Ich will doch nur küssen
Ethan. Sie sind ein böser Junge.«
»Ich war ein böser Junge«, verbesserte er sie zum x-ten Mal.
»Wann Sie kaufen endlich ein paar Möbel?«, wollte sie wissen. »Ich kann nicht immer nur Böden putzen und leere Regale abstauben.«
»Sie könnten noch die Wäsche machen und ein paar Lebensmittel einkaufen«, erinnerte er sie, um sie ein wenig von ihrem hohen Ross herunterzuholen.
Aber sie hatte recht; wenn er sich hier zu Hause fühlen wollte, musste er die Villa einrichten. Und zwar nicht nur mit irgendwelchen Möbeln, sondern mit Dingen, die seinen Geschmack reflektierten, seinen Stil. Das Haus sollte nicht länger ein leeres Wahrzeichen dieser Stadt sein.
Ich möchte ein Geschäft für Raumausstattung und Wohndesign eröffnen , hatte Faith ihm erzählt. Er brauchte eine Raumausstatterin – und vielleicht auch jemanden, der ihn nicht aus ganzem Herzen hasste. Hm. Wie es aussah, führten alle Wege zurück zu Faith Harrington.
War das nun Zufall?
Oder Glück?
Beides, dachte er kopfschüttelnd. Ihre Heimatstadt hieß wohl nicht umsonst Serendipity, also »glücklicher Zufall«.
Er konnte zwar nicht abschätzen, ob Faith überhaupt einen Auftrag von ihm annehmen würde, aber nun hatte er zumindest einen guten Grund, sie wiederzusehen. Er brauchte sie, und das hatte rein gar nichts mit erotischer Ausstrahlung und dergleichen zu tun.
Zumindest musste er sich das einreden.
Kapitel 3
Über einer Bar zu wohnen war für einen guten Schlaf nicht gerade förderlich. Faith fühlte sich wie gerädert, als sie erwachte, denn sie hatte wegen der lauten Musik bis ein Uhr nachts kein Auge zugetan. Aber sie hatte nicht allzu viele Wahlmöglichkeiten gehabt, als sie sich für diese Wohnung entschieden hatte. Die einzige erschwingliche Alternative wäre gewesen, bei ihrer Mutter einzuziehen, und da wohnte sie hundert Mal lieber über einer Bar. Sie hatte sich an die Polizeisirenen und das ständige Gehupe der Autos in New York City gewöhnt, und sie würde sich früher oder später auch an den Krach aus Joe’s Bar gewöhnen.
Nach einer raschen Dusche stand sie vor ihrem Kleiderschrank und überlegte, was sie anziehen sollte. Er quoll über vor Seidenblusen und edlen Tops, Designerjeans, Designershorts und Designerröcken. Sie besaß ausschließlich hochhackige Schuhe, und die meisten davon hatten die verräterischen roten Sohlen von Christian Louboutin. Carrie Bradshaw wäre stolz auf diese Schätze gewesen.
Faith Harrington war es nicht.
Nicht mehr.
Sie war als Kind reicher Eltern aufgewachsen, und es hatte ihr nie an etwas gefehlt – weder an den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens noch an allem möglichen Schnickschnack, den sie sich wünschte. In der Highschool hatte sie sich wie ein typischer Teenager angezogen, um dazuzugehören, und erst an der Uni hatte sie ihren eigenen Stil entwickelt und entdeckt, was ihr gefiel und was nicht. Doch dann hatte sie den dominanten Carter kennengelernt und sich von ihm beeinflussen lassen. Sie hatte sich stets an seinen nicht gerade subtil geäußerten Vorschlägen hinsichtlich ihrer Kleidung – und auch hinsichtlich ihres Verhaltens als Gattin eines führenden New Yorker Rechtsanwalts – orientiert. Wie schon als Kind, bemühte sie sich auch hier, mit der Wahl ihrer Kleidung anderen Leuten zu gefallen. Ihre Freundinnen von der Uni hatten weiterstudiert oder sich einen Job gesucht, doch Carter hatte ihr deutlich zu verstehen gegeben, dass sie es nicht nötig hatte, arbeiten zu gehen. Also hatte sie bald kaum noch Kontakt zu Leuten ihres Alters gehabt, die sie mochte und mit denen sie Spaß hatte.
Erst nach der Scheidung, als sie entscheiden musste, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte, hatte sie festgestellt, dass sie keine besonderen Fähigkeiten hatte, keine Vorlieben oder Abneigungen – sie hatte sich immer nur der Meinung ihres Mannes angeschlossen. Und im Grunde war es Kate gewesen, die sie mit der Nase daraufgestoßen hatte. Die Scheidung allein reichte genauso wenig, um ihr altes Selbst wieder zum Vorschein zu bringen, wie ihr Wunsch, ein Geschäft für Wohndesign zu eröffnen. Faith hatte noch eine ganze Menge Arbeit vor sich, und zwar nicht nur, was ihr Innenleben anging, sondern auch in Bezug auf ihr Äußeres.
Für ihr Geschäft brauchte sie Kunden, und privat brauchte sie Freunde. Für beides musste sie Offenheit demonstrieren, und das fing damit an, wie sie sich anzog. Es war fast schon peinlich, dass sie einen Schrank voller Kleider hatte,
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