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Ich wollte Liebe und lernte hassen

Titel: Ich wollte Liebe und lernte hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Mertens
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Schulglocke läutete und wir wieder ins Klassenzimmer mußten.
    Mittlerweile war der Arzt auch fertig mit seiner Sägearbeit und sprach mich an, und dabei riß er mich aus meinen Gedanken, und ich fragte »Wie bitte«, da ich ihn nicht verstanden habe, oder besser gesagt es nicht mitbekommen habe, da ich ja wo ganz anders war.
    »Wir sind fertig, versuche dich mal ganz aufzurichten, also hinsetzen, sagte ich«, wiederholte er. Ich versuchte mich aufzurichten, was mir auch sofort gelang, und ich freute mich, daß es mir keine Schwierigkeiten bereitete, und dachte sofort, daß es mit dem Laufen auch nicht schwieriger sein würde, und so lautete auch gleich meine nächste Frage: »Darf ich jetzt versuchen zu laufen?« »Nein, wir müssen dich röntgen und dann werden wir weitersehen«, sagte er.
    Man brachte mich wieder auf den Röntgentisch und bereitete alles für die Röntgenaufnahmen vor. Nachdem diese erledigt waren, brachte man mich in eine Art Wartezimmer, wo eine Liege drinnen stand, und zwei oder drei Stühle, ein Rollstuhl, und noch ein paar andere Geräte. Dort wartete ich fast eine halbe Stunde, als der Arzt wieder zu mir kam und mich nochmal genau untersuchen wollte, also besser gesagt, abtasten. Ich lag erwartungsvoll auf der fahrbaren Liege, als er eintrat. »So mein Junge, jetzt will ich dich noch mal ein bißchen untersuchen, bis die Röntgenaufnahmen fertig sind, wir sind damit gleich fertig, und dann werden wir sehen, was wir mit dir weiter machen«, sagte er, so richtig routinemäßig.
    Er stellte sich vor die Liege und winkelte mein Bein, also das linke, das ganz im Gips gelegen ist, an und sagte: »Wenn es anfängt weh zu tun, dann sag es.« Er hatte es nur leicht angewinkelt, als ich schon aufschrie: »Au! Das tut schon weh.«
    Er nickte und legte das Bein wieder kerzengerade auf die Liege. Dann tastete er mein Becken ab und fragte mich öfters, ob mir das und das oder das weh täte, worauf ich immer verneinte, da es mir ja wirklich nicht weh tat. Als er fertig war, ging er hinaus und kam gleich darauf wieder herein.
    »So Kleiner, laufen darfst du noch nicht, aber du wirst die nächsten vier Wochen im Rollstuhl verbringen und nicht auftreten auf den linken Fuß, und dann kommst du wieder zu mir, und wir werden weitersehen«, sagte er, und rümpfte dabei die Nase. »Hast du mich verstanden?« fragte er, worauf ich gleich antwortete: »Ja.« Ich war nicht einmal so enttäuscht, als er mir sagte, ich darf noch nicht laufen, aber ich war heilfroh, daß er mich nicht wieder eingegipst hatte, und ich vermied es total, von Gips zu sprechen, damit er es sich nicht wieder anders überlegte und mich dann doch noch einbetonieren tut.
    »Jetzt kannst du dir die Hosen anziehen, und ich schicke dir gleich deine Mutti und eine von meinen Helferinnen, die dir beim Anziehen helfen werden, und vergiß nicht, ja nicht auf den kranken Fuß auftreten, nur versuchen ihn ein klein wenig anzuwinkeln, damit du ihn nicht immer kerzengerade halten mußt, alles o.k.?«, fragte er dann noch, und ich versicherte ihm: »Ja, ich habe alles verstanden.«
    Dann kamen Mutti und eine andere Frau, die die Arztgehilfin sein mußte, ins Zimmer, und halfen mir beim Anziehen. Auf einmal waren die zwei Sanitäter wieder da und sagten: »Heute fahren wir dich das letzte Mal nach Hause.« Einer nahm mich auf den Arm und trug mich hinaus, und unterwegs zum Krankenwagen verabschiedete ich mich vom Arzt, der mir zum Schluß noch zuwinkte und lächelte.
    Als wir wieder zu Hause waren, und ich im Wohnzimmer saß, fühlte ich mich irgendwie besser als die ganzen letzten Wochen und freute mich wie ein Schneekönig über den losgewordenen Gips.
    Nach zehn Minuten kam Mutti mit einem fahrbaren Stuhl ins Zimmer und sagte: »Der ist gerade für dich abgegeben worden, das ist jetzt dein Rollstuhl für die nächsten paar Wochen.« Ich schaute das komische Gefährt an. Es war ziemlich groß, hatte zwei Griffe an kurzen Stangen, die sich beim Fahren bewegten.
    So vom Aussehen war mir der Rollstuhl gleich sympathisch.
     
    Ich setzte mich in den Rollstuhl und bewegte die Hebel, beide Vordrücken und dann nach hinten Ziehen, und der Stuhl bewegte sich kerzengerade nach vorn. Wenn man die Hebel jetzt einen nach vorn und einen nach hinten bewegte, konnte man auch Kurven fahren. Ich probierte also meine Neu-eroberung gleich aus und fuhr im Hof an den Garagen, die dort waren, ganz vorsichtig hin und her.
    Nach zwei Tagen hatte ich mich daran gewöhnt, mit dem

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