Ich wollte Liebe und lernte hassen
Zeit, die kommt doch sonst auch nicht. In mir stieg eine Ahnung auf, und ich dachte gleich an meine Schimpfworte, die ich losgelassen hatte, und jetzt ist sie gekommen um sich zu beschweren. Pappa öffnete die Tür und begrüßte sie ganz höflich und bat sie dann, sie möchte doch bitte eintreten, was sie auch dann tat, und gleich anfing mit meinem Vater zu sprechen.
»Ihr Sohn ist unmöglich, Herr Mertens, er hat heute meine Tochter beschimpft, mit Ausdrücken, die nicht mehr menschenwürdig sind, so etwas gibt es ja nicht einmal in den Slums von Amerika.«
»Ja warum hat er denn das getan und wie hat sich das überhaupt abgespielt?« fragte mein Vater.
»Meine Töchter sind auf der Terrasse gestanden und haben auf Ihren Sohn heruntergeschaut, und als er das gesehen hat, fing er an, sie mit Schimpfwörtern zu betiteln, als er damit anfing kam ich gerade auf die Terrasse und schickte meine Töchter gleich wieder in die Stube, damit sie das nicht mit anhören mußten, ich will mir ja meine Töchter nicht versauen lassen.«
Mein Vater schaute sie prüfend an und schaute dann zu mir herüber und fragte: »Fritz, ist das richtig, was Frau Meier da sagt, und wenn, warum hast du das getan?« Im ersten Moment bekam ich keinen Ton heraus, aber dann, als ich mich unter Kontrolle hatte, sagte ich mit leiser Stimme: »Nun Pappa, ganz so wie es Frau Meier sagt, war es nicht, und ohne Grund schimpfe ich nicht auf andere Leute oder Kinder.« Und dann schilderte ich genau, was passiert ist, und mein Vater wurde von Wort zu Wort, das ich sprach, roter im Gesicht, und drehte sich dann zu Frau Meier. »Was haben Sie dazu zu sagen, Frau Meier. Sie haben also doch nicht alles mitbekommen?« »Das ist eine Lüge, Herr Mertens, was Ihr Sohn da erzählt, unsere Töchter lügen nicht, sowas täten sie niemals.« »Also dann holen Sie doch mal Ihre Töchter und ich werde sie fragen.« Sie stürzte in ihre Wohnung nebenan und kam nach ein paar Minuten mit ihren Mädchen wieder, und mein Vater fragte die drittälteste, was da los war, denn von den beiden ältesten hätte er sowieso nicht die Wahrheit erfahren, da sie immer lügen, daß sich die Balken biegen.
Die Kleine schaute meinem Vater genau in die Augen, und nach einem kurzen Moment fing sie an zu schluchzen, fiel ihrer Mutter in die Arme und sagte: »Susanne hat gesagt, ich darf nichts verraten, sonst kriegen wir alle ne Tracht Prügel und ich noch eine extra von Susanne, aber ich habe nicht ein einzigesmal getroffen, als wir von der Terrasse spuckten.« Das langte meinem Vater, und er wandte sich an Frau Meier. »Also dann wäre der Fall ja erledigt, und ich täte Ihnen empfehlen, Ihre Töchter besser im Zaum zu halten und sie dazu zu bringen, sie nicht mehr anzulügen, damit nicht mehr solche Mißverständnisse auftreten. Wollen Sie noch ein Glas Wein mit uns trinken, wir nehmen es niemandem übel.« Frau Meier kam auf mich zu, und entschuldigte sich bei mir, mit hochrotem Kopf, und ihre Töchter ebenfalls, dann schlug sie das angebotene Glas Wein aus und verschwand mit ihrer Sippschaft wieder aus unserer Wohnung.
Mann, hatte ich am Anfang Bammel gehabt, daß ich wegen meiner Schimpfwörter eine Tracht Prügel abbekommen tat.
Pappa kam zu mir und kniete vor dem Rollstuhl hin und sagte dann zu mir: »Das, was die getan haben, war nicht richtig, aber ich muß dir auch eine Rüge erteilen, mit solchen Schimpfwörtern wirfst du mir nicht mehr rum, das nächstemal kommst du gleich nach Hause und erzählst alles, ohne zu lügen, wie es die jetzt getan haben, von Anfang an, und dann werden wir, also Mutti und ich, das Problem in die Hand nehmen und alles regeln. Haben wir uns verstanden?«
»Ja«, sagte ich und nickte mit dem Kopf.
Pappa stand auf und strich mir flüchtig mit der Hand über die Haare, und sagte dabei: »Dann ist ja alles wieder in Ordnung, und jetzt will ich die Nachrichten anschauen!«
Ich freute mich im geheimen und wünschte mir das erstemal, daß die Nachbarkinder heute endlich mal den Frack vollbekommen, damit es ihnen mal eine Lehre ist, und sie mich in Zukunft in Ruhe lassen.
Am nächsten Tag betrachteten mich die Nachbarkinder ziemlich schräg, aber ich wußte immer noch nicht, ob sie jetzt endlich ihre Tracht bekommen haben, aber sie hänselten und ärgerten mich an diesem Tag nicht, und ich war froh darüber.
Aber ein paar Tage später ging es wieder los, doch ich sagte nichts, ich leistete keine Gegenwehr mit Schimpfwörtern und erzählte zu Hause
Weitere Kostenlose Bücher