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Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Ich wuenschte, ich koennte dich hassen

Titel: Ich wuenschte, ich koennte dich hassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Christopher
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draußen, nach Schritten auf der Veranda. Aber da war kein Poltern und kein Rumsen, nichts, was darauf hingedeutet hätte, dass irgendwer hier war. Nur ich. Nur du. Das Einzige, was ich hören konnte, waren deine Schreie.
    Du brülltest irgendwelche Töne, dazwischen aber auch einzelne Worte, die ich nicht verstand. Zwischendrin klang es, als würdest du weinen. Ich stand auf und nahm das Messer. Auf den Fußballen ging ich zur Tür, leise und langsam. Genau in dem Moment, als du wieder losschriest, drückte ich die Klinke hinunter – ich wollte, dass der Lärm das Türenquietschen übertönte. Ich betrat den Gang. Dort war keine Spur von irgendjemandem zu sehen, keine Schatten, gar nichts. Aber deine Schreie klangen hier noch lauter, sie hallten heiser im Haus herum. Deine Zimmertür stand ein kleines Stück offen. Ich legte mein Ohr an den Spalt und lauschte.
    Ein paar Sekunden lang war es still, vielleicht sogar ein oder zwei Minuten. Die Stille legte sich auf meine Ohren. Dann hörte ich dein Schluchzen. Es steigerte sich schnell, wurde unkontrolliert und immer verzweifelter, wie das Schluchzen von kleinen Kindern manchmal. Ich spähte durch den Spalt in die Dunkelheit. Irgendwas lag bebend auf dem Bett: du. Sonst bewegte sich nichts. Ich stieß die Tür weiter auf.
    »Ty?«
    Dein Schluchzen hörte nicht auf. Ich machte einen Schritt auf dich zu. Vom Fenster her fiel ein Streifen Licht auf dein Gesicht und deine nassen Wangen. Deine Augen waren geschlossen, wirkten wie zugekniffen. Ich wagte mich noch einen Schritt vor.
    »Ty? Bist du wach?«
    Du hattest die Hände zu Fäusten geballt und knetetest den zusammengerollten Pullover, der dir als Kissen diente. Das Laken war heruntergerutscht, so dass du mit dem Rücken auf der bloßen Matratze lagst. Du wirktest zu groß für das Bett. Dein Bauch war so lang und so gerade wie ein Baumstaum. Aber in diesem Augenblick zitterte er, als wäre er ein junger Trieb.
    Ich ließ die Tür hinter mir weit offen und sah mich im Zimmer um. Das Fenster war geschlossen und es gab nicht den geringsten Hinweis darauf, dass jemand außer dir hier drin gewesen war. Du musstest im Schlaf geschrien haben.
    Du vergrubst dein Gesicht im Pullover und dein Schluchzen wurde leiser. Ich stand da und schaute. Du weintest so, wie ich in den ersten Tagen hier geweint hatte, still und verzweifelt, und es wirkte, als würdest du nie wieder aufhören. Es war verrückt – fast hätten deine Tränen mich dazu gebracht, genauso loszuschluchzen. Ich schüttelte den Kopf. Du warst ein harter Knochen, stark und gefährlich. Vielleicht war das alles nur Show.
    Ich sah zu, wie du die Beine an die Brust zogst und zu schaukeln anfingst. Und dann fingen die Schreie wieder an. Sie durchbohrten mich geradezu. Ich musste mir die Hände auf die Ohren legen. Ich trat an dein Bett. Ich musste dafür sorgen, dass das hier aufhörte. Ohne zu überlegen, was ich tat, packte ich dich an den Schultern. Schüttelte dich. Deine Haut war klamm. Heiß.
    Deine Augenlider klappten auf, aber du sahst mich nicht gleich. Du sahst jemand anderen. Du schobst mich weg und wichst rückwärts über die Matratze nach hinten, bis du gegen die Wand gestoßen bist. Deine Augen rollten wild hin und her, während du dich bemühtest, sie zu fokussieren. Dann begannst du vor dich hin zu murmeln, Töne auszustoßen.
    »Bring mich nicht von hier weg«, sagtest du. »Bitte, lass mich.«
    Ich versuchte deinen Blick zu erwidern, ihn mit meinem festzuhalten. »Ich bin’s, Gemma«, sagte ich. »Ich bring dich nirgendwohin. Beruhig dich.«
    »Gemma?«
    Du sagtest meinen Namen, als wäre er etwas, woran du dich kaum erinnern konntest. Du hast das Laken geschnappt und es um dich gewickelt.
    »Du träumst, Ty«, sagte ich.
    Aber du hörtest nicht zu. Du krochst wieder nach vorne und kralltest dich in mein T-Shirt. Ich wich zurück.
    »Hör auf, Ty!«
    »Bring mich nicht weg«, schluchztest du mit einer kindlichen Stimme. »Mama war hier, die Bäume, meine Sterne … Ich will nicht weg.«
    Du packtest meine Taille, schlangst die Arme um sie. Du weintest in meinen Bauch. Deine Augen waren offen, aber du erkanntest mich immer noch nicht. Du drücktest mir deine Finger in den Rücken und zerrtest an meinem Shirt. Ich berührte deine Haare und das Weinen ließ nach.
    »Ich bin’s, Gemma«, sagte ich. »Wach auf.«
    Ich spürte deine feuchten Tränen auf meinem Bauch; deine Finger, die eng um meine Hüfte lagen und mich nicht loslassen wollten. Ich

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