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Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties

Titel: Idoru-Trilogie - Gibson, W: Idoru-Trilogie - Virtual Light/Idoru/All Tomorrow´s Parties Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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geht?«
    »Nein«, antwortete Laney, »aber ich zahl Ihnen ein regelmäßiges Honorar. Geld gibt’s im Voraus, solange Sie dort sind.«
    »Ist das legal, was ich hier machen soll, Laney?«
    Eine Pause. »Weiß ich nicht«, sagte Laney. »Einiges davon hat wahrscheinlich überhaupt noch niemand gemacht, deshalb ist das schwer zu sagen.«
    »Also, ich glaube, ich muss schon ein bisschen mehr drüber wissen, bevor ich annehmen kann«, sagte Rydell und fragte sich, wie er jemals wieder nach Los Angeles kommen sollte, wenn nichts aus der Sache wurde. Und ob es überhaupt einen Sinn hatte, dorthin zurückzukehren.
    »Man könnte sagen, es geht um jemanden, der unauffindbar ist«, erklärte Laney nach einer weiteren Pause.
    »Name?«
    »Hat keinen. Vielmehr, hat wahrscheinlich ein paar Tausend. Hören Sie, Sie mögen doch Bullenkram, oder?«
    »Was soll das heißen?«
    »Nicht böse gemeint. Sie haben mir Cop-Geschichten erzählt, als wir uns kennengelernt haben, wissen Sie noch? Okay: Diese Person, die ich suche, ist sehr, sehr gut darin, keine Spuren zu hinterlassen. Nie taucht was auf, nicht mal bei der gründlichsten quantitativen Analyse.« Laney meinte diesen Netzsucherkram; das war sein Job. »Er ist bloß eine physische Präsenz.«
    »Woher wissen Sie, dass er eine physische Präsenz ist, wenn er keine Spuren hinterlässt?«
    »Weil Leute sterben«, sagte Laney.
    Und in diesem Moment nahmen links und rechts von ihm Leute Platz, ein durchdringender Wodkagestank stieg ihm in die Nase …
    »Ich melde mich wieder«, sagte Rydell, drückte aufs Tastenfeld und nahm die Brille ab.
    Creedmore, grinsend zu seiner Linken. »Tag auch«, sagte er. »Das da ist Marjane.«
    »Maryalice.« Auf dem Hocker rechts von Rydell eine großbusige alte Blondine, die von der Taille aufwärts größtenteils in irgendwas Schwarzes und Glänzendes geschnürt war; der nicht verschnürte Teil bildete ein Dekolletée, in dem Creedmore mühelos einen seiner Flachmänner hätte deponieren können. Rydell fing etwas in der Tiefe ihrer müden Augen auf, eine Mischung aus Angst, Resignation und so etwas wie blinder, automatischer Hoffnung: Für sie war es kein guter Morgen, kein gutes Jahr und wahrscheinlich auch kein gutes Leben, aber etwas in ihr wollte, dass er sie mochte. Was immer es war, es hinderte Rydell daran, mit seinem Beutel aufzustehen und hinauszugehen, obwohl er wusste, dass er genau das tun sollte.
    »Willst du nicht Hallo sagen?« Creedmores Atem war giftig.
    »He, Maryalice«, sagte Rydell. »Ich heiße Rydell. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Maryalice lächelte, und so hob sich für etwa eine Sekunde die im ganzen letzten Jahrzehnt angesammelte Müdigkeit von ihren Augen. »Buell sagt, Sie kommen aus Los Angeles, Mr Rydell.«
    »Ach ja?« Rydell sah Creedmore an.
    »Sind Sie da im Mediengeschäft, Mr Rydell?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte Rydell und fixierte Creedmore mit dem härtesten Blick, den er aufbieten konnte, »Einzelhandel.«
    »Ich bin im Musikbusiness«, sagte Maryalice. »Mein Ex und ich hatten einen der erfolgreichsten Country-Läden in Tokio. Aber ich hatte das Bedürfnis, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Ins Land Gottes, Mr Rydell.«
    »Du quatschst zu viel«, sagte Creedmore über Rydell hinweg, als die Kellnerin Rydells Frühstück brachte.
    »Buell«, sagte Rydell in einem Ton, der einigermaßen gut gelaunt klang, »Halt die Schnauze, verdammt nochmal.« Er fing an, die harten Ränder von seinen Eiern abzuschneiden.
    »Stopf sie mir doch mit Bier«, sagte Buell.
    »Oh, Buell«, sagte Maryalice. Sie hievte eine große Plastiktasche mit Reißverschluss vom Boden, eine Art Werbegeschenk, und kramte darin herum. Förderte eine große, beschlagene Dose zutage, die sie Creedmore unterm Tresen über Rydells Schoß hinweg durchreichte. Creedmore riss den Verschluss auf und hielt sie ans Ohr, als bewunderte er das Zischen der Kohlensäure.
    »Klingt wie ’n brutzelndes Frühstück«, sagte er und trank.
    Rydell saß da und zerkaute seine ledrigen Eier.
     
    »Sie gehen also zu dieser Site«, sagte Laney, »nennen denen meinen Namen, ›Colin Leerzeichen Laney‹, großes C, großes L, die ersten vier Ziffern dieser Telefonnummer, und ›Berry‹. Das ist Ihr Spitzname, stimmt’s?«

    »Eigentlich mein Name«, sagte Rydell. »Der Familienname meiner Mutter.« Er saß in einer geräumigen, aber nicht allzu sauberen Kabine in der Toilette der ehemaligen Bank. Dahin war er gegangen, um von Creedmore und Co.

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