detail von ihrem kurzen Intermezzo mit Ethan erzählt, und jetzt, mit sechsundzwanzig, tat sie dasselbe. Sie flüsterte ihr alles ins Ohr, jedes noch so kleine Detail.
Während sie sprach, flatterten die Schmetterlinge in ihrem Bauch, ein Gefühl, das sie bislang nur bei Ethan erlebt hatte. Damals in der Highschool war das Flattern nicht so ausgeprägt gewesen, und sie hatte seine Bedeutung auch nicht verstanden. Wenn sie aber jetzt an ihre heutige Begegnung zurückdachte, verspürte sie ein heißes Verlangen, das sie sehr wohl zu deuten wusste.
»Ich habe im Sommer nach unserem Schulabschluss das letzte Mal von ihm gehört«, erinnerte sich Kate.
Faith nickte. »Nachdem er zusammen mit dem Sohn der Picklers und ein paar anderen Hohlköpfen festgenommen worden war, weil sie zum Spaß ein Auto geknackt hatten, um damit ein bisschen durch die Gegend zu kurven. In derselben Nacht sind seine Eltern bei diesem fürchterlichen Verkehrsunfall ums Leben gekommen.«
»Stimmt. Sie waren auf dem Weg zur Polizeiwache gewesen, um eine Kaution für Ethan zu hinterlegen.«
Bei dieser grauenhaften Erinnerung schauderte Faith und legte die Arme um sich, wie sie es schon damals getan hatte. Heute hatte sie den Schmerz in seinen Augen gesehen und wusste, dass er sich noch immer für die Tragödie verantwortlich fühlte.
Faith war am Boden zerstört gewesen, als sie davon erfahren hatte. Ethan und seine Brüder hatten ihr von Herzen leidgetan. Faith mochte zwar ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter gehabt haben, und daran hatte sich bis heute nicht viel geändert, aber die Vorstellung, die eigenen Eltern so jung zu verlieren, war für sie schrecklich gewesen. Der Richter hatte Mitleid mit Ethan gezeigt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt, um ihm eine zweite Chance zu geben. Aber Ethan war verschwunden und hatte seine Brüder zurückgelassen.
»Leben seine Brüder noch in der Stadt?«, fragte Faith.
»Ja, sowohl Nash als auch Dare sind nach wie vor hier«, bestätigte Kate. »Es geht beiden gut. Sie haben ein recht enges Verhältnis zueinander, wenn man bedenkt, dass sie in verschiedenen Pflegefamilien in unterschiedlichen Stadtteilen aufgewachsen sind.«
»Ob sie wohl mit Ethan in Kontakt stehen?«
»Keine Ahnung.« Kate zuckte die Achseln.
Sie schwiegen eine Weile und hingen ihren Gedanken nach.
»Zwischen dir und Ethan ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, hm?«, meinte Kate schließlich.
»Den kann ich jetzt in meinem Leben wirklich nicht brauchen.« Aber bei dem Gedanken an ihn krümmte sie unwillkürlich die Zehen.
»Aber vielleicht würde er dir ganz guttun. Du musst wieder anfangen, dich mit Männern zu verabreden. Aber
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