Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
Vom Netzwerk:
schreien. Ich bekam keinen Ton heraus.
    Mein Hals wurde zugeschnürt, ich spürte die Hände, die mir die Luft abdrücken. Ich dachte, ich ersticke jetzt und dann passierte es. Der erste Schlag, die flache Hand gegen den Schrank, dann die andere Hand.
    Ich stand mit dem Rücken am Schrank und ein Schlag mit der flachen Hand folgte der anderen. Klatsch, Klatsch, Klatsch immer im Wechsel, einmal rechts, einmal links. Meine Hände brannten und taten mir weh, doch ich konnte nicht aufhören. Ich schlug und schlug und heulte und dann schrie ich auf einmal, hörte mich schreien. Vor lauter Wut trat ich gegen den Schrank, schrie und heulte zu gleicher Zeit. Ich spürte so eine unbändige Wut und ich wollte sie loswerden.
    Ich glaube, dass ich anfangen konnte zu schlagen, war nur möglich, weil ich wusste, mich hört keiner, alle sind weg, ich bin allein. In all meiner Wut hörte ich dann weit entfernt Elke fragen: „Tina, was ist denn los mit dir? Kann ich dir helfen?“
    In dieser grenzenlosen Wut, die ich hatte, fand ich kaum die Luft, um zu sagen: „Ich habe so eine riesige Wut!“
    Ich schrie und schlug weiter um mich und Elke holte eine Schwester.
    Die Wut war so stark, ich dachte, sie zerreißt mich, sie zersprengt mich. Ich bestand nur noch aus Wut, es war wie ein Vulkanausbruch, so heiß und unbekannt und unbeherrschbar für mich. Die Wut hat mich so beherrscht, jede Faser in mir war voller Wut. Als Schwester Bianca kam, trat ich gerade mit voller Wucht gegen den Heizkörper und sie versuchte mich eiligst aus dem Zimmer und dem Gebäude in den Park zu bringen. Im Park konnte wohl nichts demoliert werden.
    Im Flur und im Haus waren Mitpatienten, ich sah sie und sah sie aber auch nicht. Es war alles ein Nebel aus Wut, riesiger Wut und Kraft und Energie.
    Ich habe immer wieder heulend gesagt: „Ich habe so eine riesengroße Wut auf die Verbrecher.“ Ich habe geheult und geschrieen und dann spürte ich, wie meine Hände zu Fäusten wurden, mit denen ich schlagen wollte, doch wen???
    Es war keiner da, nicht eines von diesen Schweinen. Ich habe mir so gewünscht, jetzt müsste einer hier sein und ich könnte auf ihn los dreschen, ich würde auf ihm herum trampeln, ich würde ihn umbringen. Ich würde solange darauf los schlagen, bis ich nicht mehr könnte.
    Ich habe geschrien: „Verfluchte Schweine! Verfluchte Hunde! Verfluchte Verbrecher!“
    Keiner hat mir geholfen.
    Ich wünschte, wenigstens einer wäre hier und ich könnte ihn dafür schlagen, ihn die Schmerzen, die ich damals spüren musste, als er zusah, spüren lassen, es ist keiner da. Es ist keiner da – es ist zu lange her.
    Und ich stehe da mit meiner unbändigen Wut und weiß nicht, wohin damit. Verflucht noch einmal, wo soll ich mit meiner Wut hin. Ich habe geheult vor Wut, weil ich nicht wusste wohin mit meiner Wut – keiner der sie verdiente war da.
    Ich stand allein mit meiner Wut und das machte mich wahnsinnig. So ist es doch immer – die kommen einfach so davon und ich stehe da und bin allein mit meiner Wut. Ich habe geschrieen, es ist so ungerecht, wo soll ich jetzt mit meiner Wut hin? Ich hatte das Gefühl, ich werde daran ersticken und habe geschrieen, einfach nur noch geschrien.
    Es war so ein starkes, übermächtiges Gefühl, ich dachte, ich bestehe nur noch daraus und wusste nicht wohin damit, habe nur noch geschrieen, einfach nur geschrieen, bis ich nicht mehr konnte. Als Schwester Bianca wieder mit mir ins Haus gehen wollte, war es kurze Zeit so, als hätte ich wieder die Hände meines Opas um den Hals und er drückt zu, weil ich schreie und schreien will. Ich habe das Gefühl zu ersticken und huste und schnappe nach Luft und ich bekomme fürchterliche Angst. Schwester Bianca versucht mich zu beruhigen. Sie sagt: „Da sind keine Hände, es passiert ihnen nichts.“ Ich höre sie das sagen und spüre doch die Hände am Hals aber ich kann auch zurückkommen schaffe es aus dieser Angst herauszukommen.
    Nun kommt meine Wut wieder, weil ich gerade wieder spüren musste, wie viel Macht mein Opa noch über mich hat, wie viel Angst er mir noch machen kann und wie wenig ich dagegen setzen kann.
    Ich habe es satt, ständig das Gefühl zu haben, erwürgt zu werden, dabei sind in Wahrheit keine Hände und kein Opa da, aber es passiert trotzdem. Ich frage mich, wie kann das sein? Es macht mich wütend!
    Ich will das nicht mehr! Ich will endlich leben! Ich will normal leben können!
    Ich habe so eine riesige Wut, dass ich denke, sie zerfetzt mich

Weitere Kostenlose Bücher