Ich Will Ihren Mann
nicht hinsah. Warum wohnen die Leute bloß alle in den Vororten? überlegte sie ärgerlich. Enttäuscht ließ sie sich aufs Bett fallen und wartete auf David. Ihr Blick fiel auf das Telefon. Sie ruft immer genau im richtigen Moment an, dachte Lilian. Sie hat ein Gespür dafür.
3
»Eins ohne Trumpf.« »Passe.« »Zwei Herzen.« »Passe.« »Passe.« »Passe.«
»Zwei Herzen sind angesagt, und meine schöne Partnerin spielt aus«, sagte Al Weatherby und schaute seine Frau über den Tisch hinweg an. Seit siebenundzwanzig Jahren waren die beiden verheiratet, und Al war Beth gegenüber immer noch galant und aufmerksam. David spielte den Pikkönig aus, Al Weatherby legte sein Blatt nieder und machte den Dummy. »Achtzehn kostbare Punkte. Zu schade, daß du nicht mitgehen kannst, Liebste«, sagte er, stand auf und ging um den Tisch herum, um Beth ins Blatt zu schauen.
»O Al, es tut mir so leid«, beteuerte Beth, die ganz blaß geworden war. »Ich weiß nicht, wo ich mit meinen Gedankenbin.« Sie hielt die Karten dicht vor die Brust, in der Hoffnung, Al werde seinen Entschluß ändern, doch als er es nicht tat, streckte sie widerwillig die Hand aus und zeigte ihm ihr Blatt. »Ich war nicht bei der Sache«, seufzte sie entschuldigend.
»Mein Gott, schau dir deine Karten an!« Seine Stimme klang eher erschrocken als ärgerlich. »Ich weiß, ich weiß«, flüsterte Beth kaum hörbar. »Wir hätten zusammen mindestens einen Kleinschlemm gehabt, und was spielen wir? Zwei Herzen! Wo bist du nur heute abend mit deinen Gedanken, Liebste?« Beth hatte Tränen in den Augen. »Oh, bitte nicht weinen, Schätzchen«, sagte er begütigend. »Es ist doch nur ein Spiel! Ich bin dir ja nicht böse. Im Gegenteil, wenn ich mir dein Blatt genauer ansehe, finde ich, es war eine glänzende Idee, mit den zwei Herzen rauszukommen. Ich hätte es genauso gemacht.«
David und Lilian fingen beide an zu lachen, Beth wollte einstimmen, brachte es jedoch nicht fertig. Sie tat Lilian schrecklich leid. Trotz langjähriger Praxis hatte sie den ganzen Abend furchtbar schlecht gespielt. Wenigstens war Al ein Partner, der nie die Geduld verlor. Er nahm es so, wie er gesagt hatte: lediglich als ein Spiel. »Leg nur los, Liebste«, sagte Al und setzte sich wieder auf seinen Platz. »Es kann gar nichts schiefgehen.« Beth spielte aus, ohne zu antworten. Sie verpaßte nur einen einzigen Stich und gewann mühelos den Kleinschlemm, den sie hätte anmelden sollen. Nach der Runde lächelte sie Al verzagt an.
»Du hättest beim dritten Stich mit dem König schneiden sollen«, sagte er geduldig und sammelte die Karten ein. »Dann hättest du alle Stiche gekriegt. Schließlich hattest du doch nichts zu verlieren.«
»Laßt uns einen Kaffee trinken«, schlug Beth vor, stand auf und stieß an Lilians Stuhl. Sie keuchte vor Schmerz. »Hast du dir weh getan?« fragte Lilian besorgt.
Beth schüttelte den Kopf. »Ich stoß' mich bloß dauernd an derselben Stelle. Ihr kennt ja das Sprichwort von den offenen Wunden.« Sie hielt inne. »Gibt's ein Sprichwort über offene Wunden?« fragte sie dann, und alle lachten befreit. Lilian bot ihre Hilfe in der Küche an, doch Beth lehnte dankend ab. Sie standen vom Spieltisch auf und gingen hinüber in den weitläufigen, bequem ausgestatteten Wohntrakt, der vollgestopft war mit kostbaren Antiquitäten. »Ich werde helfen«, verkündete Al, sobald es sich seine Gäste gemütlich gemacht hatten. »Das war wirklich ein origineller Kettenbrief, den Beth da verschickt hat, nicht wahr? Meine Güte, ich hab' selten so gelacht. Ach, übrigens, Lilli«, unterbrach er sich, und ein rätselhaftes Glitzern schimmerte in seinen Augen, »wer spielte die weiblichen Hauptrollen in ›Ein Brief an drei Frauen‹?« »Jeanne Crain, Ann Sothern und Linda Darnell«, antwortete Lilian, ohne zu zögern. »Möchtest du auch die männlichen Hauptdarsteller wissen?«
»Willst du mich auf den Arm nehmen? Ein guter Anwalt muß wissen, wann er verloren hat. Ist's nicht so, David?« David nickte. »Sie ist unschlagbar.« »Hatte gehofft, das sei vor ihrer Zeit gewesen.« »Ich seh' mir eine Menge alter Filme an«, erklärte Lilian und dachte an früher, als es gar nichts Ungewöhnliches für sie gewesen war, die halbe Nacht vor dem Fernseher zu sitzen und einen Film nach dem anderen anzuschauen. Morgens war sie dann schlaftrunken zur Arbeit getaumelt, den Kopf voller hinreißender Pointen von Joan Crawford. Jetzt hatte sie keine Gelegenheit
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