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Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman

Titel: Ich will endlich fliegen, so einfach ist das - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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werden.
    Bei den Schränken nimmt Nils mich in den Arm.
    »Ich hab fast die ganze Nacht wach gelegen und an dich gedacht«, flüstert er mir ins Ohr.
    Über seine Schulter hinweg sehe ich Silja, die auf einem der Tische an der langen Fensterfront zum Schulhof sitzt. Sie hat die Arme um die Knie geschlungen und sieht aus, als ob sie friert. Ich löse mich vorsichtig aus Nils’ Umarmung.
    »Silja ist gekommen«, sage ich. »Ich muss kurz mit ihr reden. Sie hat Probleme.«
    Nils lacht.
    »Wann hat das Mädel keine Probleme?«, frotzelt er.
    »Sehr komisch«, sage ich ironisch.
    »Ich meine das nicht böse. Ich finde Silja cool.«
    »Und hübsch, was?«
    »Nicht so hübsch wie dich.«
    Ich küsse ihn hastig auf den Mund und gehe zu Silja, die den Kopf hebt. Sie hat rot verheulte Augen.
    »Hallo«, sage ich und setze mich neben sie.
    Sie seufzt. »Tut mir leid, wenn du meinetwegen Schwierigkeiten kriegst«, sagt sie. »Aber in der Schule erwarten irgendwie alle, dass ich eine große Klappe habe und immer gut gelaunt bin, und das schaff ich heute nicht.«
    »Ach was«, sage ich. »Wann hast du mit Emil gesprochen?«
    »Gestern Abend. Und heute Morgen. Ich hatte ihm zwar versprochen und mir geschworen, ihn nicht anzurufen, aber ich hab’s trotzdem getan. Wo bleibt da der verdammte Stolz?«
    »Und was sagt er?«
    »Dass es ein Fehler war. Dass er mich sehr mag und fürchterlich scharf auf mich ist – oder sich sehr von mir angezogen fühlt, wie er sagt, was ja wohl dasselbe meint –, aber dass er sich nicht mehr mit mir treffen kann, weil das nicht geht und ich zu jung bin und er mein Lehrer ist und blablabla!« Sie tritt gegen die Rückenlehne der Bank. »Ich hatte ursprünglich auch nicht vor, das voranzutreiben. Nicht wirklich. Ich wollte eigentlich nur austesten, ob ich es schaffe, ihn ins Bett zu kriegen. Die super Gelegenheit auf der Fete konnte ich mir doch nicht entgehen lassen. Aber dann … ist es anders gekommen als geplant.«
    »Vielleicht ist das abrupte Ende ja gar nicht das Schlechteste. Wenn du ihn nach so kurzer Zeit schon so sehr magst, wäre es später bestimmt noch viel schwerer gewesen. Und mal ehrlich, irgendwie war das doch von vorneherein … zum Scheitern verurteilt.«
    »Scheiß Vorschriften«, murmelt Silja. »Was wäre denn schlimm daran, wenn wir zusammen wären? Befürchtet das Schulamt, meine Noten könnten in den Keller sinken, wenn ich ihm nicht jeden Abend einen blase?«
    Ich sehe wahrscheinlich genauso schockiert aus, wie ich mich fühle, weil Silja mitten in all dem Elend laut losprustet. In dem Augenblick sehe ich aus dem Augenwinkel ein Paar bekannte Skaterschuhe. Meine Lungen kollabieren und ich muss nach Luft schnappen.
    »Hallo«, begrüßt Sven Silja. »Ich dachte, du wärst krank.«
    »Bin ich auch«, sagt Silja. »Aber zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf.«
    »Du siehst tatsächlich angeschlagen aus.«
    »Danke, das baut auf.«
    Ich hebe den Blick, höllisch bemüht um einen neutralen Gesichtsausdruck. Ich bräuchte ein Alarmsystem, um Körper und Seele darauf vorzubereiten, wenn er im Anmarsch ist. Es hebelt mich komplett aus, wenn er unvermutet so dicht neben mir steht.
    »Das hat doch gut geklappt mit Nils«, sagt er. »Man sieht euch ja an jeder Ecke knutschen.«
    Mir schießt die Röte ins Gesicht. Verdammtes Heliumblut! Lästig ist das.
    »Stimmt ja gar nicht!«, sage ich gereizter als geplant.
    »Aber jedes Mal, wenn ich hingeguckt habe«, sagt Sven.
    »Dann guck halt nicht hin.«
    Auch das kommt spitzer heraus als beabsichtigt. Ich senke verschämt den Blick und spüre zu meinem Entsetzen ein paar Tränen in den Augenwinkeln brennen. Was ist denn bloß los mit mir?
    Silja steht auf. »Ingela spielt wieder«, sagt sie. »Wollen wir ihr nicht ein bisschen zuhören?«
    »Klar«, nuschele ich.
    »Leo und ich müssen noch schnell in die Stadt«, sagt Sven. »Fragt Ingela doch mal, ob sie nicht Lust hätte, zu einer Probe mit Leos Band zu kommen. Die haben ein Stück, wo Geige super passen würde.«
    Ich merke, dass er mich noch einmal ansieht, ehe er geht, aber ich bin nicht in der Lage, seinen Blick zu erwidern. Spätestens jetzt muss er mich für eine absolut hoffnungslose Dummnuss halten. Was ich ja auch bin. Ich schaff es noch nicht einmal, die Chance zu nutzen, Sven als Freund zu behalten.
    Silja und ich gehen zum Musiksaal. Die Geigenklänge sind bis auf den Flur zu hören. Als ich die Tür öffne, ist auch noch eine Stimme zu hören. Gesang und Geige

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