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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
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gegeben habe. Aber mein Hauptziel war es, in diesen Wochen vom 7.6.05 bis zur Wiederaufnahme in die Klinik, zu erfahren, wie ich leben kann. Was das für ein Leben ist und wie es sich anfühlt, damit zu leben.
    Ich habe es erfahren, mehr als ich wollte. Es war schlimm. Viele Tage habe ich nur geweint, es hörte einfach nicht auf. Alles in mir schmerzte und ich wusste nicht, was ich gegen diesen inneren Schmerz, geschweige denn gegen den körperlichen Schmerz tun kann. Ich war ausgeliefert und litt höllische Qualen, welche ich nur mit Tavor etwas lindem konnte.
    Ja und nun ist die Zeit vorbei und ich bin wieder hier und weiß nicht, wofür. Weiß nicht, was ich noch tun könnte, um das besser aushalten zu können. Heute sprach mich Schwester Anni an, weil ich im Tagesbericht nichts Positives geschrieben habe. Was soll ich schreiben: Ich war heute Nachmittag in der Cafeteria, habe mir einen Milchkaffee gegönnt und die Zeit, die ich nicht in meinem Zimmer war, versucht zu genießen.
    Ich sehe, wenn die Sonne scheint. Ich nehme alles wahr, aber spüren und genießen, das ist etwas Anderes. Ich spüre es nicht, es ist egal. Immer ist der innere Schmerz da und tut weh. Es ist ein Gefühl, als wenn es mich innerlich vor Schmerz zerreißt. Auch Angst und körperliche Schmerzen sind da. Ich kann es nicht mehr aushalten.
    Heute im Einzel, es war so schlimm – ich denke daran und ich spüre, wie ich nichts tun kann. Oh nein, ich hatte nicht vor, mich zu schneiden, als ich in mein Zimmer bin. Ich konnte kaum laufen, so steif war ich und ich war froh, als ich in meinem Zimmer war – allein – mich nicht mehr zusammenreißen musste/wollte.
    Ich denke immer, mich darf man nicht trösten. Ich habe zugesehen – nichts getan. Ja, ich konnte nichts tun. Habe nicht geschrieen, mich nicht bewegt. Warum nicht? Hatte ich Angst um mich? Ja ich hatte Angst, wenn ich schreie, merken sie, dass ich auch noch da bin und alles sehe und gesehen habe. Ich konnte nicht schreien, mich nicht bewegen – ich war wie gelähmt vor Angst und wenn ich heute daran denke, dann werde ich so steif, dass ich fast nicht mehr gehen kann, dass mich die Angst zu ersticken droht. Wissen Sie, wie schlimm das ist, dies zu spüren und dann immer noch daran erinnert zu werden – mit Fragen (das tun Sie und es ist sicher richtig, um es zu schaffen) aber wissen Sie, wie schlimm es dann wird. Ich sehe meine Hände und weiß, sie haben nichts getan, nicht geholfen – konnten nicht helfen - ich weiß, ich hätte nichts tun können. Aber damals wusste ich es nicht. Ich stand nur da – sah – und es geschah einfach vor meinen Augen. Ich stehe heute noch da und es explodiert in meinem Kopf, breitet sich aus, bis innen und außen alles weh tut und ich kaum noch atmen kann, weil der Schmerz mich innerlich erdrückt, erstickt.
    Wenn Sie sagen, ich werde mich besser fühlen – bald. Dann würde ich am liebsten laut schreiend fragen: „Wann?“
    Es wird nicht anders werden. Wenn Sie das sagen, dann spüre ich, wie es weh tut und das ich es nie losbekommen werde. Ich möchte vergessen und doch ist es nicht richtig, das zu vergessen.
    Ich habe mir heute solche Mühe gegeben, wieder ruhig zu werden, wenigstens bis ich in meinem Zimmer allein bin und keiner sieht, wie schlimm es ist. Ich habe geheult, habe mich bis hochgeschleppt – aber nicht mit dem Ziel, mich zu schneiden – nein, daran habe ich gar nicht gedacht. Ich wollte nur allein sein, damit ich diesen Schmerz rauslassen kann und keiner sieht, wie es mir geht. Mir die noch da ist, die noch lebt, nichts getan hat, nicht geschrieen hat, sich nicht bewegt hat. Könnten Sie sich da so einfach trösten lassen? Ich weiß, ich konnte nichts tun. Doch es ist eben auch so, dass ich denke, ich habe nicht verdient noch da zu sein und dann noch geholfen zu bekommen, wo ich doch nicht geholfen habe.

    Ich weiß es ist verkehrt so zu denken, aber meine Gefühle sind so, sobald Sie sagen, sie teilen den Schmerz mit mir. Ja, ich habe Schuldgefühle, weil ich nichts tun konnte. Ich weiß, dass ich sie nicht haben brauche, aber sie sind da und deshalb verkrieche ich mich lieber mit meinem Schmerz und will niemand belasten, nicht reden, nicht schreien. Ich habe das Gefühl, ein großer Teil des Schmerzes, der mich zu ersticken droht, besteht aus Schuld. Ich habe gedacht, wenn ich jetzt wieder komme, wird es nicht mehr so schlimm.
    Alles war die ganze Zeit nicht da – nur Schmerz, riesengroßer Schmerz, Traurigkeit, Angst und auch

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