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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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heißt, ich war sauer, oh ja, kannst du mir glauben. Dass du mich hier alleine gelassen hast, war ja die eine Sache, aber dann einfach nicht aufzumachen. Du warst doch da. Ihr wart da. Ich habe euch flüstern gehört.«
    »Ja, weißt du, das ist irgendwie schwer zu erklären.« Ich fahre mir mit der Hand über die Stirn und suche nach den richtigen Worten.
    »Du bist traurig«, bemerkt sie.
    »Nein. Nur erschöpft.«
    »Frau Obst wird dir den Kopf abreißen, der konnte ich nichts vormachen, die hat mich mal in der Pause geschnappt, und da wusste ich gar nicht, wohin mit meinen Augen, Mann, die hat vielleicht einen Blick drauf!«
    Ich fange an, meinen Rucksack auszupacken, sortiere die dreckige Wäsche auf farbige Haufen auf dem Boden. Meine Mutter hat eine strenge Ordnung bei der Wäsche. Alles wird nach Farben sortiert und es gibt zwei verschiedene Weißtöne. Das strahlende Weiß und das gedämpfte Weiß.
    »Willst du gar nicht wissen, warum ich nicht mehr sauer auf dich bin?«, fragt Maja, während sie ihre Zehen begutachtet.
    »Sag es mir.«
    »Ich habe dein Tagebuch gelesen. Als Rache. Als Genugtuung. Das hat geholfen. Ich dachte mir, du bist ja auch nur so’n armes Würstchen, also was soll ich noch sauer auf dich sein. In deinem Kopf gehen wirklich komische Dinge vor, ehrlich.«
    Ich sollte Maja vielleicht sagen, dass ich gar kein Tagebuch führe, nur so einen Block, wo ich manchmal Dinge reinschreibe, um mal was auszuprobieren. Oder Zitate von anderen. Aber wenn sie glaubt, mein Tagebuch gelesen zu haben, und sie das glücklich macht und sie deshalb nicht sauer auf mich ist, dann lasse ich es lieber bleiben. Man muss das mit der Wahrheit manchmal nicht zu genau nehmen.
    Ich freu mich, sie zu sehen. Ihre Überdrehtheit hat etwas Vertrautes, etwas Verlässliches. Ich habe sie wirklich vermisst.
    Überhaupt, die Wohnung ist aufgeräumt, die Blumen sind gegossen und die Post liegt fein säuberlich auf der Kommode gestapelt. Eine bessere Aufpasserin hätte ich mir nicht wünschen können.
    »Wann kommen deine Eltern wieder?«, fragt sie.
    »Übermorgen.«
    »Gut. Ich werde dann morgen nach Hause gehen. Heute ist noch eine Party. Ich nehme an, du hast keine besondere Lust.«
    »Du kennst mich einfach schon wirklich gut.«
    »Wäre auch nichts für dich. Ist so ein Electro-Goa-Event.«
    »Seit wann hörst du Electro?«
    »Schon immer. Ich höre alles, wenn es sein muss. Man darf sich selbst nicht zu sehr begrenzen!«
    »Du hast recht. Wirklich. Ich will aber einfach nur noch in die Wanne und dann schlafen. Vielleicht sehe ich mir noch irgendeinen Film an.«
    »Na, das sind aber spannende Pläne für sturmfreie Bude!« Sie stellt sich vor den Spiegel und ordnet ihre Haare von der einen Seite auf die andere und wieder zurück.
    »Hey, sehen wir uns dann morgen noch?«
    »Bestimmt.« Sie wird nachdenklich. »Willst du dann reden?«
    »Möglich.« Eigentlich möchte ich wirklich gerne mit ihr reden, nur nicht gleich sofort. Ich muss selber erst meine Gedanken ordnen.
    »Ich werde da sein«, sagt sie und streicht mir dabei über die Wange.
    »Danke.«
    Als Maja gegangen ist, stelle ich die Waschmaschine an und esse eine Pizza aus dem Ofen. Ab und zu sehe ich auf mein Handy, ob nicht eine SMS gekommen ist.
    Dann lege ich mich im Wohnzimmer auf die Couch und zappe durch die Fernsehsender. Ich bleibe bei einem skandinavischen Krimi hängen. Wälder, Felder und kleine Autos. Der Kommissar hat eine komische Frisur und raucht die ganze Zeit Zigaretten ohne Filter. Ich döse weg, höre noch die Schreie aus dem finnischen Wald und bin dann eingeschlafen.
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, fühle ich mich krank. Der Hals und der Kopf tun mir weh und ich spüre eine leichte Übelkeit. Ich koche mir einen Tee und klettere wieder unter die Bettdecke. Maja ist nicht da. Wahrscheinlich feiert sie noch irgendwo, dort wo die Partys erst um zwölf Uhr mittags aufhören. Ich frage mich, ob ich irgendwie komisch bin, nicht normal, weil mich solche Partys nicht interessieren. Ob ich eine Spielverderberin bin oder vielleicht verklemmt, unlocker, spießig, langweilig? Ich hatte nie das Gefühl, anders als die anderen zu sein, aber in letzter Zeit bin ich immer mehr genervt von dem unermüdlichen Partymob.
    Das Telefon klingelt. Mit klopfendem Herzen nehme ich ab.
    »Hey, ich bin’s, Maja. Hör zu, mir ist hier was dazwischengekommen, wenn du verstehst, was ich meine. Ich kann vielleicht erst heute Abend da sein. Ist das okay für

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