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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
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überall, wenn ich eine schwangere Frau sah oder eine Frau mit Kinderwagen. Ich sah nur noch Babys und ich selbst wurde jeden Monat aufs Neue enttäuscht, wenn ich wieder und wieder meine Regel bekam. Es wollte einfach nicht klappen, ich wurde nicht schwanger. Lange Zeit ließ ich mich behandeln, ließ mich untersuchen, mit Hormonen behandeln. Es klappte nicht. An meinem Mann konnte es nicht liegen, er hatte in seiner geschiedenen Ehe zwei Söhne, also lag es an mir.
    Was war an meinem Kinderwunsch verkehrt? Mein Wunsch war verkehrt, denn mein Mann sagte mir nie, dass er überhaupt keine Lust mehr hatte, noch ein Kind zu haben. Er hatte 2 Söhne – ich kannte sie auch. Regelmäßig waren sie bei uns, wenn er sie sehen durfte. Also hatte er seine Kinder und wollte keine mehr. Ich habe das nicht gerafft, einfach nicht kapiert, er hat es nie gesagt und mich in dem Glauben gelassen, es sei auch sein Wunsch. Doch, je intensiver ich mich behandeln ließ, um schwanger zu werden, umso gemeiner wurde er mit mir. Es wurde immer schlimmer, immer öfter war er besoffen und wurde unausstehlich, schlug und vergewaltigte mich und er ging auch fremd. Das ging eine ganze Zeit so.
    Ich tat jedes Mal, wenn er mir wehgetan hat so, als sei nichts passiert und bildete mit ein, es wird wieder alles gut. Oder ich schrieb mir selber die Schuld an dem Vorfall zu, vielleicht hatte ich gerade etwas gemacht, was ihn sehr geärgert hat. Also, ich war wieder selber schuld. Auf die Idee, wegzugehen oder mich zu wehren, kam ich nicht. Ich sagte nichts – ich schwieg und es ging weiter und weiter so. Dann bekam ich noch einmal einen Termin für eine stationäre Behandlung in der Frauenklinik. Mein Mann hatte mich am Abend zuvor vergewaltigt und verprügelt und morgens noch einmal verprügelt. Es passte ihm nicht, dass ich in die Klinik gehen wollte. Dann ging er auf Arbeit. Ich war froh als er fuhr und fing an, meine Tasche für das Krankenhaus zu packen. Er hat nicht gesagt, ich solle da nicht hin, er hat einfach nichts gesagt und ist auf Arbeit gefahren. Ich fuhr in die Klinik und war froh, ihm aus den Füßen zu sein.
    In der Klinik lagen wir zu fünft in einem Zimmer und ich hörte nur zu, sagte nichts, war wie taub, wusste eigentlich nicht mehr, was ich hier sollte und wollte. Eine Frau hatte ihr Baby verloren, sie weinte und tat mir schrecklich leid. Die drei anderen Frauen redeten nur davon, dass sie ihre Kinder hier loswerden wollen. Super Zimmerbelegung! Ich fand dies alles sehr schlimm für die Frau, die Ihr Baby verloren hat und darum weint und auch für mich. Ich hatte Wut, es ist so ungerecht, wie lange wünsche ich mir schon ein Kind, und diese Frauen lassen sich mal so auf die Schnelle ein Kind wegmachen. Die Eine war sogar schon zum zweiten Mal hier, um ein Kind wegmachen zu lassen. Ich hätte ihr den Hals rum drehen können. Allerdings wusste ich selbst auch nicht mehr, wofür ich mich noch behandeln ließ. Wusste nicht mehr, wofür ich jetzt hier in der Klinik liege. Wozu das alles noch. Es war doch aus. Jürgen schlug mich, machte mit mir was er wollte – er machte mir das Leben zur Hölle. Also, wozu liege ich jetzt hier und will mich behandeln lassen? Ich wollte das gar nicht mehr. Es war schlimm genug für mich auszuhalten, das sollte nicht noch ein kleines Baby mit aushalten müssen. Warum bin ich jetzt hier in diesem Bett? Weil ich es zu Hause nicht mehr aushalten konnte, deswegen bin ich ins Krankenhaus gegangen – ich wollte bloß noch daheim raus, wollte nicht mehr verprügelt werden, wollte wenigsten für kurze Zeit sicher sein und lag nun in diesem Zimmer in diesem Bett und heulte.
    Die Schwestern dachten, ich heule, weil ich kein Kind bekommen könne und trösteten mich. Die wussten ja nicht, dass meine heile Welt kaputt war und ich deswegen so verzweifelt war. Was wussten die schon von meiner „heilen Welt“? Sieben Jahre war sie heil und nun war ich wieder schlecht, der letzte Dreck. Kein gutes Wort, nur Erniedrigung und Prügel. Aber es ist tatsächlich so, ich kam nicht auf die Idee einfach zu sagen: „Schluss, ich gehe!“ Immer wieder klammerte ich mich an die Hoffnung, morgen ist alles gut. Bei meiner Entlassung aus dem Krankenhaus erhielt ich einen Termin für die Uniklinik zur Voruntersuchung für eine künstliche Befruchtung. Ich bin nie hingefahren. Habe Jürgen nie etwas von diesem Termin gesagt, habe nur gesagt, ich könne keine Kinder bekommen. Und das Leben ging weiter, als sei nichts

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