Ich will vergelten: Thriller (German Edition)
Besitzer.«
»Ich will wissen, wer und warum, so schnell wie möglich.«
»Schon passiert …« Gormley warf ihr einen überheblichen Blick zu. »Das Haus war für vierzehn Tage an einen Norweger vermietet. Der Arme hatte einen Herzinfarkt und konnte nicht reisen. Und bevor du mich fragst: Er ist in einem Krankenhaus in Stavanger. Ich hab’s überprüft.«
Daniels grinste. Sie hätte es besser wissen müssen. Hank Gormley war ein geschickter Detective, der wusste, welches Risiko darin lag, sich auf etwas zu verlassen. Er war stets bei der Sache und hatte sie noch nie im Stich gelassen.
»Bist du in Ordnung?« Er sah sie über seine Gleitsichtbrille hinweg an, während sie sich die linke Schulter massierte, ohne sich dessen bewusst zu sein. »Ich hatte dich nicht so bald zurückerwartet.«
»Es geht mir gut.«
»Wie ist die Anhörung ausgegangen?«
Daniels wusste, dass er sich um sie sorgte. Sie wusste auch, dass sie nach einer gefährlichen Begegnung mit einem Serienmörder nicht gerade aussah wie das blühende Leben. Aber es war an der Zeit, das alles hinter sich zu lassen und sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie war noch nie der Typ gewesen, der herumsaß und den Kopf hängen ließ. Ihrer Meinung nach musste man einfach nur weitermachen. So hatte sie es getan, als ihre Mutter gestorben war, und so würde sie es auch diesmal tun.
»Kleinigkeit …«, sagte sie schließlich. »Es gab nichts, wofür ich mich hätte verantworten müssen.«
»Wann ist die Einsatzbesprechung?«
»Die wird warten müssen. Richte uns fertig ein und fang an. Ich muss ins Hauptquartier zurück und mein Auto holen.« Sie rollte mit den Augen. »Der Chef will mich sehen. Ich bete zu Gott, dass er nicht alles haarklein über die Anhörung erzählt haben will. Es war komplette Zeit- und Geldverschwendung. Es gibt dazu nichts zu sagen.«
Gormley führte sie in eine ruhige Ecke und sprach leiser. »Es geht mich ja nichts an, aber solltest du nicht noch krankgeschrieben sein? Du siehst echt beschissen aus!«
Sie zog ein Gesicht. »Selber, und wie lautet deine Ausrede?«
»Du solltest dich erholen, Kate. Du hast es in letzter Zeit schwer gehabt.«
»Lass mich in Ruhe, Hank. Und hör auf, dich als mein Betreuer aufzuführen; ich bin ein großes Mädchen.«
»Schön zu sehen, dass deine Begegnung mit dem Tod dich nicht kleingekriegt hat.«
»Ich hab dir gesagt, es geht mir gut …« Sie tätschelte seinen Oberarm. »Mach kein Drama draus!«
Sie ließ ihn stehen und ging hinaus, wobei seine Worte in ihren Ohren nachhallten. Er war nicht der Einzige, der meinte, sie wäre zu früh zur Arbeit zurückgekommen: ihr Arzt, ihr Vater, ihr Exboss – Detective Chief Superintendent Bright – sie dachten alle dasselbe. Andererseits war Bright ein Meister in der Kunst des Tu-was-ich-sage-nicht-was-ich-tue. Er hatte kürzlich seine Frau verloren und es rundheraus abgelehnt, wegen des Trauerfalls Sonderurlaub zu nehmen. Warum sollte sie also? Sie dachte immer noch an ihn, als sie links auf die Militärstraße abbog und aufs Gaspedal trat.
Als der Dienstwagen beschleunigte, klingelte ihr Telefon. Tim Stanton war mit der Autopsie fertig, und seine ersten Befunde hatten nicht das ergeben, was sie hören wollte.
»Sind Sie sicher?«, fragte sie.
»Es gibt nicht den geringsten Zweifel. Fast alle Knochen in ihrem Körper sind gebrochen. Ungefährer Todeszeitpunkt etwa drei Uhr morgens, mehr oder weniger …« Er seufzte schwer, und seine Stimme klang härter als vorher. »Und da ist noch etwas …«
Was auch immer, es wird nichts Gutes sein.
»Tim, was ist es?«
»Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber sie hat noch gelebt, als sie auf dem Boden aufschlug.«
Seine Worte ließen sie am ganzen Körper erschauern. Sie hatte in ihren Jahren an der vordersten Front den Tod in allen seinen grausigen Formen zu Gesicht bekommen, aber dieser Modus Operandi war ihr neu; eine verabscheuenswürdig grausame Tat, unfassbar sogar für die abgebrühtesten unter den Profis im Team. Stantons Stimme wurde immer wieder leiser und lauter, was teilweise an einem schwachen Satellitensignal lag, aber hauptsächlich daran, dass Daniels sich das Entsetzen eines jungen Mädchens vorstellte, das durch die Luft flog und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Erdboden aufschlug.
Organe, die beim Aufprall bersten.
Zersplitternde Knochen.
Tod.
Daniels schluckte schwer. »Ist es möglich, die Höhe zu berechnen, aus der sie heruntergeworfen wurde? Ich
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