Ich wuensch mir dich
Man konnte sich nicht einigen, ob die Milchallergie der Erbtante der Nussallergie des Großvaters unterzuordnen sei oder umgekehrt. Was Eiscreme für die eine und Nusstorte für den anderen ausschloss. Nach halbstündiger Diskussion und waschechtem vorehelichen Krach einigte man sich in Anbetracht der zu erwartenden Hochzeitstorte dann doch noch auf ein Eisdessert und fürs Tantchen einen exotischen Früchtecocktail.
»Überhaupt darf man den Leuten nicht zu viele Wahlmöglichkeiten bieten. Das macht es für die Kunden nur unnötig schwer. Das kennst du doch sicher auch«, lachte Lara. »Oder?«
»Allerdings«, bestätigte Emily. »Aber du meinst das doch nicht ernst? Ich meine, das Sortiment zu beschränken.«
Lara seufzte. »Irgendwie schon.«
»Heutzutage erwarten die Kunden jeden noch so ausgefallenen Exoten. Deshalb wenden sie sich ja an eine kleine Gärtnerei wie meine, oder in deinem Fall an einen Cateringservice. Alles andere bekommen sie ja schon im normalen Supermarkt.«
Lara hob anerkennend die Augenbrauen. Emilys Gutherzigkeit und Hilfsbereitschaft hatten sie verleitet, sie für etwas naiv zu halten. Das war wohl ein Irrtum.
»Du hast absolut recht«, sagte sie. »Und natürlich biete ich meinen Kunden ein weitreichendes Angebot. Aber ich frage immer nach ihren Vorstellungen und treffe eine Vorauswahl. Sonst würden sich die Beratungen ewig hinziehen.«
»Nun ja, man heiratet nur einmal im Leben«, gab Emily zu bedenken. »Da will man eben alles perfekt haben.«
Lara konnte nicht verhindern, dass sich ihr Mund spöttisch verzog. »Soweit mir bekannt, enden fünfzig Prozent der Ehen mit Scheidung. Außerdem, ich rede ja nicht nur von Hochzeiten.«
Plötzlich schrak Emily zusammen und sah auf die Uhr. »Verdammt, schon halb elf. Ich wollte um zehn zu Hause sein.«
Lara winkte der Bedienung und bat um die Rechnung. »Das war ein schöner Abend«, sagte sie dann an Emily gewandt.
»Ja, fand ich auch.«
»Kommst du Samstag?«
Emily zögerte.
»Komm, sei spontan! Sag Ja.« Lara lächelte aufmunternd.
»Okay«, stimmte Emily zu.
Laras Lächeln vertiefte sich. »Schön, ich freue mich.«
Kurz darauf standen sie beide vor dem Restaurant. Lara reichte Emily zum Abschied die Hand, hielt sie fest. »Noch mal danke für den Abend.«
Emily lächelte zaghaft.
»Weißt du eigentlich, wie hübsch du bist?«, sagte Lara leise.
Emily war offenbar zu überrascht, um etwas zu erwidern. Lara beugte sich zu ihr vor und küsste sie auf den Mund. Nicht lang, aber lang genug, dass ihre Lippen einander fühlten. Kurz bevor Lara sich zurückzog, glaubte sie zu spüren, wie Emily zitterte.
»Was … wieso …«, stotterte Emily überrumpelt.
Lara lächelte. »Wie sagtest du? Ich bin sehr spontan.«
***
Nadines Haltung war ein einziger Vorwurf. »Es ist elf!«
»Tut mir leid, Schatz. Ich habe die Zeit vergessen.«
Doris kam aus dem Wohnzimmer. »Hallo Emily. Schönen Abend gehabt?«
»Ja, danke. Und ihr?«
Doris nahm ihre Jacke von der Garderobe. »Popcorn, Cola und Film. Bestes Kino. Ich lass euch dann jetzt mal allein.«
Sie verschwand so schnell aus der Tür, dass Emily ihr nur noch »gute Nacht« hinterher rufen konnte.
Nadine ging wortlos ins Wohnzimmer, setzte sich aufs Sofa, schaute demonstrativ in den Fernseher, der immer noch eine DVD abspielte. Irgendwas Gruseliges, Blutiges, wie Emily der dunklen Szene und Musik entnahm. Sie setzte sich neben Nadine. »Bist du sauer?«
»Na klar bin ich sauer. Du scheinst dich ja glänzend mit anderen Frauen zu amüsieren, wenn du darüber sogar die Zeit vergisst.«
»Lara hat mir einen Auftrag angeboten«, verteidigte Emily sich. Natürlich war das nur die halbe Wahrheit. Lara hatte sie tatsächlich in eine Art Bann gezogen. Und auch wenn sie es sich nicht hatte anmerken lassen, sie hatte Laras Blicke deutlich auf ihrer Haut gespürt.
»Wie schön für dich«, schmollte Nadine.
»Du weißt doch, dass das Geschäft im Moment jeden Auftrag gebrauchen kann.«
»Ja schon. Trotzdem. Du hättest wenigstens anrufen können. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
Das fand Emily nun etwas übertrieben, aber sie hütete sich davor, Nadine ihren Gedanken mitzuteilen und sie noch mehr zu verärgern.
»Doris sagte auch, dass du hättest anrufen können.«
Emily seufzte. Natürlich sagte Doris das. Doris sagte immer, was Nadine erwartete. Oft gab sie Nadine sogar ein, was sie zu erwarten hätte. Das war schon ein wenig anstrengend. Aber Doris war nun mal Nadines
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