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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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dich weiter an. Nach einer Weile senktest du den Blick und schobst die Hände in die Taschen. »Ich mein’s ernst«, sagtest du, wobei dir fast die Stimme wegblieb. »Was sind schon sechs Monate für dich? Was hast du zu verlieren?«
    Du kicktest in den Staub. Der dumpfe Aufprall deiner Stiefel auf dem Boden war das einzige Geräusch hier draußen. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Ich war mir nicht sicher, ob ich dir vertrauen konnte. Wer vertraut schon einem Kidnapper, egal, worum es geht? Was du getan hattest, machte es mir nicht gerade leicht, dir zu glauben und zu vertrauen.
    »Selbst wenn’s dir ernst ist«, forderte ich dich heraus. »Selbst wenn du mich zurückbringst – was hindert dich dran, das alles einem andern Mädchen anzutun?«
    Du fuhrst dir mit der Hand durch die Haare. »Es gibt kein anderes Mädchen. Ohne dich werd ich allein hier leben müssen.«
    »Du bist widerlich.« Du zucktest zusammen. Ich machte einen Schritt auf dich zu. »Du willst mir bloß schmeicheln, damit ich tu, was du willst. Du kannst gar nicht anders. Natürlich wird’s ein anderes Mädchen geben. Was sagt man noch über Hunde? Wenn sie ein Mal Blut geleckt haben, töten sie immer wieder …«
    »Ich töte überhaupt keinen.«
    »Aber du bist ein Hund.«
    Du blicktest mich mit riesigen Augen an. In gewisser Weise warst du in diesem Moment wirklich wie ein Hund. Du hast darauf gewartet, dass ich dir einen Knochen zuwerfe … jedenfalls hast du inständig auf irgendwas von mir gewartet. Auf etwas, das ich dir nie würde geben können.
    »Ich liebe dich«, sagtest du ganz ruhig, ohne auch nur zu blinzeln. Du hast darauf gewartet, dass dein Satz bei mir ankam. Aber das tat er nicht. Er prallte einfach ab. Ich weigerte mich, über ihn nachzudenken.
    »Du bist ein Scheißkerl«, sagte ich.
    Ich setzte mich wieder in Bewegung. Du versuchtest mit mir zu reden, obwohl ich dir den Rücken zuwandte. Als ich trotzdem weiterlief, hobst du die Stimme.
    »Das Land will, dass du hier bist. Ich will, dass du hier bist«, riefst du. »Ist dir das denn ganz egal?«
    Ungläubig drehte ich mich um. »Glaubst du ernsthaft, ich würde dir zuliebe irgendwas tun, nach allem, was du mit mir gemacht hast? Bist du komplett verrückt?«
    »Wir brauchen dich.«
    »Du brauchst überhaupt nichts außer einem Psychiater.«
    Du gafftest mich an. Ich sah, wie deine Augen nass wurden, wie sie überliefen, während du mich anschautest. Ich schüttelte den Kopf, wollte mich nicht von dir einlullen lassen.
    »Das hier ist so was von daneben«, sagte ich. Ich sprach leise, mehr mit mir selbst als mit dir. Du wolltest etwas erwidern, aber ich redete einfach weiter, auf einmal ohne Angst. »Du hast einen ganzen Berg von Problemen. Und hier draußen komm ich nie von dir weg. Außer du bringst mich zurück in eine Stadt.«
    »Das will ich nicht.«
    »Aber ich will es.«
    Meine Worte ließen dich zusammenzucken, als hätte ich dich geschlagen. Du wichst meinem Blick aus, anscheinend schämtest du dich für diese Reaktion.
    »Jetzt bist du nicht mehr so stark, was?«, sagte ich leise.
    Ich drehte mich um und lief schnell auf die Separates zu. Ich spürte, wie mein Körper zu zittern begann. In diesem Moment fühlte ich mich schwach und war fast so aufgelöst wie du. Ich wollte dich nicht sehen. Du kamst mir nicht hinterher; du bliebst einfach, wo du warst, starrtest mit gesenktem Kopf in den Staub. Ich stolperte zwischen den Felsen durch, froh darüber, allein zu sein. Ich konnte damit umgehen, wenn du hart und unerbittlich warst, denn dann wusste ich, was ich zu erwarten hatte. Aber so? Ich hatte keine Ahnung, was ich davon halten sollte.
     
     
    An diesem Abend wirktest du still und warst nachdenklicher als sonst. Du tränktest die Lappen für meine verbrannte Haut mit einem Pflanzensud, der nach Krankenhaus roch. Nach dem Essen standst du an der Spüle und schautest hinaus in die Dunkelheit. Dein Körper war angespannt, du hast mich an einen Jäger erinnert, der das Wild kommen sieht. Das Licht der Petroleumlampe zeichnete Schatten auf deine Haut. Ich räumte die Teller vom Tisch und brachte sie dir zum Spülen. Da drehtest du dich um und packtest mich am Handgelenk, so plötzlich, dass mir beinahe alles heruntergefallen wäre.
    »Das war mein Ernst, weißt du?«, sagtest du. »Was ich heute gesagt habe … ich hab das ehrlich gemeint. Gib uns hier sechs Monate, bitte. Kannst du so lange warten?«
    Ich machte einen Schritt rückwärts und zog meine

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