Ich will doch nur normal sein!
Krankenhaus bin, mache sie sich Sorgen. Ich bin eben schlecht, mache meiner lieben Mutti Sorgen. Dabei hätte sie sich doch nie wieder nach mir umgesehen, wenn ich nicht damals während meinem Studiumsoviel Sehnsucht gehabt hätte und ihr deshalb geschrieben habe und später dann hingefahren bin. Es waren 10 Jahre vergangen, ohne dass ich eine Mutti hatte.
Als ich bei ihr auftauchte, tat sie so, als hätten wir uns gestern erst gesehen und ich wäre nie weg gewesen. Das tolle ist – ich habe dieses doofe Spiel mitgespielt. Es tat so weh und ich hätte so viele Fragen gehabt. Ich habe keine Fragen gestellt und nicht erzählt, was mit mir alles passiert ist. Und sie hat auch nie gefragt, wie es mir ergangen ist in den ganzen Jahren. Dieses Scheißspiel – Es war nichts – es ist nichts – alles ist in Ordnung. Ich musste mir dann immer anhören, ich mache ihr Sorgen, wenn ich mal wieder stationär war. Das läuft heute noch so und ich hasse es und ich hasse mich dafür, dass ich mich schuldig fühle deswegen. Ich schäme mich, weil sie sich angeblich Sorgen macht, wenn die schlechte Tochter wieder in der Klinik ist. Warum bin ich denn in der Klinik? Wo war sie denn damals? Hat sie sich da auch Sorgen gemacht? Aber ich bin die Schlechte in diesem Spiel.
„Warum hast du nie etwas gesagt?“ Ja, warum nicht? Damals hat sie das nicht gesagt, da hat sie, als ich doch nicht schwanger war, gesagt: „Und dafür das ganze Theater?“ – und fort war ich. Ich habe etwas falsch gemacht. Ich war schuld. Ich war böse. Ich habe ja auch gut aufgepasst, dass keiner etwas merkt und nichts verraten. Wie verlogen! Ich habe aufgepasst, dass keiner etwas merkt und Ich habe mir gewünscht, dass mir jemand hilft. Hätte ich was gesagt, hätte mir jemand geholfen.
ICH habe nichts gesagt.
27.8.2002
Ich finde, alles ist total durcheinander. Mir geht es nicht gut. Ich hatte gehofft, wenigstens mal eine Nacht schlafen zu können, ohne jemand zu stören. War wohl nichts. Eva sagte mir heute Morgen, ich hätte die ganze Nacht geweint und sie konnte deswegen nicht schlafen. Sie ist heute verlegt worden, ihr geht es noch schlechter, sie ist als Dauerpatientin im Heimbereich aufgenommen worden. Ich habe immer Angst, ich drehe auch mal so durch, weil mein Kopf immer so schlimm ist. Heute morgen ging es mir sehr schlecht und ich war nicht in der Lage, aufzustehen. Hatte so einen dumpfen Kopf und starke Kopfschmerzen, also blieb ich noch liegen und habe versucht, noch etwas zu ruhen, meist werden dann auch die Kopfschmerzen erträglicher. Eva schien dies aber gar nicht zu gefallen, ständig sprach sie mich an und wollte, dass ich aufstehe. Mir ging es immer schlechter und irgendwann hatte ich nur noch ein dumpfes Gefühl im Kopf und hörte, dass jemand sagt und immer wieder sagt, ich solle den Schlafanzug ausziehen und dann weiß ich nichts mehr, weiß nicht was passiert ist. Ich kam erst wieder zu mir, als die Schwester vor mir stand und ich merkte, ich saß im Wäscheraum in der Ecke hinter dem Wäschewagen. Anscheinend hatte ich mich versteckt, weil ich den Schlafanzug ausziehen sollte und Angst bekommen habe. Es war mir sehr peinlich, denn ich saß da vormittags im Schlafanzug im Wäscheraum und alle haben geguckt, was da los ist. Die Schwester wollte etwas in den Wäschesack werfen und war erschrocken, weil ich da unten in der Ecke saß und nicht ansprechbar war.
Ich habe gedacht, na toll, jetzt passieren dir wirklich richtig blöde Sachen und bald denken sie, ich habe einen echten Hieb weg und stecken mich in die Geschlossene. Ich hatte richtig Angst, was nun passieren wird, es passierte gar nichts. Herr Dr. S. hat mich nicht in die Geschlossene gesteckt oder irgendetwas gesagt, was mir Angst machte. Ich bin ja auch nur abgedreht, weil ich so benommen war und dann dieses ständige „zieh den Schlafanzug aus“ von Eva gehört habe, dabei wollte sie nur, dass ich aufstehen soll. Aber das wurde mir dann erst später klar. Ich war danach schon völlig durch den Wind und hatte noch das Einzel vor mir und ich sagte Herr Dr. S., ich könne mich entscheiden, ob ich ins Einzelzimmer auf Station B gehen will. Wenn ich nicht in dieses Zimmer gehe, dann käme da ein starker Schnarcher rein. Ich dachte mir, super, wenn ich jetzt sage, ich gehe hoch auf B, dann sind die, die den Schnarcher im Zimmer behalten müssen auf mich sauer. Sind auch schöne Aussichten. Und außerdem ist das Einzelzimmer ja eigentlich für Privatpatienten und ich bin
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