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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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und so hingebungsvoll diene! Mich,
     die ich jetzt Eure einzige Freundin bin, die Euch notfalls bis in die Hölle folgen würde!«
    Hier übertreibe ich ein wenig. Und die Signora könnte mit Leichtigkeit erwidern, daß angesichts meiner geringen Neigung, mit
     ihr in die Engelsburg zurückzukehren, das mit der Hölle um so weniger ernst zu nehmen sei …
Madonna mia!
Was für Dummheiten sagt man doch manchmal, wenn man sich streitet! Aber ich bin wirklich ganz außer mir, im höchsten Maße
     verzweifelt und gedemütigt! Es ist das erste Mal, daß die Signora mich so geschlagen hat. Und die Ohrfeigen des
mancino
? könnte man fragen. Aber das ist etwas anderes:
il mancino
ist mein großer Bruder.
    Die Signora ist vielleicht nicht sehr stolz auf das, was sie getan hat, aber zu hochmütig für ein Wort des Bedauerns; deshalb
     kehre ich mich von ihr ab, suche aus dem Gepäck, das der Soldat des Fürsten in einer Zimmerecke abgelegt hat, mein Bündel
     heraus und wende mich zur Tür.
    »Wo willst du jetzt hin, du Närrin?«
    »Dem Fürsten sagen, Ihr wollt mich nicht mehr sehen, Ihr habt meine Frechheit und mein Geschwätz satt, er kann mich in seine
     Dienste nehmen und zu seiner Hure machen, wenn er Lust hat.«
    »Caterina!«
    »Habt Ihr mir nicht befohlen, ihm das zu sagen, Signora, und mit zwei Ohrfeigen noch nachgeholfen?«
    »Verdammte kleine Hexe, du machst mich noch mal wahnsinnig!«
    Doch an ihrem Gesicht sehe ich, daß sie zwischen Zorn und Lachen hin und her gerissen ist.
    Mir bleibt keine Zeit, abzuwarten, wofür sie sich entscheidet, |309| denn sie stürzt sich plötzlich auf mich, schlingt die Arme um mich, preßt mich zum Ersticken an sich und drückt kleine Küsse
     auf meine Stirn. Und ich, ich umarme sie ebenfalls, verberge mein Gesicht an ihrem Hals, küsse sie auf die Wangen und weine.
     Dumm, wie ich bin, weine ich Freudentränen!
     
     
    Marcello Accoramboni:
     
    Bei der Nachricht, Vittoria sei durch den römischen Aufstand gegen den Papst befreit worden, lieh ich mir von Margherita Sorghini
     ihre schnellsten Pferde und ritt mit zwei Dienern, bis an die Zähne bewaffnet wie ich selbst, so schnell nach Rom, wie wir
     es unseren Reittieren zumuten konnten.
    Obwohl Della Paces Bericht mich vom Verdacht des Mordes an meinem Schwager entlastete, hütete ich mich wohl, so ohne weiteres
     nach Rom heimzukehren. Ich schickte einen meiner Diener als Kundschafter vor. Er kam freudestrahlend zurück: in der Stadt
     herrsche noch Anarchie. »Ein wahres Glück, Signore, kein Zollposten besetzt!« Und die einzigen Sbirren, die er zu Gesicht
     bekommen habe, verfaulten als Kadaver auf der Straße. Niemand habe sie begraben, eine Schande! »Und dennoch, Signore, ein
     wohlgefälliger Anblick für jeden, der Bekanntschaft mit ihnen gemacht hat …«
    Das Schwierigste war, in Montegiordano eingelassen zu werden. Erst nach meinem heftigen Wutausbruch holte die Wache schließlich
     den Majordomus, der mich trotz meines staubbedeckten Gesichts erkannte. Mein Herz machte Freudensprünge, als ich erfuhr, Vittoria
     halte sich in diesen Mauern auf; da es jedoch sehr spät war, beschloß ich, sie erst am nächsten Morgen zu besuchen.
    Meine Diener mußten noch die Pferde striegeln und tränken, während ich als der Herr das Privileg genoß, mich sofort in das
     mir vom Majordomus angewiesene Zimmer zurückziehen zu können. Ich setzte mich aufs Bett und zog einen Stiefel aus, den zweiten
     auszuziehen, schaffte ich nicht mehr: der Schlaf übermannte mich.
    Das erste, was ich am Morgen beim Erwachen sah, war mein Fuß, der immer noch in dem Stiefel steckte. Und das zweite – was
     mich sehr beunruhigte – war ein Mönch, der an meinem |310| Kopfende saß, die Kapuze über die Augen gezogen, neben sich eine fast niedergebrannte Kerze. Bin ich tot? fragte ich mich.
    »Verzeiht, daß ich in Euer Zimmer eingedrungen bin, Signore«, sagte der Mönch. »Der Majordomus hat es mir auf mein Drängen
     hin gestattet, weil ich unbedingt mit Euch sprechen muß.«
    Er schlug die Kapuze zurück, so daß ich sein Gesicht erkennen konnte. Meine Lider zuckten, ich wurde hellwach: es war
il mancino
.
    »Domenico«, lachte ich, »wozu dieser Habitus? Willst du die Taverne gegen das Kloster eintauschen?«
    »Zur Reue bin ich noch zu jung«, sagte
il mancino
. »Mit Eurer Erlaubnis, Signore, werde ich die Kutte ablegen. Ich ersticke fast darunter an diesem schönen Morgen.«
    Er schälte sich aus der Kutte und kam in Hemd und Hose zum

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