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Idol

Idol

Titel: Idol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sobald Ihr es wollt.«
     
     
    Seine Eminenz Kardinal di Medici:
     
    Als ich die betrübliche Nachricht erhielt, Fürst Orsini habe in der Burg von Bracciano (wo meine Schwester unter den bekannten
     Umständen zu Tode kam) Vittoria Peretti geheiratet, bat ich unverzüglich Gregor XIII. um eine Audienz für meinen Bruder Francesco,
     Großherzog von Toskana, und mich selbst. Ich bat mündlich darum, denn als Staatssekretär des Heiligen Vaters habe ich das
     Privileg, ihn täglich zu sehen. Das Schwierigste war nicht, besagte Audienz zu erwirken, sondern Francesco zu überreden, mich
     zu begleiten.
    Was Francesco in Florenz zurückhielt, waren ganz gewiß nicht die Staatsangelegenheiten – mit denen beschäftigte er sich nämlich
     sowenig wie möglich –, sondern seine chemischen Experimente und Bianca. Auf dem Thron des Großherzogtums saß leider nicht
     ein pflichtbewußter Fürst, sondern ein verliebter Chemiker.
    Ich weiß sehr wohl, daß Jahre später, als Francesco und Bianca |315| in ihrer Villa in Poggio nach einem Essen ganz plötzlich starben, meine schlimmsten Feinde mich zu einem neuen Kain abstempeln
     wollten und das abscheuliche Gerücht verbreiteten, ich hätte die beiden vergiftet. Diese Verleumdung, die ich spanisch – oder
     besser: jesuitisch (die beiden Adjektive stehen bekanntlich in einem gewissen Zusammenhang) – nennen möchte, stützte sich
     auf die Tatsache, daß ich, da Francesco keinen Sohn hinterlassen hatte, den Kardinalspurpur ablegen und Nachfolger meines
     Bruders als Großherzog werden mußte. Ich begnügte mich damit, auf diese infame Beschuldigung mit Schweigen und Verachtung
     zu reagieren.
    Ich erwähne sie hier nur deshalb, um sie schnell und gründlich zu widerlegen, gehe nun aber weit in der Zeit zurück, nämlich
     genau bis zu unserer Reise nach Rom; ich mußte mir sehr viel Mühe geben, um Francesco dazu zu überreden, wohl wissend, daß
     Bianca nachts den Entschluß wieder zunichte machte, den ich tagsüber in die schwache Seele meines älteren Bruders geträufelt
     hatte.
    Bianca haßte mich, und obwohl mein geistlicher Stand mir verbot, ihr gegenüber ähnliche, so wenig dem Evangelium gemäße Gefühle
     zu hegen, liebte auch ich sie mitnichten. Ich hatte gleich nach dem Tode unseres Vaters deutlich meinen Unwillen gezeigt,
     daß Francesco sie als regierende Mätresse an den Hof holte (und damit seine Gattin, die Großherzogin Johanna von Österreich,
     tödlich beleidigte), statt sich auf heimliche kleine Liebschaften mit Mädchen zu beschränken, die wegen ihrer niedrigen Geburt
     und ihres geringen Verstandes ungefährlich gewesen wären. Meine Besorgnis verdoppelte sich, als die Großherzogin starb und
     ich Francesco eiligst mehrere vorteilhafte Partien vorschlug, die ihm außer dem Prestige einer Fürstenlinie noch beträchtliche
     Apanagen und eine wertvolle Verbindung gebracht hätten, er aber unter tausend Vorwänden all meine Vorschläge ablehnte. Ohne
     mein Wissen heiratete er heimlich Bianca. Allerdings fürchtete er meinen Zorn so sehr, daß er seine Heirat erst Monate später
     öffentlich machte. Ich empfand unbeschreiblichen Unwillen und Schmerz, als ich sah, wie sich mein Bruder in dieser Fleischesfalle
     fangen ließ und seine Pflichten als Fürst in so unwürdiger Weise vernachlässigte.
    Bianca kämpfte so hartnäckig gegen unsere Reise nach Rom, weil sie ahnte, worum es ging, und nicht wollte, daß |316| Francesco Schritte gegen Vittoria Accoramboni und ihre Heirat mit dem Fürsten Orsini unternahm.
    Den Fürsten hatte sie nur ein einziges Mal, Vittoria noch nie gesehen, aber wie hätte sie nicht angerührt sein sollen durch
     die Ähnlichkeit von ihrer beider Aufstieg. Gewiß, Vittoria und Bianca waren nicht von gemeiner Herkunft, doch der Rang ihrer
     Familien – obzwar ehrenwert – reichte bei weitem nicht aus für eine Vermählung mit einem Herzog oder Großherzog, die anzustreben
     beide Frauen kühn genug waren. Sie waren belesen, hatten Geist und Kunstverstand, aber wer hätte glauben wollen, daß ihnen
     um dieser Talente willen die erlauchten Fürsten den Ehering an den Finger steckten? Wahr ist, daß beide sich ihrer Sinnlichkeit
     rühmen konnten, und die Fürsten erlagen, die Lehren des 1. Buches Mosis vergessend, dem Zauber der äußeren Erscheinung dieser
     Frauen.
    Leider teilen sie diese Schwäche mit ganz Italien, vielleicht sogar mit der ganzen Welt. Ich gestehe offen: mich packt der
     Zorn, wenn ich in Rom oder

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