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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
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mit und er sagt, mir ist nur die Wohnung wichtig. Aber es ist doch so, so wie es bei mir aussieht, so bin ich, denken die Leute und es muss deshalb immer sauber aussehen und das ist das Einzige, was ich noch schaffe und dran festmachen kann, das es mir einigermaßen geht.
    Ich möchte doch nur keine Schmerzen mehr haben und das von früher nicht mehr haben. Manchmal war es jetzt wirklich schon richtig schön. Ich habe viel gelacht und alles hat richtig Spaß gemacht und nun ist alles wieder so sinnlos, so quälend und ich kann nur heulen und schäme mich noch deswegen. Wenn ich wüsste, wie und das es sicher und schnell geht, dann wurde ich verschwinden. Ich will niemanden wehtun damit, wenn ich das tun würde. Es ist mir schlimm, zu wissen, dass ich das trotzdem tu.
    Aber wie oft bin ich enttäuscht worden. Wie oft bin ich verraten worden. Wie oft bin ich verletzt worden. Wenn ich es tu, dann doch nur, weil ich nicht mehr kann.
    Die, die ich enttäusche, wenn ich Schluss mache, die kennen mich doch gar nicht richtig, alle denken, sie kennen mich gut. Alle sagen, ich schaffe das, aber ich schaffe es nicht – ich bin wieder mal am Ende.

    17.12.2004

    Ich schäme mich, es aufzuschreiben, aber ich werde es aufschreiben. Heute im Einzel kam irgendwie das Gespräch auf die Verhandlung wegen meinem Stiefvater und ich sagte, dass diese Verhandlung ja später war.
    Nun ist mir auf einmal klar geworden, dass ich da wirklich die Chance hatte, alles zu sagen und ich weiß nicht einmal, was ich überhaupt gesagt habe, nicht einmal das, was ich wegen meinem Vati ausgesagt habe. Ich weiß gar nichts von der Verhandlung, ich weiß nur den Flur vor dem Verhandlungsraum, an etwas anderes kann ich mich nicht erinnern. Ich denke jetzt mit Erschrecken daran, dass dort Polizei, Richter, Rechtsanwälte waren und ich hätte ja bloß etwas von dem Mädchen erzählen brauchen und alles wäre rausgekommen.
    Die wären bestraft worden, die wären gefunden worden und heute – heute ist keiner mehr zu finden, die sind steinalt oder schon tot.
    Ich weiß nicht einmal mehr, was das für ein Tag war, für ein Monat und ob ich 10 oder 11 oder 12 Jahre alt war. Als ich 13 Jahre alt war, war die Verhandlung, Unterlagen konnte ich keine mehr bekommen, sind nicht mehr archiviert, schrieb man mir. Ich kann es nicht begreifen, dass ich dort nichts gesagt habe, an so einem sicheren Ort – ich habe nichts gesagt. Ich weiß nicht einmal, was ich überhaupt gesagt habe. Ich möchte es schon wissen, aber mit meiner Mutter konnte ich nicht reden – sie hat es zu verhindern gewusst.
    Ich schäme mich, weil ich den Mund gehalten habe dort und ich schäme mich, weil ich nicht versucht habe, zu helfen – wäre doch egal, was die mit mir gemacht hätten. Mir wäre es jetzt auch lieber, nicht mehr zu leben.
    Ich habe daneben gestanden und sie ist bestimmt gestorben, ihre Augen waren offen, haben aber nicht mehr geguckt. Ich habe meinen Mund gehalten – ich kapiere das nicht. Wie kann ich solange nichts sagen und dann nicht einmal vor Gericht etwas sagen, wo die mir nichts tun können. Ich schäme mich so dafür. Es wäre besser, ich wäre auch nicht mehr.
    Wer soll das verstehen – ich kann es nicht und ich kann es schon gar nicht akzeptieren, dass ich nichts gesagt habe und erst jetzt daran denke. Wie kann man so einen Tag, so ein Datum vergessen und solange den Mund halten?
    Ich konnte es! Was bin ich für ein Mensch? Ich will nicht mehr leben, ich kann mich nicht mehr ertragen. Ekel mich vor mir. Ich wünsche mir, ich wäre tot, ich wäre verschwunden und säße jetzt nicht hier mit dieser schrecklichen Erkenntnis. Warum hast du nichts gesagt?
    Übrigens, die Frage kenne ich nur zu gut, damit hat mich meine Mutti auch ruhigstellt. Warum hast du nichts gesagt. Ja, warum habe ich eigentlich nichts gesagt? Warum sagen alle nichts? Warum schweigen alle? Warum schreien sie nicht raus, was passiert? Was man mit ihnen tut? Ich habe nichts gesagt, ich habe nicht geschrieen. Ich habe geschwiegen.
    „Ja, wenn du was gesagt hättest, dann hätte ich dir doch geholfen?“
    Also bin ich selbst Schuld, dass es so weiterging? Also wollte ich gar nicht, dass sich etwas ändert!
    Verdammt, wer hat das Recht so zu denken oder so etwas zu sagen? Verdammt, warum haben die nichts gemerkt? Warum hat mir meine Mutter nicht geholfen? Warum hat keiner reagiert?
    Ich war so oft so dreckig. Ich habe so oft gestunken (wonach?), eindeutig gestunken und keiner hat etwas gemerkt? Ich

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