Ich will doch nur normal sein!
hilft, dann komme ich zur Ruhe, kann mich hinlegen und ganz ruhig, ohne Angst einschlafen, mehr will ich nicht. Wenn es gar nicht geht, müssen eben die Rasierklingen wieder herhalten. Einschlafen und nur das möchte ich – sonst nichts!
Suizidal? Nein, das bin ich nicht – ich habe es zwar satt, so wie es ist, aber ich werde mich nicht umbringen, nicht wegen mir, um mich ist es nicht schade. Ich würde nicht fehlen. Aber ich habe ja diesen Vertrag abgeschlossen, mein Leben nicht zu beenden und den muss ich wohl oder übel einhalten. Dabei ist allerdings egal, wie es mir geht und wie ich zurechtkomme. Ich möchte nur meine Ruhe haben, vor allem, vor mir selbst, meinen Erinnerungen und all den Gefühlen, mit denen ich nicht zurechtkomme.
26.03.2004
Mir geht es total schlecht. Letzte Nacht habe ich mal wieder nicht geschlafen, mich später geschnitten, weil es mir so schlecht ging und ich mit niemand reden konnte. Ich hätte auch mit niemand über meine Angst sprechen können. Ja, ich habe die Kassette heute mit ins Einzel genommen und habe trotzdem nicht geschafft, zu erklären, was mit mir passiert ist, wie ich da stehe und wo ich stehe. Ich stehe ohne mich da und ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll und habe keine Richtung mehr. Fühle nur noch eine Enttäuschung und Schmerzen, ich kann es nicht erklären, ich habe es nicht geschafft, zu erklären, was passiert ist. Herr Dr. S. hat mir seine Hand gereicht und gesagt, es wird besser. Ich habe die Hand genommen und in der Hoffnung, weitermachen zu können, eingeschlagen.
Ehrlich, ich weiß immer noch nicht, ob es geht. Was ist passiert? Was war verkehrt gelaufen? Was habe ich falsch gemacht? Habe ich überhaupt etwas verkehrt gemacht?
Ich habe da ein Verbot gehört, in meinem Zimmer zu schreien, weil es die Anderen beunruhigt. Habe aber zugleich viele andere Angebote und Möglichkeiten vor Augen geführt bekommen, es auf diese oder jene Weise loszuwerden.
Wenn es aber in diesem Moment, zu dieser Zeit, nur diese eine Möglichkeit gibt, die für mich die Richtige ist – warum will das keiner verstehen? Es war zu diesem Zeitpunkt so – wollte ich schreien? Nein, es hat mich geschrieen!
Es ist so, ich wurde früher „erzogen“, nicht zu schreien, wenn es nicht ins Programm passte oder zu riskant war, weil es jemand hören könnte und nun bekomme ich wieder gesagt, schreie nicht, wenn es nicht ins Programm passt, wenn es stören, beunruhigen könnte. Und ich habe erst diese Woche die Kassette mit unten gehabt, wie das gemacht worden ist. Und nun ist wieder einer, der bestimmt, wann ich schreien darf und wann es nicht passend ist und es ist ein Mann und es ist mein Therapeut. Es geht nicht nach Plan, wenn ich diese Qual rausschreie. Wirklich nicht.
Es tut so weh und ich weiß auf einmal nicht mehr, ist es jetzt oder ist es früher?
Und dann das Schlimmste, es ist mein Therapeut, der eine Stunde lang darüber mit mir diskutiert, statt einfach nur zu begreifen, wenn dieser ein Moment da ist, dann passiert es und es ist so von innen heraus, dass ich es selbst nicht steuern kann, dass es aus mir herausbricht.
Das begreift keiner und ich kann es keinem begreiflich machen und will es auch gar nicht mehr. Das ist vorbei.
Ich will nicht mehr – ich will nicht mehr schreien, wenn es los geht. Es ist so, als hätte ich wieder diesen Schmerz zugefügt bekommen, damit ich still bin, brav bin. Mein Gefühl ist so, ich bin zusammengebrochen, so enttäuscht und alle, die mir hier helfen wollen, sind auf einmal sehr weit entfernt von mir – ich spüre ein dicke Mauer dazwischen und es tut nur noch weh und alles macht Angst.
Wie ist das, wenn einer Epilepsie hat und schreit, wird der auch mit solchen Ratschlägen eingedeckt und so abgeschnitten? Ich weiß, ich habe keine Epilepsie, ich bin normal bzw. man sagt, ich sei normal! Ich bin nicht normal – fühle mich nicht normal und jetzt schon gar nicht mehr – ich fühle eine Mauer um mich und die Anderen sind alle draußen – unerreichbar und es kann passieren, dass sie, wie so viele einfach verschwinden. Es ist dann, als wären sie nie da gewesen, als würde ich sie nicht kennen. Ausgeblendet, verloren. Und davor fürchte ich mich so. Ich fürchte mich unwahrscheinlich. Und das kann auch ein Handschlag nicht verhindern, auch, wenn er von Herzen kommt. Das ist so – ich kann es nicht verhindern.
Ganz ehrlich, wer will so leben? In ständiger Angst, Bekannte, Freunde und wichtige Personen zu verlieren, ohne
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