Idol
befestigt war. Alles in allem klappte
das gar nicht so schlecht: ich beschimpfte seine Alte, er schlug mich erst und nahm mich dann. Eine Gewohnheit, die durchaus
ihre guten Seiten hatte. Aber auf die Dauer wurde er dessen überdrüssig. So sind die Männer! Man glaubt, sie mit einem kleinen
Trick an sich zu fesseln, und plötzlich kappen sie die Seile, segeln davon und lassen uns auf dem trocknen sitzen.
Das mit Alfredo hat nur wegen dem Bruch mit Marcello |448| angefangen. Der Taugenichts ist mir in Padua auf der Straße nachgelaufen und hat mich angesprochen – mich, eine Kammerzofe
aus vornehmem Hause! Hätte ich mich nicht so gedemütigt und verstoßen gefühlt, dann hätte ich ihn mit ein paar saftigen Maulschellen
abblitzen lassen. Zumal er mit seinem groben Gesicht und seinen kleinen Augen wirklich nicht sehr anziehend wirkt. Das Beste
an ihm ist seine Kraft. Man sieht es auf den ersten Blick – diese Schultern, dieser Nacken … ein richtiger Stier! Eben jener
Typ Mann, den wir am Ende schön finden, weil er uns zu unserem Vergnügen verhilft.
Beim ersten Mal habe ich ihn trotzdem zurückgestoßen, ebenso als er mich das zweite Mal ansprach. Aber da er wohl gespürt
hat, daß meine Ablehnung halbherzig war, ist er mir bis zur Kirche der
Eremitani
nachgegangen und hat sich hinter mir an einer Säule postiert. Weil ich in Padua war, hätte ich vielleicht zum heiligen Antonius
beten sollen, mich meine verlorene Liebe wiederfinden zu lassen; aber ich habe lieber zur Heiligen Jungfrau gebetet, die ist
selbst eine Frau und kann die Leiden eines Mädchens besser verstehen. Ich habe sie angefleht, Marcellos Herz aus Stein zu
erweichen und ihn mir zurückzugeben.
In meinem Rücken spürte ich die ganze Zeit Alfredos Gegenwart und die Hitze, die er ausströmte. Nach meinem Gebet habe ich
ihn angehört.
Er hat mir gesagt, wie er heißt und wer er ist. Obwohl er behauptete, bei einem hohen Herrn als Reitknecht zu dienen, sprach
er ein sehr schlechtes Italienisch, das mit venezianischem Dialekt gemischt war. Anfangs fand ich ihn lächerlich, aber während
er redete, packte er mein linkes Handgelenk und drückte es kräftig. Von diesem Moment an habe ich nicht mehr auf seine Fehler
geachtet. Und später – ich kann nicht sagen, wo – habe ich ihn machen lassen, was er (und auch ich) wollte. So also hat sich
die Sache mit Alfredo zugetragen. Ich bilde mir nichts darauf ein, und wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich mir
lieber die Beine abhacken.
Währenddessen ging das Leben im Palazzo Cavalli weiter; die Soldaten bewachten die Signora im Haus und wenn sie ausging. Dafür
sorgte der Majordomus Baldoni. Er war der rangälteste Offizier des Fürsten gewesen, alle respektierten ihn und gehorchten
ihm aufs Wort.
Nach der Abfuhr, die dem Grafen Lodovico wegen der |449| Pferde erteilt worden war, machten wir uns auf Drohungen und Gewalttaten gefaßt, aber es passierte nichts. Lodovico hatte
die Signora sogar mit einem gewissen Respekt gegrüßt, als er ihr in der Stadt begegnete. Selbst Marcello beruhigte sich allmählich.
Unterdessen war der Majordomus nach Rom gereist, um seinen Vater zu beerdigen, und nach seiner Abreise ließ die Disziplin
nicht nur bei unseren Leuten, sondern auch bei den Soldaten etwas nach. Zumal in Padua festliche Vorweihnachtsstimmung herrschte.
Die Erleichterung im Palazzo Cavalli war groß, als am Morgen des 24. Dezember der Bargello persönlich erschien, um uns mitzuteilen,
Graf Lodovico habe Padua in der Frühe mit seiner Bande von Vogelfreien verlassen, um in Venedig an den großen Festlichkeiten
teilzunehmen, für die Weihnachten den Vorwand liefert.
»Seid Ihr sicher, Signor Bargello?« fragte Marcello.
»Ja, Ihr könnt beruhigt sein, es ist kein fauler Trick. Ich habe sie verfolgen lassen: sie sind wirklich auf dem Weg nach
Venedig. Außerdem habe ich für die Nacht die Wache am Stadttor verdoppelt, damit ich sofort benachrichtigt werde, falls sie
zurückkommen. Wenigstens über die Feiertage könnt Ihr unbesorgt sein …«
Nachdem der Bargello gegangen war, verbreitete sich diese Nachricht unter unseren Soldaten, und der älteste von ihnen kam
und fragte die Signora, ob unter diesen Bedingungen er und die anderen am Abend den Ball des Podestà besuchen dürften, zu
dem sie vor einer Woche eingeladen worden waren. Ihre Freude war groß, als ihnen die Signora entgegen Marcellos Rat die Erlaubnis
gab; denn seit sie
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