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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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seiner Aufmerksamkeit zum Leuchten gebracht wurde. Er war ihr nie begegnet und hatte auch nie mit ihr gesprochen, aber er glaubte, sie mittlerweile auf eine Weise zu kennen, wie sie sonst niemand kannte oder je kennen würde. Ehemänner kannten ihre Frauen nicht auf diese Art, ebenso wenig wie Frauen ihre Männer. Spanner strebten vielleicht danach, die Objekte ihrer Obsession auf diese Weise kennenzulernen, aber es gelang ihnen nie.
    Bis er eines Nachts mit pochendem Schädel aufwachte. Es war nach Mitternacht und zu heiß; die Klimaanlage hatte wieder mal eine Macke. Florida. Das blaue Hemd, in dem er schlief, klebte ihm am Rücken und an den Schultern. Was sie jetzt wohl machte?
    Lag sie wach, schaute zu matten Streifen reflektierten Lichts an der Decke hinauf und hörte Upful Groupvine?
    Kathy hegte den Verdacht, er könnte durchdrehen. Er schaute auf seine Hände. Es hätten x-beliebige sein können. Er sah sie an, als hätte er sie noch nie gesehen.
    Er erinnerte sich an das 5-SB im Waisenhaus. Man schmeckte es schon, während es noch injiziert wurde. Verrottendes
Metall. Das Placebo hatte überhaupt keinen Geschmack.
    Er stand auf. Die Küchenecke bemerkte ihn und erwachte zum Leben. Die Kühlschranktür glitt beiseite. Ein einzelnes altes Salatblatt hing schlaff und schwärzlich durch die Plastikstangen eines weißen Bords. Eine halbvolle Flasche Evian auf einem anderen. Er hielt die hohle Hand über den Salat und konzentrierte sich mit allen Sinnen darauf, ob er von dessen Fäulnisprozess eine Strahlung spürte, eine subtile Lebenskraft, Orgone, Partikel einer der Wissenschaft unbekannten Energie.
    Alison Shires würde sich umbringen. Er wusste, dass er es gesehen hatte. Irgendwie, in den Daten, die sie bei ihrer manierlichen Reise durch die Welt der Dinge nebenbei erzeugt hatte.
    »He«, sagte der Kühlschrank, »du hast mich offen gelassen. «
    Laney sagte nichts.
    »Also, was ist, soll die Tür offen bleiben, Partner? Du weißt, das gibt Probleme mit dem automatischen Abtauen …«
    »Sei still.« Seine Hände fühlten sich besser an. Kühler.
    Er blieb dort stehen, bis seine Hände ganz kalt waren, dann zog er sie heraus und drückte die Fingerspitzen an die Schläfen. Der Kühlschrank nutzte die Gelegenheit und schloss sich ohne weiteren Kommentar.
    Zwanzig Minuten später saß er in der Metro Richtung Hollywood, ein Jackett über seinem vom Schlaf zerknitterten malaysischen Oxford-Hemd. Vereinzelte Gestalten auf Bahnsteigen, die im Luftzug des vorbeifahrenden Zuges perspektivisch zur Seite weggerissen wurden.
     
    »Und das war keine bewusste Entscheidung?« Blackwell knetete die Reste seines linken Ohrs.
    »Nein«, sagte Laney, »ich weiß nicht, warum ich das gemacht habe.«

    »Sie haben versucht, sie zu retten. Das Mädchen.«
    »Es war ein Gefühl, als ob irgendwas gerissen wäre. Ein Gummiband. Wie Schwerkraft.«
    »So fühlt sich’s an«, sagte Blackwell, »wenn man eine Entscheidung trifft.«
     
    Irgendwo unterhalb des Metroausgangs Sunset Boulevard kam er an einem Mann vorbei, der unter der Bestrahlung einer nahe gelegenen Straßenlaterne seinen Rasen sprengte, ein Rechteck, das ungefähr doppelt so groß war wie ein Billardtisch. Laney sah die Wasserperlen auf den absolut gleichmäßigen, leuchtend grünen Kunststoffhalmen. Der Plastikrasen war zur Straße hin mit verschweißtem Stahl eingezäunt — senkrechte Knastgitterstangen mit glänzenden, makellosen Nato-Drahtrollen oben drauf. Das Haus des Mannes war nicht viel größer als sein glitzernder Rasen; ein Überbleibsel aus einer Zeit, als dieser zu den Hügeln hin abfallende Hang noch mit Bungalows und Lauben bedeckt gewesen war. Es gab noch mehr davon, eingeklemmt zwischen den mit Balkonen ausgestatteten, bewusst abwechslungsreich gestalteten Fassaden von Wohnblöcken und Apartmentkomplexen, winzige Grundstücke mit entsprechenden Häusern, die noch aus der Zeit vor der Eingemeindung des Gebiets in die Stadt stammten. Ein Hauch von Orangen lag in der Luft, aber er konnte keine sehen.
    Der Mann mit dem Schlauch blickte auf, und Laney sah, dass er blind war; seine Augen waren unter den schwarzen Rauten direkt an den Sehnerv gekoppelter Videogeräte verborgen. Man wusste nie, wohin sie gerade blickten.
    Laney ging weiter, ließ sich von dem, was ihn zog, durch die schlafenden Straßen lenken; hin und wieder stieg ihm der Duft eines blühenden Baumes in die Nase. Weit weg, auf dem Santa Monica, kreischten Bremsen.

    Eine Viertelstunde

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