Ich will doch nur normal sein!
oft so, dass ich weine und nicht weiß, wohin und wie ein kleines Kind dastehe und eine Mama suche, die mich tröstet. Wenn allerdings dann jemand kommt und mich beruhigen will, dann schlucke ich sofort alles weg und tu so, als sei alles in Butter. Wie früher, es soll niemand merken was los ist war. Das alte Schema greift durch und ich ersticke an meinem Schmerz. In den letzten Tagen laufe ich wieder vor allem und jedem weg und möchte nur noch allein sein, weil ich Angst habe, das ich zu heulen anfange und jemand fragt, was los ist und ich es doch nicht sagen darf (durfte). Und jetzt? Kann ich es jetzt sagen? Wohl kaum, es ist immer noch besser zu schweigen, andere nicht zu erschrecken mit meiner Qual.
Es ist besser zu schweigen. Merke ich doch, wer weiß, was los ist mit mir, ist zwar freundlich, versucht aber doch, mir aus dem Weg zu gehen, weil keiner weiß, wie er damit umgehen soll. Dabei will ich normal sein, so wie alle anderen auch. Aber es ist immer noch so, ich sehe mir das Leben nur von weitem an und es gibt nur wenige Momente, wo ich drin bin im Leben. Klingt komisch? Ja, ich weiß. Aber es ist so. Es ist tatsächlich so, als würdest du durch eine Scheibe zuschauen, wie die anderen leben und versuchst, es nachzumachen, auszuprobieren, doch dann merkst du, wie anstrengend es ist, weil du nicht frei bist, weil du es nicht bist, sondern du nur die Rolle spielst, wie du sein möchtest.
Gestern war ich so erschöpft, ich war froh, als mein Mann nach Hause gefahren ist und ich nach der Massage und Infrarot in mein Zimmer kam. Mir war schwindlig vor Erschöpfung – wovon? Ich kann es nicht sagen, ich war einfach nur völlig erschöpft und musste mich hinlegen. Habe dann von 16 bis 21.30 Uhr durchgeschlafen, wurde munter und hatte panische Angst und alles war da. Was soll ich machen? Mit wem soll ich reden? Mit dem Nachtpfleger? Geht nicht! Also, nur Tavor holen und warten, bis es vergeht. Es verging nicht gegen Mitternacht habe ich mir noch mal Tavor geholt – nichts. Ich hatte Angst, war unruhig, wusste nicht, wohin mit mir und was los ist mit mir. Nun war es mal wieder soweit – letzte Rettung. Ich holte mir eine Duschvorlage, eine Rasierklinge und legte mich ins Bett. Die Duschvorlage faltete ich doppelt legte sie so unter meinen Arm, dass ich mein Bett nicht mit Blut versaue und dann nahm ich die Rasierklinge und fing an mich zu schneiden. Es blutete und ich schnitt und schnitt, bis ich endlich den Schmerz spürte und spürte, ich bin es, ich bin da und ich wurde ruhig, ganz ruhig. Jetzt dachte ich, es ist gut, jetzt habe ich Ruhe.
Doch es hielt nicht lange an und ich habe noch einmal geschnitten und dann war es gut. Ich wickelte meinen Arm in die blutige Duschvorlage und konnte schlafen, endlich schlafen ohne Angst, ohne Unruhe. Das war letzte Nacht. Heute morgen kam ich nicht aus dem Bett, es war bereits 9.30 Uhr und alle anderen Patienten bereits unterwegs in den Therapien oder noch auf Station. Ich weiß, ich hätte längst aufstehen müssen, schaffte es aber nicht. Mir ging es wieder schlecht und ich hätte nur heulen können und wusste nicht warum. Die Schwester kam, verband mir meinen Arm und meinte, es wäre besser, wenn das immer sofort verbunden würde. Es war mir so egal gestern Abend bzw. letzte Nacht, es war nur wichtig, dass ich Ruhe bekam und die hatte ich ja bekommen. Ja, wie war das noch – ich will mich nicht mehr schneiden? Wollte ich auch nicht mehr – ehrlich. Aber wenn es so schlimm ist, dann sind die wenigen Schnitte nichts. Sie zeigen mir eher wieder, wo ich bin und wer ich bin und das ich noch bin.
Das kann man nicht verstehen, ich weiß – dass kann auch nur der verstehen, dem es auch so geht. Alle anderen denken, die spinnt oder finden es einfach abstoßend, abartig ... Für mich ist es oft ein Mittel, um zurückzukehren oder Druck abzubauen und mich nicht umzubringen.
15.4.2004
Letzte Nacht bin ich erst wieder spät eingeschlafen. Mein Kopf war so, als würde ich gleich durchdrehen, Kopfdruck, Kopfschmerzen und ein Gefühl, als würde er gleich zerspringen. Ich dachte, ich werde wieder nicht schlafen können, dabei bin ich so sehr müde, regelrecht erschöpft und möchte am liebsten nur noch schlafen und nie mehr munter werden. Heute Morgen gegen 3.30 Uhr hatte ich wieder mal nach ein paar Tagen ohne Flashback einen Flashback. Eigentlich habe ich ihn schon erwartet. Mein Befinden hat ihn angekündigt. Immer, wenn ich so starke Kopfschmerzen habe, dann ist es
Weitere Kostenlose Bücher