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Ich will doch nur normal sein!

Ich will doch nur normal sein!

Titel: Ich will doch nur normal sein! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina J.
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stoße, dem ich eigentlich voll vertraue, der mir bisher so viel geholfen hat. Es tut mir dann furchtbar leid, doch dann ist es passiert.
    Aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich bewundere die Reaktion von Herrn Dr. S. sehr. Er war nicht sauer, er hat mich nicht angeschnauzt oder irgendwie ablehnend reagiert, obwohl er meiner Meinung allen Grund dazu gehabt hätte. Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte – ich glaube, wie immer – mit totalem Rückzug.
    Ich bin jedenfalls sehr dankbar für die Geduld, die er trotz dieser Situation für mich aufgebracht hat. Heute, vier Wochen später sieht diese Situation ganz anders aus. Ich weiß jetzt, warum ich unbewusst so heftig und misstrauisch reagiert habe. Ich wollte, dass das Bild, dass ich von meiner Mutter habe bzw. hatte, schützen. Ich hatte Angst davor, dass meine Mutter nicht die Mutter ist, für die ich sie immer gehalten habe, auf deren Hilfe ich immer gehofft habe.
    Das war die Angst, die hinter dieser misstrauischen Reaktion stand. Ich hatte Angst, zu viel über meine Mutter erzählt zu haben. Damals wusste ich nicht, dass es so ist. Heute ist es mir klar. Am Donnerstagabend habe ich es gesehen, ich habe Blitze, Erinnerungsblitze gehabt und da habe ich gesehen, dass es doch so ist, wie ich mir die ganzen Jahre versucht habe auszureden. Meine Mutter hat es gewusst und sie hat mir nicht geholfen.
    Ich wollte, als ich mich so heftig und misstrauisch gewehrt habe, verhindern, dass ich erkennen muss, dass es so ist. Es ist aber so. Ich habe immer Schuldgefühle gehabt, meiner Mutter den Mann weggenommen zu haben. Ich bin die Böse, ich bin die Schlechte. Ich war aber erst 7 Jahre oder sogar jünger, als mein Stiefvater sich an mir verging und habe mich geschämt und geschwiegen. Aber das war immer so, ich habe gehofft, meine Mutti hilft mir und alles wird aufhören, weil sie sagt, er darf das nicht. Sie hat es nicht gesagt – heute weiß ich, sie hätte es sagen können, denn sie hat es bemerkt, hat es gewusst und nichts dagegen getan, dass mir all das Schreckliche angetan wurde.

    Tagebuch ab 15.11.2003

    Dieses Wochenende geht es mir so schlecht, dass ich nicht heim darf. Ich habe die Stufe, das heißt, ich darf die Station nicht allein verlassen und es wird in bestimmten Abständen nach mir gesehen, ob alles in Ordnung ist. Die Stufe wird erteilt, sobald Suizidgefahr besteht und ich bin zur Zeit echt so drauf, dass ich einfach nicht mehr kann und es alles einfach satt habe, zu leben bzw. leben zu müssen.
    Heute ist Samstag und die letzte Woche war so verdammt schlimm, dass ich einfach nur noch müde, müde, müde bin. Ich schlafe auch nur noch.
    Nach Hause durfte ich nicht wegen der Stufe, ich hätte auch gar keine Kraft, ich bin froh, wenn ich allein bin und meine Ruhe habe. Am liebsten wäre es mir, ganz zu verschwinden – einfach weg und Ruhe.
    Mein Mann ruft an, es ist morgens um 8.00 Uhr. Er wollte mich besuchen und hat es bis jetzt nicht geschafft. Ich liege noch im Bett und bin total müde und eigentlich froh, dass nicht gleich die Tür aufgeht und er hereinkommt, denn dann muss ich mir Mühe geben und mich zusammenreißen, damit er nicht merkt, wie „Scheiße“ ich dran bin. Aber nun kommt er später, er wird also erst so gegen Mittag da sein und ich kann noch so lange liegen bleiben und schlafen. Zu etwas Anderem wäre ich auch gar nicht fähig.
    Und ich schlafe wirklich wieder ein, bis die Tür aufgeht und mein Mann kommt. Ich ziehe mich an und wir gehen mit unserem Hund ein Stück spazieren (in Begleitung darf ich raus). Es tut gut, ist aber sehr anstrengend und ich bin froh, als wir wieder im Zimmer sind. Ich mache uns eine Tasse Kaffee. Die Schwester ist so nett und macht auch für meinen Mann einen Teller mit Mittagessen zurecht. Es gibt weiße Bohnen. Sie schmecken gut, mein Mann ist froh und isst seine Portion auf. Er bekommt ja nun seit 12 Wochen nicht mehr gekocht und da schmeckt es ihm halt. Ich habe eigentlich keinen Hunger und schon gar keinen Appetit. Nach dem Kaffee lege ich mich etwas auf das Bett, ich bin völlig fertig. Helmut merkt das und macht es sich im Stuhl bequem und wir ruhen eine ganze Stunde. Reden brauchen wir nicht, er weiß, wie schlecht ich dran bin, denn ich kann es doch nicht so verbergen, wie ich es gern möchte. Er hat Sehnsucht und möchte, dass ich bald heimkomme. Ich glaube ihm, dass es nicht schön ist, solange allein, ohne dass jemand mit dem man reden kann da ist. Er ist ja ganz allein, wenn ich nicht zu

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